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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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Anfahren einen Handkuss zu. Er schaute ihr nach, bis der alte Pick-up sich in den fließenden Verkehr eingefädelt hatte, den Hügel hinabfuhr und verschwand. Dann drehte er sich um und ging zurück ins Büro.
    Er hatte den Raum kaum betreten, da sah er schon an Donnas Gesicht, dass etwas passiert war.
    »Ich hatte gerade die Leute von der Zeitung am Telefon«, sagte sie. »Und diese Fernsehreporterin. Sie hat mir erzählt, dass ein paar Rancher in Hope Gift und Galle spucken. Angeblich haben sie durch die Wölfe eine ganze Menge Kälber verloren.«
    »Wie viele?«
    »Dreiundvierzig bis jetzt.«
    »Was? Hat sie die Namen der Rancher genannt?«
    »Ja. Einer von ihnen ist Buck Calder.«

20
    Die Versammlung sollte erst in einer halben Stunde beginnen, doch schon jetzt rollte ein steter Strom von Trucks in die Stadt. Es wurde dunkel, und die meisten hatten bereits die Scheinwerfer eingeschaltet. Einige hielten vor Nelly’s Diner, doch war The Last Resort eindeutig der beliebtere Treffpunkt, was nichts Gutes für die Versammlung verhieß. Gerade hielt ein schlammbespritzter Pick-up, und Helen sah zwei Männer mit Hut und Cowboystiefeln aussteigen und in die Kneipe gehen. Einer der beiden sagte etwas, und derandere lachte, während er zum Schutz gegen den Wind den Mantelkragen hochschlug. Es fing an zu regnen.
    Sie beobachtete das Geschehen aus dem Fenster von Ruth Michaels’ Andenkenladen und nippte an ihrem dritten großen Espresso, der sie noch nervöser machte, als sie ohnehin schon war. Sie sehnte sich nach einer Zigarette. Ruth hatte beruhigende Musik aufgelegt, doch die schien Helens Ahnung von einer drohenden Katastrophe nur noch zu verstärken.
    An der Glasscheibe der Tür klebte wie überall in der Stadt ein gelbes Poster.
     
    OPFER DER WÖLFE?
    ÖFFENTLICHE VERSAMMLUNG
    IN DER STADTHALLE VON HOPE
    DONNERSTAG, 19.00 UHR
     
    Es war zwei Tage her, dass Buck Calder und seine Nachbarn ihre Herden zusammengetrieben hatten, und die Stimmung war noch ziemlich gereizt. Helen verbrachte fast ihre ganze Zeit damit, die Wogen zu glätten. Sie war bei sämtlichen Ranchern gewesen, die behauptet hatten, Kälber verloren zu haben – und bei allen abgeblitzt.
    Dan hatte gehofft, dass diese persönlichen Besuche eine öffentliche Versammlung überflüssig machen würden, bei der stets die Gefahr bestand, dass einige wenige Krawallmacher das Heft an sich rissen, doch Buck Calder hatte ihnen keine Wahl gelassen. Zwei Abende zuvor hatte er die Versammlung im Fernsehen angekündigt und gesagt, dass die »Typen von der Bundesregierung, die diese Wölfe auf uns losgelassen haben«, ja vielleicht mal vorbeischauen und den Leuten, die schließlich ihre Gehälter bezahlten, erklären sollten, was sie so trieben.
    Die Leute vom Fernsehen waren bereits in der Stadthalle und bauten ihre Scheinwerfer auf. Dan hatte bei ihrem Anblick gestöhnt, da dieselbe Reporterin gekommen war, die diesen Buck Calder bereits damals angehimmelt hatte, als der Hund seiner Tochter getötet worden war. Doch abgesehen davon wirkten Dan – und Bill Rimmer – erstaunlich gelassen. Sie hockten an dem kleinen Tresen in der Ecke des Ladens und plauderten ganz unbekümmert mit Ruth.
    Als sie sich zu ihnen gesellte, grinste Rimmer sie an.
    »Kennen Sie den Witz von dem Pferd, Helen, das in eine Kneipe kommt, und der Barmann sagt …«
    »… was ziehst du für ein langes Gesicht? Ja, den kenn ich. Wollen Sie etwa behaupten, dass ich wie ein Pferd aussehe?«
    »Nein, nur so, als wollten Sie zu einer Beerdigung.«
    »Stimmt ja auch, zu meiner eigenen.«
    »Komm, Helen«, sagte Dan. »Wird schon wieder.«
    »Vielen Dank, Prior. Ich wär ruhiger, wenn du mir nicht erzählt hättest, was bei der letzten Wolfsversammlung passiert ist.«
    »Das muss vor meiner Zeit gewesen sein«, sagte Ruth. »Was ist da passiert?«
    »Ach, nur, dass bewaffnete Typen Eimer voller Blut über Autos gegossen haben«, sagte Helen. »Sonst nichts.«
    »Das ist schon Jahre her«, sagte Dan.
    »Tja, als noch keine Wölfe in der Gegend waren. Haben Sie mal eine Zigarette für mich, Ruth?« Sie sah Dans überraschtes Gesicht. »Ich rauche, na und?«
    »Bedienen Sie sich«, sagte Ruth.
    Die nächste Viertelstunde gingen sie noch einmal durch, was Helen sagen sollte. Sie hatte Dan überreden wollen, die Leitung der Versammlung selbst zu übernehmen, doch er hatte darauf bestanden, dass dies ihre Show war. Das Publikumwürde ihr gegenüber nicht ganz so ablehnend sein. Eine militante

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