Im Kreis des Wolfs
gegenüber.
»Der Wolf ist vom Aussterben bedroht, Sie Gorilla!«, schrie sie ihn an.
»Von wegen, meine Dame,
Sie
sind vom Aussterben bedroht!«
Calder hob die Hände und bat um Ruhe, konnte aber nur wenig ausrichten. Helen griff kopfschüttelnd nach einem Glas Wasser. Während sie trank, schaute sie Dan an, der schuldbewusst die Achseln zuckte. Bill Rimmer reckte den Kopf und starrte ans Saalende. Irgendwas ging dort vor. Der Kameramann drehte sich herum und stieg auf einen Stuhl, um einen besseren Überblick zu bekommen.
Helen sah, dass draußen ein Lieferwagen vorgefahren war, dessen Scheinwerfer direkt in den Saal leuchteten. Jemand war ausgestiegen und ging zum Eingang. Er schobsich im Vorraum durch die Menge, die sich langsam teilte, um ihn durchzulassen. Dann war er im Saal und drängte sich an den Zwischenrufern vorbei, die bei seinem Anblick verstummten.
Es war Abe Harding.
Er trug etwas über der Schulter, eine Art Bündel. Helen warf Dan einen Blick zu, und beide runzelten die Stirn.
»Verdammt, was schleppt der da mit sich rum?«
»Sieht fast wie ein Teppich aus.«
Harding hatte sich an den Zwischenrufern vorbeigedrängt und ging jetzt zwischen den Stühlen hindurch, von denen die meisten Leute aufgestanden waren, um ihn besser zu sehen. Er trug einen langen, gelben Regenmantel, der nass glänzte und beim Gehen ein wischendes Geräusch verursachte. Abe Harding trug keinen Hut, und sein struppiges Haar war völlig durchnässt.
Es herrschte absolute Stille. Sämtliche Augen waren auf ihn gerichtet. Er trug Sporen an den Stiefeln, die bei jedem Schritt auf dem Weg zum Podium klirrten, und er starrte Helen mit irrem Blick an. Helen hoffte nur, dass Dans Spezialagenten ihre Waffen bereithielten.
Erst als Harding das Podium erreichte und direkt vor ihr stehenblieb, fiel Helen das Blut auf, das ihm in Strömen über den Regenmantel lief; und endlich begriff sie, was das schwarze Fellbündel auf seiner Schulter war.
»Hier haben Sie Ihren gottverdammten Beweis«, sagte Harding.
Und er schwang den toten Wolf von der Schulter und schleuderte ihn auf den Tisch.
Als es Helen und Bill Rimmer endlich gelang, die Stadthalle zu verlassen, sah es auf der Hauptstraße aus wie im Krieg. Sie wurde von vier Polizeiwagen blockiert, während sich einfünfter mit heulender Sirene durch die Menge vorzuarbeiten versuchte. Das Blaulicht spiegelte und brach sich in den Schaufenstern und ließ die großen Regenpfützen wie Blutlachen aussehen. Der Regen prasselte herunter wie in den Tropen. In Sekundenschnelle war Helen nass bis auf die Haut.
Ein Polizist bat die Leute über Megaphon weiterzugehen. Die meisten taten ihm den Gefallen und suchten sich zwischen den Pfützen einen Weg zu ihren Autos. Auf der anderen Straßenseite entdeckte sie Dan. Er und zwei Spezialagenten stritten sich mit einem der Polizisten, die Abe Harding verhaftet hatten.
Dann sah sie, wie Harding, immer noch im gelben Regenmantel, die Hände in Handschellen auf dem Rücken, in einen der Polizeiwagen geschoben wurde. Seine Söhne schrien zwei andere Polizisten an, die sie daran hinderten, zu ihrem Vater vorzudringen. Ein paar Häuser weiter gab Buck Calder im überdachten Eingang von Iversons Lebensmittelladen der Frau vom Fernsehen ein Interview.
»Alles in Ordnung?«, fragte Bill Rimmer Helen besorgt.
»Ich denke schon.«
Sobald Harding den Wolf auf den Tisch geworfen hatte, war die Hölle losgebrochen. Einer der Typen von der O. W. Gruppe hatte eine Schlägerei mit einem der beiden Holzfäller begonnen, die allerdings beendet werden konnte, ehe jemand verletzt wurde. Im anschließenden Chaos war Helen gegen die Wand gedrückt worden, und ein großer Rancher hatte ihr aus Versehen auf den Fuß getreten. Abgesehen davon war sie nur ein wenig zittrig.
»Dan scheint ein Problem zu haben«, sagte Rimmer, zog die Schultern ein und rannte durch den Regen auf die andere Straßenseite. Helen folgte ihm.
»Das ist doch nicht nötig!«, sagte Dan zu dem Polizisten.
»Der Mann hat einen Polizisten angegriffen. Außerdem,was wollen Sie überhaupt? Sie waren doch derjenige, der um polizeiliche Unterstützung gebeten hat.«
»Stimmt, aber weshalb wollen Sie ihn mitnehmen? Behalten können Sie ihn doch nicht. Damit machen Sie ihn doch nur zum Märtyrer, und genau das will er.«
Doch es war schon zu spät. Der Wagen, in den man Abe verfrachtet hatte, fuhr bereits an und zerstreute mit seiner Sirene die Menschenmenge.
Im Scheinwerferlicht sah
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