Im Kreis des Wolfs
verbracht haben.
Kurz und gut, in zwei Wochen werden Marie-Christine und ich …
»Nein«, schluchzte Helen. »Nicht, Joel. Sag’s nicht.«
…
heiraten.
Helen zerknüllte den Brief und schleuderte ihn durch die Hütte.
»Du verdammter Scheißkerl.«
Sie strampelte den Schlafsack weg, stand auf und presste die Hände vors Gesicht. Buzz war ebenfalls aufgesprungen. Er begann zu bellen.
»Halt die Schnauze, du blöder Hund!«
Sie riss sich die Stirnlampe vom Kopf und warf sie nach ihm, so dass er sich winselnd verkroch, während sie im Dunkeln zur Tür stolperte und nach der Klinke suchte. Sie riss die Tür auf und rannte blind hinaus in den Regen.
Mit ihren bloßen Füßen rutschte sie im Schlamm aus. Sie fiel zu Boden, blieb eine Weile liegen, das Gesicht keuchend auf die nasse Erde gepresst, und verfluchte ihn und sich und den Tag, an dem sie geboren wurde.
Und dann setzte sie sich auf, hielt die verdreckten Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
Alles in allem, sagte sich Buck, keine schlechte Leistung für einen einzigen Abend.
Er erleichterte sich auf der Toilette vom Last Resort und stützte sich dabei, eine Zigarre zwischen den Zähnen, an der Wand ab, an die ein Witzbold »Abe Harding for President« gekritzelt hatte.
In der letzten Stunde hatte Buck am Tresen vor all den Leuten Hof gehalten, die nach dem Spektakel dort zusammengeströmt waren. Er hatte den Laden noch nie so voll gesehen und auch noch nicht erlebt, dass es hier so lebhaft zuging. Selbst die Elchköpfe an der Wand schienen heute ihren Spaß zu haben.
Die Versammlung war besser gelaufen, als er es sich erhofft hatte, so dass er beinahe mit Wehmut an seine Zeit als Kommunalpolitiker zurückdachte. Außerdem hatte ernicht damit gerechnet, dass diese Grünen-Hippies auftauchen würden. Aber da sie sich derart zum Narren gemacht hatten, freute es ihn außerordentlich, dass sie dagewesen waren.
Und dann der alte Abe, wie der diese Show mit dem Wolf abgezogen hatte. Das war ein Auftritt! Eine solche Publicity war für Geld nicht zu haben. Nie würde Buck den Ausdruck auf dem hübschen kleinen Gesicht dieser Helen Ross vergessen, als Abe den Wolf vor ihr auf den Tisch knallte. Mann, ein verdammt guter Abend.
Er zog den Reißverschluss zu und drängte sich durch die Menge zurück auf seinen Platz. Dann gab er der hinter der Theke stehenden Lori einen Fünfzigdollarschein, damit sie jedem noch einmal nachschenkte, sagte gute Nacht und versprach den beiden Hardings, mit ein paar Anrufen dafür zu sorgen, dass ihr Dad möglichst bald wieder zu Hause sein würde. Der arme alte Abe musste sich unten in Helena bestimmt eine Zelle mit lauter aidskranken Drogensüchtigen teilen.
Doch vorher musste Buck noch etwas anderes erledigen.
Er hatte Ruth bei der Versammlung gesehen, doch Eleanor und Kathy waren in ihrer Nähe gewesen, so dass er nicht mit ihr reden konnte. Eleanors verrückte Idee, in Ruths Geschäft einzusteigen, begann sein Liebesleben immer mehr zu beeinträchtigen. Es war jetzt fast zwei Wochen her, dass er sie das letzte Mal geküsst hatte. Immer schien sie irgendeinen Vorwand zu haben, weshalb sie ihn nicht sehen konnte, und meist hatte der angeblich etwas mit Eleanor zu tun, mit der sie gerade die Abrechnung oder weiß Gott was machen musste.
Aber heute Abend würde sie ihm nicht entwischen. Wenn das Volk Rabatz machte, dann brachte das sein Blut in Wallung.
Der Regen ließ nach. Er fuhr am Andenkenladen vorbei und stellte zufrieden fest, dass er geschlossen war. Also würde sie zu Hause sein. Vielleicht wartete sie schon auf ihn, nackt unter ihrem schwarzen Morgenmantel. Der Gedanke erregte ihn.
Er fuhr auf der nassen Schotterstraße aus der Stadt und sah gleich darauf die erleuchteten Fenster von Ruths Haus. Sobald sie ihm aufmachte, würde er sie gegen die Tür pressen und wie damals gleich im Flur nehmen. Die Vorhänge waren nicht zugezogen, also lenkte er den Wagen in die Auffahrt und parkte an der üblichen Stelle. Sie musste ihn gehört haben, denn als er aus dem Auto stieg, öffnete sie schon die Tür. Offenbar war sie genauso scharf wie er.
»Du musst wieder verschwinden, Buck.«
»Was?«
»Eleanor kommt vorbei. Jetzt gleich.«
»Was?«
»Schau mich nicht so entgeistert an. Sie kann jeden Augenblick hier sein.«
»Was zum Teufel will die denn hier um diese Zeit?«
»Wir haben morgen einen Termin mit dem Steuerberater und müssen vorher noch die Rechnungen durchgehen. Und jetzt
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