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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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hörte Luke, wie Kruger ihn lachend nachäffte: »W-W-Wahrscheinlich ist er längst w-w-weitergezogen«, aber die anderen sagten, er solle den Mund halten.
     
    Es war kühler geworden, und Helen wünschte sich, sie hätte ihren Pullover mitgebracht. Sie trug Shorts, Stiefel und ein T-Shirt mit aufgerollten Ärmeln. Über den Bisswunden, die Abe Hardings Hunde auf ihren Beinen hinterlassen hatten, klebte ein Pflaster. Erstaunlicherweise waren sie nicht tief.
    Die meisten Leute, die sie in den letzten Wochen kennengelernt hatte, befanden sich auf dem Markt, und sie hatte mit fast allen einen Schwatz gehalten, die Hardings ausgenommen. Alle waren sie begeistert von Buzz, der sich offenbar bestens amüsierte. Sie hielt ihn an der kurzen Leine, trotzdem gelang es ihm, sich so manchen Bissen aus den am Boden liegenden Essensresten herauszufischen.
    Sie wusste, dass es Zeit war aufzubrechen. Ein langer Abend lag vor ihr, und es fiel ihr schwer, sich loszureißen, während sich alle anderen noch vergnügten. Helen spürte, dass sie sich nach Gesellschaft sehnte.
    An einem anderen Tag und in einer anderen Stimmung hätte sie sich vielleicht ausgeschlossen gefühlt oder wäre neidisch gewesen, wie so häufig in letzter Zeit, wenn sie einjunges Liebespaar oder Frauen in ihrem Alter mit einem Baby sah. Doch heute hatte sie sich einfach in den Trubel gestürzt und war mit sich und der Welt zufrieden wie schon lange nicht mehr.
    Als sie an diesem sonnigen Septembernachmittag dem Treiben der Menschen von Hope zuschaute, war sie vom Gemeinschaftsgefühl dieser Leute gerührt und davon, mit welcher Kraft sie sich an diesen Ort und diese Art von Leben klammerten, die trotz aller Hektik der heutigen Zeit im Kern unverändert geblieben waren.
    Doug Millward, der Rancher, den Helen am liebsten mochte, war für sie der Inbegriff dieses Lebens. Als sie sich in der Menge trafen, hatte er darauf bestanden, ihr ein Eis zu kaufen. Er war ein großer Mann mit sanfter Stimme und freundlichen, blauen Augen. Sie wusste, dass er sich nicht viel aus Wölfen machte, schien ihre Arbeit aber zu respektieren, und so vertraute sie ihm an, dass sich jemand an ihren Fallen zu schaffen gemacht hatte. Als er hörte, was bei den Hardings vorgefallen war, seufzte er und schüttelte den Kopf.
    »Wahrscheinlich wird er Ihnen deswegen auch nicht sympathischer, aber wissen Sie, Abe hat eine schlimme Zeit hinter sich.«
    »Ich hab gehört, dass er in Vietnam war.«
    »Stimmt. Hat da so manches erlebt, heißt es. Ich selbst habe ihn nie darüber reden hören, aber ich weiß, dass er ziemliche Mühe hat, auf einen grünen Zweig zu kommen. Und seine Jungs sind ihm dabei auch keine große Hilfe. Die stecken immerzu in Schwierigkeiten, seit sie aus der Schule sind.«
    »Was für Schwierigkeiten?«
    »Ach, dies und das, Sie wissen schon. Nichts allzu Ernstes.«
    Sie sah ihm an, dass er keinen Klatsch verbreiten wollte. Schweigend schaute er einen Augenblick der Musikkapelle zu, als müsste er überlegen, wieviel er ihr erzählen durfte.
    »Sagen wir einfach, sie treiben sich da mit ein, zwei Typen herum, mit denen ich meine Kids nicht allzu gern sehen möchte.«
    »Und mit wem?«
    »Zwei von denen arbeiten für die Holzfirma und haben eine Menge für diesen Armeekram übrig. Sie wissen schon – sind gegen die Regierung, scharf auf Gewehre, so was eben. Vor einer Weile sind die beiden mit Wes und Ethan Harding beim Wildern erwischt worden. Haben in einem Cañon eine ganze Herde Elche zusammengetrieben und einfach niedergemäht.«
    Er schwieg und sagte dann: »Es wär mir lieb, wenn Sie niemandem sagen, von wem Sie das gehört haben.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Außerdem sind sie die Ausnahme, nicht die Regel. Es gibt eine Menge anständiger Leute in dieser Stadt.«
    »Ich weiß.«
    Plötzlich lachte er. »He, Helen, ich glaube, wir werden ein bisschen zu ernst.«
    Dann sagte er, er müsse los. Nachdem sie sich verabschiedet hatten, schlenderte Helen davon und dachte über das nach, was er ihr erzählt hatte.
    Die Menge lichtete sich allmählich, und einige Stände packten bereits ihre Sachen zusammen. Die Band allerdings kümmerte das nicht, und Rikki Rain sang weiter mit klagender Stimme über ihren Mann, der es irgendwo da draußen mit einer anderen trieb. Helen konnte es ihm nicht verdenken.
    Die Sonne hatte sich über den Bergen hinter den sich auftürmenden roten und purpurfarbenen Wolken versteckt,fand aber plötzlich eine Lücke und tauchte den Jahrmarkt

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