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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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wolltest du eben wissen?«, fragte sie endlich ganz aufgeräumt.
    »Wer eurem Kloster schaden will«, wiederholte ich gnädig.
    »Warum sollte jemand unserem Kloster schaden wollen?«
    Ich seufzte. »Das sollst du mir ja sagen. Wir wissen bisher, dass es jemand versucht hat. Wir wissen nicht wer und nicht warum.
     Um das herauszufinden, müssen wir Ermittlungen aufnehmen. Wenn du eine Idee hast, wer ein Motiv hätte, würde uns das für den
     Anfang schon weiterhelfen.« Ich kam mir wie ein Sonderschulpädagoge vor.
    Marlene schien angestrengt nachzudenken. »Mir fällt niemand ein.«
    »So geht das nicht«, erklärte ich ihr. »Denk nach, und zwar in irdischen Dimensionen. Wem könnte das Läuten eurer Kirchenglocke
     auf den Sack gehen? Welche Emanze fühlt sich von eurer unemanzipierten Demut verar… schaukelt? Solche Sachen.«
    »Unsere Glocke läutet nicht und warum sollte sich eine emanzipierte Frau von uns verschaukelt fühlen? Das ist doch lächerlich.«
     Mir war gar nicht zum Lachen zumute, eher näherte ich mich langsam, aber sicher dem Stadium einer ausgewachsenen Verzweiflung.
     »Aber ich glaube zu wissen, was du meinst«, fügte Marlene langsam hinzu. Ich atmete vorsichtshalber noch nicht auf, sondern
     wartete misstrauisch, was jetzt wohl kommen würde. »Ich habe gehört, dass es Menschen gibt, denen unsere Hilfsangebote für
     Bedürftige ein Dorn im Auge sind.« Ich wartete auf genauere Erklärungen, aber stattdessen murmelte sie ein paar Fürbitten
     für diese Menschen, deren Herzen verhärtet waren und die der liebe Gott doch |37| bitte mit seiner Liebe berühren solle, auf dass auch sie ihre Nächsten lieben könnten. Wenn es in der Geschwindigkeit weiterging,
     säßen wir Weihnachten noch hier, hätten bis dahin keinen einzigen Anhaltspunkt, aber ganz franselige Elektronen vom ewigen
     Beten. Ich wartete noch einen Moment, aber als es mir zu dumm wurde, traf ich eine Entscheidung.
    »Wenn dir dazu nichts einfällt, dann sehen wir uns doch einfach mal den Tatort an.«
     
    Die Visite kam, Martin durfte zum letzten Mal im Bett sitzend das Oberteil seines Frotteeschlafanzugs lüften, um die ordnungsgemäße
     Heilung der Stichwunde zu beweisen, dann bekam er einen freundlichen Händedruck und war frei. Er zog die Hose mit den Bügelfalten
     an, die ihm viel zu weit geworden war, streifte sich den warmen Pullover über, in dem er bestimmt gleich tierisch schwitzen
     würde, und packte seinen Kram in die Tasche. Er unterschrieb Entlassungspapiere, wurde freundlich von den Schwestern verabschiedet
     und fuhr dann mit dem Aufzug in die Eingangshalle. Marlene und ich blieben ihm eifrig auf den Fersen – endlich kam mal wieder
     Bewegung ins Spiel. Nach Wochen in diesem Siechenheim lechzte ich nach Abwechslung. Birgit erwartete ihn schon am Ausgang.
     Sie nahm ihm die Tasche ab, gab ihm einen Kuss auf die Wange und drückte ihm eine Mütze in die Hand. Die Außentemperatur lag
     nahe zwanzig Grad und Birgit trug ein sommerliches Kleid mit einem Leinenjackett, aber sie hatte das Verdeck ihres granatengeilen
     BMW Cabrios zurückgeschlagen und war offenbar sehr um Martins Horchbretter besorgt.
    »Wir müssen zum Kloster und uns dort in der Nachbarschaft ein bisschen umhören«, brachte ich mich bei Martin in Erinnerung.
    |38| Martin tat so, als hätte er mich nicht gehört. »Sag Birgit, dass sie gern mitkommen kann, wenn sie uns hinfährt.«
    »Soll ich dich direkt nach Hause bringen, oder möchtest du ein Eis essen gehen?«, funkte Birgit in unser mentales Gespräch.
    Wenn Weiber so fragen, ist klar, dass sie selbst das Eis wollen. Martin kapierte natürlich gar nichts, aber er hat mit lebenden
     Frauen ja auch praktisch keine Erfahrung. Ich sah also seine falsche Antwort schon auf mich zukommen, als Marlene sich unvermittelt
     einschaltete: »Hundert Meter vom Kloster entfernt gibt es ein Eiscafé.« »Alles klar, Martin, du willst Eis essen!«, rief ich
     und dirigierte ihn und Birgit kurzerhand in die Richtung, die Marlene mir vorgab. Wir mussten durch die halbe Stadt, und dieses
     Stille-Post-Spiel war ziemlich anstrengend, zumal Marlene keinen Führerschein besaß. Sie kannte die Stadt also nur als Fußgängerin
     oder Busfahrerin und wollte uns ständig falsch herum in Einbahnstraßen oder über Gehwege leiten. Oft genug sagte sie »hier
     links«, ich übersetzte »hier rechts« und sie maulte los, bis sie riffelte, dass links die Treppengasse oder der Radweg für
     Birgits BMW ein Problem

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