Im Kühlfach nebenan
Verwunderung darüber, dass sie früher nie darüber nachgedacht hatte, wie die direkte Umgebung wirklich
über das Kloster dachte.
»Da der Kakao-Bubi uns nicht helfen möchte, müssen wir heute wohl sehen, wie wir alleine klarkommen. Ich |44| glaube, wir sollten mal einen Rundgang durch euer Kloster machen«, schlug ich vor.
Marlene sammelte sich, überlegte einen Moment und nickte. »Aber nur unter der Bedingung, dass du bei mir bleibst und dich
nicht allein im Kloster herumtreibst«, forderte sie ernst.
Meine Güte, warum müssen Frauen im Allgemeinen und Nonnen im Besonderen so schwierig sein? Hatte sie Angst, dass ich ihren
Betschwestern auf dem Klo unter den Rock guckte? Nichts interessierte mich weniger. Obwohl … wer weiß … vielleicht gab es ja auch bei den Pinguinen Stringtanga-Trägerinnen? Nun, das herauszufinden dürfte immer noch möglich sein.
Für einen ersten Rundgang unter Marlenes Obhut konnte ich mich sicher beherrschen. Ich stimmte also zu.
Natürlich zischte Marlene als Erstes in die Kirche und betete vor dem hölzernen Abbild ihrer Klosterheiligen. Diesmal kein
»Gegrüßet seist du Maria«, obwohl diese Dame hier ja auch Maria hieß. Aber ihr voller Name lautete Maria von Magdala. Eine
Adlige offensichtlich. Sollte mir recht sein.
Marlene beendete ihr Gebet relativ rapido und machte eine Kirchenführung im Schnelldurchlauf. Altarraum mit dahinterliegendem
Chor (wobei mir dabei erst mal klar wurde, dass es sich bei dem Chor nicht um eine Trällertruppe, sondern um einen Gebäudeteil
handelte), zwei kleine Seitenkapellen, ein Beichtstuhl, eine Orgelempore. Eine alte Nonne wuselte gebeugt und mit quietschenden
Kreppsohlen herum, ersetzte abgebrannte Kerzenstummel und stellte zwei Blumensträuße in bauchige Vasen.
»Magdalena«, rief Marlene. »Kannst du mich hören?« Die Alte wandte sich um, beugte den Kopf und schlug ein Kreuzzeichen. »Sie
kann dich hören!«, rief ich aus.
|45| Die Alte legte die Hände kurz vor der Brust zusammen und ging dann ungerührt weiter. »Nein, sie hat sich nur vor dem Herrn
verneigt«, erwiderte Marlene. Ich konnte ihre Enttäuschung spüren. Die Alte wuselte weiter und verbeugte und bekreuzigte sich
jedes Mal, wenn sie am Altar vorbeiging. Mir wurde langsam unheimlich bei so viel Heiligkeit, daher drängte ich Marlene, mir
den Rest des Klosters zu zeigen.
Wir schwirrten durch einen endlos langen Flur im Erdgeschoss, von dem nur rechts diverse Türen abgingen. Auf der einen Seite
blickte man durch kleine Fenster in den Innenhof.
»Hier sind verschiedene Räume, die früher als Werkstätten genutzt wurden«, erklärte Marlene. »Eine Kerzenzieherei, eine Stickerei,
eine Näherei und so weiter. Heute sind das Abstell- und Hauswirtschaftsräume, Wäschekammern, die Heißmangel …«
»Genau hier drüber sind die Zimmer der Schwestern«, sagte Marlene, schwirrte aber ungebremst weiter in ein Treppenhaus, »und
auf der anderen Seite der Kirche ist das Ganze noch mal spiegelbildlich vorhanden.«
»Wie viele Zimmer habt ihr?«, fragte ich. Marlene zögerte. »Achtundvierzig.« »Und wie viele davon sind belegt?« »Wir sind
fünfzehn Ordensfrauen.« Ich fragte nicht nach, ob diese Zahl Marlene und die Mumie miteinschloss.
»Und die anderen Zimmer stehen einfach leer?« »Äh …«
Die Frage hatte sie anscheinend irritiert. »Nein.« Marlene fasste sich schnell wieder. »Im Nordflügel«, sie zeigte auf die
gegenüberliegende Seite, »ist das Noviziat. Die brauchen mehr Platz. Dort darfst du niemals hin, Pascha. Versprich mir das.«
|46| »Was ist das Noviziat?«, fragte ich. Bevor ich einen Eid bis an den Rand des Universums leistete, wollte ich wissen, worauf
ich verzichtete. »Im Noviziat wohnen die Frauen, die erst neu im Orden sind und noch nicht das ewige Gelübde abgelegt haben.«
»Junge Frauen?«, fragte ich nach. »Nicht unbedingt. Versprich mir, dass du niemals ohne mich dort hingehst.« Meine Herrn,
das klang richtig ernst. Was sollte das denn? Würde ich etwas Interessantes verpassen? Aber Marlene hatte von weiteren Nonnenzimmern
gesprochen, nicht von Fitnesscenter oder Sauna. Also versprach ich es ihr.
Wir verließen das Treppenhaus zum Innenhof. Hier erwartete mich eine Überraschung. Ein überdachter Gang lief, an der Gartenseite
mit Säulen versehen, an allen vier Gebäudeseiten entlang um den gesamten Hof. Die Säulen sahen ziemlich bröselig aus und waren
jeweils von einem
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