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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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auch weniger starben, und von den hier Sterbenden
     manche auch bei ihrer Familie beigesetzt wurden, war der Platz auch heute noch ausreichend. Zumal die Gräber klein und bescheiden
     waren. Sie lagen auf der den Kleingärten abgewandten Längsseite.
    Eine kleine Grube war ausgehoben. Dort wurde Marlenes Sarg nun abgestellt. Wieder trat der Rockträger vor, operte noch mal
     heilig daher, dann wurde der Sarg endlich hinabgelassen. Die Nonnen, die eine undurchdringliche Mauer aus schwarzen Kleidern
     und Hauben bildeten, sangen mit zittrigen Stimmen ein schräges Lied. Dann verbeugten sie sich und gingen nach links ab. Gemeinsam.
     Im fast völligen Gleichschritt, wenn man von einigen Stolperern absah. Das waren vermutlich wieder die Novizinnen.
    »Sind eure Beerdigungen immer so – trocken?«, fragte ich irritiert.
    »Der irdische Leib ist begraben, mehr passiert damit nicht«, sagte Marlene. »Heute Abend wird es noch eine kleine Trauerfeier
     geben. Ohne die Öffentlichkeit.«
    |165| »Ein deftiger Leichenschmaus?«, fragte ich. »Mit Musik und so?«
    »Nein. Mit einer Bibellesung und einem Gespräch, wo jede sagt, was sie jetzt vermisst und was sie mir wünscht.« Eine für klösterliche
     Verhältnisse vermutlich geradezu ausgelassene Fete. Konnte ich mir richtig vorstellen. Doch bevor ich das Thema gedanklich
     vertiefen konnte, sandte mir Marlene eine deutliche Rüge und schickte mich zu Martin.
    »Na, wie hat es dir gefallen?«, fragte ich ihn. »Blöde Frage«, knurrte er. »Jetzt sind die Schwestern alle weg. Was soll ich
     denn jetzt noch hier?« »Sprich einfach mit den Leuten. Zum Beispiel mit den Nachbarn oder den Kleingärtnern, was weiß ich.«
     Brav drehte Martin sich um, machte einen Schritt zur Seite und stolperte über einen Grabstein, der so aussah, als stünde er
     schon seit einigen Jahrhunderten dort. Siegfried Baumeister fing Martin auf, bevor er in Marlenes Grab fiel.
    »Danke«, schnaufte Martin, als er sich wieder gefangen hatte und auf eigenen Füßen stehen konnte. »Sie sind Herr Baumeister,
     richtig?« Baumeister war eindeutig geschmeichelt. »Hatten wir schon das Vergnügen?«, fragte er, während er Martins Hand schüttelte.
    »Nein. Ich wollte Ihnen sagen, wie toll ich Ihren Einsatz für das Kloster finde«, sagte Martin. »Diese Art von Unterstützung
     gibt es heute nicht mehr so häufig.« »Danke, das ist sehr freundlich, Herr   …« »Gänsewein.«
    Baumeister zuckte nicht mit der Wimper. Gute Kinderstube.
    »Ja, ich liebe mittelalterliche Architektur. Und besonders natürlich solche, die nicht nur einfach in der Gegend |166| herumsteht, sondern auch noch angemessen genutzt wird.«
    »Obwohl es für den Orden sicher schwierig ist, einen solchen Komplex zu unterhalten«, sagte Martin. Baumeister machte eine
     betrübte Miene. »Sehr schwierig. Zum Glück verfügt der Orden über die finanziellen Mittel. Aber das ist ja nicht das einzige
     Problem.« Jetzt wurde seine Miene regelrecht düster. »Die arme Schwester Marlene ist bei einem Brand zu Tode gekommen, der
     absichtlich gelegt wurde. Ich habe den Eindruck, dass die Schwestern hier in Gefahr sind.«
    »Frag ihn, ob er mehr darüber weiß, woher die Gefahr kommt«, rief ich. Martin winkte innerlich ab. So schlau war er selbst.
     Und er hakte vorsichtig bei Baumeister nach. »Ich habe Gerüchte gehört, dass es gestern Abend schon wieder zu einem Übergriff
     kam, als Germania Voran eine Wahlkampfveranstaltung bei den Kleingärtnern hatte«, flüsterte Baumeister mit einem Seitenblick
     zu den Gartenzwergen. »Natürlich will ich niemandem etwas unterstellen. Aber ich finde die Hetzerei gegen die Schwachen in
     unserer Gesellschaft sehr beunruhigend.«
    »Herr Baumeister«, ertönte da unmittelbar neben Martins Ohr eine schrille Stimme und ließ ihn zusammenzucken. »Ich hatte gehofft,
     Sie hier zu treffen, denn ich muss Ihnen ein Kompliment machen.«
    Martin wurde von einem Puddingdampfer in schwarzem Kostüm, schwarzem Hut und Bequemlatschen, die mit einem kleinen Absatz
     offenbar den Eindruck von eleganten Schuhen erwecken sollten, rücksichtslos abgedrängelt.
    »Wer ist das denn?«, fragte mich Martin gedanklich. »Nachbarschaftsinitiative«, sagte ich. Sie war mir an dem Abend bei Susanne
     Gröbendahl allerdings nicht durch Wortbeiträge, sondern nur aufgrund ihrer Gefräßigkeit |167| aufgefallen. Mindestens dreißig von diesen aufgeblasenen Salzstangen waren allein zwischen ihren wulstigen Lippen

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