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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Streifenwagen der Kreuzung,
     an der der Truck der Kidnapper stand. Es war die Zufahrt zu einem Gewerbegebiet, in dem es mehrere Speditionen gab. Eine von
     diesen Hallen war wohl ihr Unterschlupf. Wir mussten sie stoppen, bevor sie die Halle erreichten. Leider sprang die |208| Ampel, an der die Kidnapper standen, gerade auf Grün. Der Wagen fuhr los und setzte den Blinker. Die nächste Einfahrt lag
     nur noch zwanzig Meter vor ihnen, als der erste Streifenwagen um die Ecke bog. Der Beifahrer der Kidnapper sah ihn und schrie:
     »Gib Gas, die Bullen!«
    Der Fahrer stemmte mit voller Kraft den Fuß auf das Gaspedal. Der Van schoss vorwärts. Ich musste etwas tun. Es gab nur eine
     Möglichkeit: die elektronische Wegfahrsperre. Gewisse Hersteller, deren Namen nichts zur Sache tun, hatten anfangs ein Riesenproblem
     mit der elektronischen Wegfahrsperre, die leider oft genug auslöste, obwohl der richtige Schlüssel mit dem richtigen Fahrer
     im richtigen Schloss steckte. Aber wenn der Batterie im Schlüssel der Saft wegbleibt, gibt es keine Verständigung mehr zwischen
     dem Schlüsselsignal und der Wegfahrsperre, und der Motor springt nicht an. Ist mir selbst mehr als einmal passiert. Kinderkrankheiten
     einer versicherungsfreundlichen Erfindung, die heute größtenteils behoben sind.
    Trotzdem war der Weg der Kommunikationssperre zwischen Schlüssel und Diebstahlsicherung der einzige, der mir einfiel, um die
     Karre zu stoppen. Keine Ahnung, ob das funktionierte. Keine Ahnung, ob ich das überleben konnte, denn dort, wo ich stören
     musste, floss verdammt viel Strom. Das war nicht eine einfache Schnittstelle von A nach B, das war gewissermaßen das Herzstück
     der gesamten Bordelektronik. Egal. Mit dem Schlachtruf »für Birgit« stürzte ich mich ins Zündschloss.
    Um mich herum zischte, knisterte und blitzte es, dann wurde es still. Ich fühlte mich wie damals, als ich am Flughafen in
     eine Radarkeule geraten war. Völlig durch den Wind. Als hätte ich mit zwei Fingern in der Steckdose gepennt und beim Aufwachen
     auf eine offenliegende Leitung gepisst. Mir war schwindelig. Ich konnte das, was |209| um mich herum vorging, nur total verzerrt wahrnehmen. Wie unter Wasser ohne Schwimmbrille und mit diesem komischen Gurgeln
     im Ohr.
    Die Streifenwagen rasten heran und umstellten den Van, der mitten auf der Fahrbahn stehen geblieben war. Mehrere Bullen rissen
     die Türen auf, zerrten Fahrer und Beifahrer von den Sitzen, zwangen sie in die Knie und legten ihnen Handschellen an, bevor
     die Typen »Ich sage nichts ohne meinen Anwalt« aussprechen konnten. Weitere Bullen hatten die hinteren Türen aufgerissen und
     halfen den Tussen aus dem Truck. Die sahen ganz schön mitgenommen aus. Einige hatten wohl ein Problem mit Reiseübelkeit, kein
     Wunder, wenn man verrenkt mit auf dem Rücken gefesselten Händen auf einer Ladefläche liegend durch die halbe Stadt gekarrt
     wird. Bei einigen war das Klebeband vom Mund weg, sie hatten sich und die anderen vollgekotzt. Schminke war verlaufen, Lippenstift
     bis über die Ränder der Klebebänder verschmiert, Nasen verrotzt. Aber alle waren am Leben.
    Gregor kam aus einem der Streifenwagen gesprungen und drängelte sich zu den hinteren Türen. »Birgit«, rief er panisch. Birgit
     drehte sich in die Richtung, aus der der Schrei kam, stolperte Gregor entgegen, warf sich in seine Arme und löste sich in
     Tränen auf. Mit dem Klebeband auf den Lippen und dem Rotz, der in ihrer Nase brodelte, drohte sie zu ersticken. Gregor zog
     ihr das Klebeband ab, durchschnitt den Kabelbinder mit einem Taschenmesser, reichte ihr ein Taschentuch und strich ihr über
     das blonde Haar, in dem die Frühstücksreste einer Leidensgenossin gerade antrockneten. Rührend.
     
    Martin wurde leichenblass, als Gregor mit einer inzwischen recht gefassten Birgit bei ihm auftauchte und eine |210| leicht geschönte Version der Vorgänge zum Besten gab. Allerdings eine Version inklusive der geheimnisvollen Stimme, die die
     Bullen alarmiert hatte.
    Obwohl einige Journalisten, durch die Radiosendung aufgeschreckt, kurz nach den Bullen bei der Befreiungsaktion auftauchten,
     hatten sich alle bereit erklärt, das Geheimnis des Nuttenasyls zu wahren. Die Berichterstattung hatte sich stattdessen auf
     die interessante Frage konzentriert, wer der geheimnisvolle Typ war, der sich in die Live-Sendung gehackt und die Bullen geleitet
     hatte. Der WDR sendete immer wieder Ausschnitte meiner Beiträge mit der Bitte um

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