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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Verbindungsmann hatte.
    Als eine der Trossen an dem Antennenmast des Stabes gerissen war und die Deutschen den Schaden nicht beheben konnten, kletterte Messer mit Johanns Erlaubnis auf den fast dreißig Meter hohen Mast und befestigte die Trosse wieder. Das ermöglichte Weiß, ihm die Stellung als Monteur zu verschaffen. Zu Dietrich hatte er beim Verhör darüber, warum er sich entschlossen habe, für die Deutschen zu arbeiten, erklärt:
    „Ich bin Zirkusartist." Und er ließ ihn die mächtigen Wülste seiner Armmuskeln fühlen. „Ich war Kraftmensch, Weltklassemann. Bei uns gibt man auf Muskeln nichts, man kriegt eine Auszeichnung, und damit Schluß. Aber bei Ihnen, heißt es, gibt es für jeden Auftritt mehr."
    „Ein absoluter Idiot!" stellte Dietrich lachend fest.
    Bei der Ausbildung kamen sechs Lehrgangsteilnehmer durch die plötzliche Explosion einer Sprengladung um. Messer sagte zu Weiß:
    „Was kann ich denn dafür? Ich war nicht dabei. Sie haben nicht die Sicherheitsvorkehrungen beachtet, damit basta. Und dann, wer wird ihnen schon nachtrauern. Lumpenpack war das. Ich habe versucht, sie zu agitieren — nicht einen. Na, Gott hat sie eben bestraft."
    „Das heißt, Gott hat es fertiggebracht, den Zünder so anzubringen, daß er vor der Zeit losging?"
    „Ja, das ist ein Gott: Der versteht sein Handwerk!"
    Nagel hatte trotz allem eingewilligt, sich „kurieren" zu lassen. Weiß war es zwar gelungen, Landsdorf zu überzeugen, daß dieser das gefährliche Experiment verbot, doch Weiß kam zu spät. Als er mit dem Befehl Landsdorfs ins Krankenhaus kam, traf er an Nagels Bett Dietrich. Der Hauptmann war äußerst zufrieden über den Mut, mit dem Nagel die Operation hatte über sich ergehen lassen.
    Als Johann mit Nagel allein zurückblieb, fragte er ihn bestürzt: „Warum hast du dich zum Krüppel machen lassen, Tichon?"
    „Es ist ja nicht der ganze Schenkel, nur ein bißchen unterhalb des Knies." Nachdenklich fügte er hinzu: „Bei den Deutschen ist was los. Die Gestapo hat zwei Ärzte verhaftet, weil sie sich geweigert haben, mich zu operieren, kaum, daß sie einen dritten gefunden haben."
    „Wie ist das Bein?"
    „Was für ein Bein? Der Mensch ist kein Tier. Für ein Tier ist es schlimm ohne Beine. Beim Menschen ist das Gewissen die Hauptsache. Verstehst du, man hat mir ein Stück Bein abgeschnitten, aber ich fühle es immer noch, sogar die fünf Zehen, die ich nicht mehr habe. Aber es gibt Leute, die vergessen haben, daß sie ein Vaterland haben. Und das Vaterland ist immer da, egal, wo du auch bist; und es schmerzt, auch wenn es nicht da ist." „Das ist ein richtiger Iwan", sagte Dietrich, als er mit Weiß das Krankenhaus verließ. „Einfältig, zutraulich. Er hat zu mir sogar offen gesagt, auf seine naive russische Art, daß man mit einem Bein billiger lebt: Man braucht nur halb soviel für Schuhwerk auszugeben. Ich war so gerührt, daß ich ihm eine Flasche Rum geschenkt habe."
    Weiß beauftragte Messer, mit Babaschkin, dem alten Graveur, Verbindung aufzunehmen. Nach einer Woche meldete Messer, daß der Alte sich anfangs als harte Nuß erwiesen habe. Auf die Vorwürfe habe er geantwortet:
    „Was mit mir ist? Ich mache nur falsche Papiere für falsche Leute. Ich habe mein ganzes Leben lang ausländische Uhren für die Leute repariert. Inzwischen haben wir sowjetische Uhren und sowjetische Flugzeuge. Aber wo sind sie jetzt, unsere Flugzeuge und Kanonen, jetzt, wo die Deutschen mit ihren Flugzeugen und Kanonen fast unser ganzes Land an sich gerafft haben?
    Das habe ich der Sowjetmacht übelgenommen. Und jetzt bin ich ein professioneller Spitzbube geworden und mache Fälschungen für Banditen. Ich arbeite für die Deutschen gegen Honorar: für die Fristung meines Lebens, das mein persönliches Eigentum ist. Kommen Sie mir nicht mit Ihrem Gewissen!"
    Doch allmählich war der Alte zugänglich geworden.
    Es kostete die Tscheka große Mühe, die Tochter Babaschkins ausfindig zu machen, die ihrem Vater einen Brief voller Zorn und Verachtung schrieb.
    Nachdem der Alte den Brief gelesen hatte und ihn auf Bitten eines Verbindungsmannes von Messer verbrannt hatte, blies er die Asche fort und fragte einfach:
    „Worum geht es, Genosse? Womit kann ich nützlich sein?"
    Und seitdem wurden alle Dokumente, die aus den geschickten Händen des Graveurs kamen, zu einem unwiderlegbaren Beweis gegen die, die sie benutzten.
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    Elsa war in letzter Zeit abgemagert und hohlwangig geworden. Sie trat jetzt zweimal täglich

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