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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Verwirrung geraten war, willigte gern ein:
    Draußen sagte er zu Weiß verzweifelt:
    „Sie können sich nicht vorstellen, was für eine Hölle das Lager ist!"
    „Wieso kann ich mir das nicht vorstellen? Sie vergessen offenbar, zu welcher Dienststelle ich gehöre."
    „Aber Sie sind doch kein Gestapomann?"
    „Der Überzeugung nach, nein."
    „Sie haben recht, es gibt unter uns auch Gestapomänner dem Denken nach."
    „Meinen Sie die?" Weiß nickte in Richtung des Hauses.
    Budhoft fragte:
    „Finden Sie, daß ich unrecht hatte, als ich Auschwitz ein Zentrum des Menschenhandels nannte?"
    „Ich glaube, Sie irren sich."
    „Aber wieso?"
    „Es gibt auch woanders Lager von nicht geringeren Ausmaßen. Ich denke, daß Ihre Charakterisierung der Stadt nicht ganz zutreffend ist."
    „Das Hotel, in dem ich wohne, ist überfüllt von Vertretern verschiedener Firmen, die hierhergekommen sind, um Arbeitskräfte anzuwerben. Und da ich hier schon fast beheimatet bin, kommen sie zu mir. Die Lagerleitung verkauft ihnen Leute, die in einem solchen Zustand sind, daß die Hälfte davon schon unterwegs stirbt. Dabei geht es weniger um den Verlust als um einige Unannehmlichkeiten bei der Rechnungsführung, deren Unterlagen ja in den Archiven der Firmen verbleiben.”
    „Und was für welche?"
    „Begreifen Sie denn nicht!" ereiferte sich Budhoft. „Schließlich werden in den Buchhaltungen von Stinnes, Flick, Borsig hunderttausend Tote eingetragen sein, für die Geld ausgegeben wurde."
    „Und was haben Sie damit zu tun?"
    „Na, hören Sie! Zweigstellen von IG-Farben existieren hier schon lange. Die Kollegen von der Abteilung Arbeitskräftelenkung haben zu einer besonderen Methode der Buchhaltung gegriffen, um solche Art von Verlusten zu verschleiern."
    Das heißt, 'die Vertreter anderer Firmen kümmern sich um die ethische Seite der Sache?" fragte Weiß.
    „Ja, und offenbar deshalb, weil das Ganze verbrecherisch und schändlich ist."
    „Wieso, die Sache ist doch von der Reichsregierung bestätigt worden, also gesetzlich. Und wie ich gehört habe, hat man sogar Festpreise eingerichtet, damit mit dem Menschenhandel keine Spekulation getrieben wird."
    „Meinen Sie das ernst?"
    „Wie kann man die Sache anders als ernst betrachten", sagte Weiß seinerseits. „Ich stelle lediglich fest, daß wir Deutschen den Menschenhandel legalisiert haben."
    „Aber die Menschheit haßt uns deshalb", rief Budhoft verzweifelt. „Und Sie meinen, daß alle Deutschen den Haß verdienen?"
    „In den Augen anderer Völker, ja."
    „Aber Ihr Bekenntnis beweist, daß es auch andere Deutsche gibt." „Ich habe noch nicht alles gesagt." — Auf den Wangen Budhofts zeigten sich rote Flecken. „Unter den deutschen Arbeitern, die auf dem Bau die Häftlinge anleiten, gibt es welche, die, obwohl sie selbst in die Lage von Häftlingen geraten können, diesen jede Hilfe zukommen lassen. Und doch sind diese Arbeiter von der Gestapo als die zuverlässigsten ausgesucht worden. Neulich hat man einen von ihnen hingerichtet, weil er einer Gruppe Häftlinge zur Flucht verhalf. Und er hat ihnen nicht allein geholfen. Aber als die Flüchtlinge gefaßt wurden, haben sie niemand verraten. Das macht auf alle unsere Arbeiter einen sehr starken Eindruck."
    „Inwiefern?"
    „Aber begreifen Sie doch! Die Russen sind unsere Feinde. Sie hätten die Namen von einem Dutzend Deutscher nennen können, sich an ihnen rächen können, denn sicher hätte man alle Genannten erschossen. Statt dessen haben sie nicht einen genannt. Bei der Flucht haben sie die Wachen getötet, unsere beiden Arbeiter aber nur gefesselt."
    „Ich glaube, bei den Sowjets nennt man das ‚proletarische Solidarität'."
    „Ich weiß nicht, wie man das bei ihnen nennt, aber im Endeffekt besteht die Vermutung, daß unter unseren Arbeitern so etwas wie eine geheime Hilfsorganisation für die Russen entstanden ist."
    „Sagen Sie mir das als Mitarbeiter der Abwehr?"
    „Nein, keineswegs. Mir schien einfach nur ..., daß Sie ..." Budhoft wurde verlegen.
    „Was schien Ihnen?"
    „Nun, ganz einfach, daß Ihnen die Gäste der Frau Baronin nicht ganz sympathisch sind."
    „Sie irren sich."
    „Nein", erklärte Budhoft entschieden. „Ich irre mich so wenig, daß ich Ihnen offen erkläre: Ich sympathisiere mit meinen Arbeitern mehr als mit diesen Herrschaften."
    „Sie sollten nicht soviel trinken", ermahnte ihn Weiß. „Und noch weniger sollten Sie in diesem Zustand sprechen."
    „Hören Sie", erklärte Budhoft

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