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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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folgerte Weiß, daß Himmler über die Tätigkeit der opponierenden Gruppen Bescheid wußte, doch aus bestimmten Gründen nichts dagegen unternahm.
    Was Weiß nicht wußte, war, daß sich unter den Sendungen, die er dem Verbindungsmann übergeben hatte, das Protokoll eines Gesprächs eines deutschen Agenten mit Dulles befand. Es ging um den eventuellen Chef der künftigen deutschen Regierung. Dulles hatte den Namen Himmlers genannt. Er hatte die Absicht geäußert, daß Himmler es besser als jeder andere verstehen würde, jede auf die Kapitulation folgende demokratische Bewegung zu unterdrücken.
57
    Völlig unvermittelt erhielt Johann den Befehl, nach Bern zu fahren. Gustav zeigte ihm ein Foto und sagte:
    „Sie sind diesem Mann oder dem, den er Ihnen nennt, unterstellt. Sie tragen die volle Verantwortung für seine Sicherheit. Deshalb müssen Sie feststellen, ob er beschattet wird, und die betreffenden Personen, ganz gleich, wer sie sind, mit allen Mitteln ausschalten. Es kann auch sein, daß es eine ganze Gruppe ist. Wenn Sie es verstehen, dabei am Leben zu bleiben, so brauchen Sie um Ihr weiteres Schicksal keine Angst zu haben. Sollen die Schweizer Gerichte Sie ruhig wegen Mord verurteilen — für uns bildet es keine Schwierigkeit, Ihre Entlassung zu erreichen.
    Bedenken Sie: Die Leute, die die Ihnen anvertraute Person beschatten, könnten in bezug auf Sie die gleichen Befehle erhalten haben. Ich hoffe, Sie begreifen, daß diese Leute keine Spione unserer militärischen Gegner sind. Deshalb seien Sie vorsichtig mit unseren Landsleuten ..."
    Die Maschine der Lufthansa brachte Johann am Morgen nach Zürich. Am gleichen Tag fuhr er nach Bern und stieg in einem Hotel ab. Er hatte einen holländischen Paß und Papiere, die bestätigten, daß er deutscher Emigrant war.
    Weiß mietete sich im Hotel einen alten, zweisitzigen Fiat und fuhr langsam durch die Stadt; er fuhr etliche Straßen ab, um später, wenn er seinen Zögling beschützen mußte, keine Schwierigkeiten zu haben.
    Vor dem Berner Rathaus entdeckte er ihn: ein Mann in vorgerücktem Alter und von aristokratischem Äußeren. Auf der Fotografie, die Gustav Weiß gezeigt hatte, hatte er so wie Hitler einen gestutzten Schnurrbart getragen, jetzt aber zwirbelte sich auf seiner Oberlippe der wesentlich längere Schnauzbart Kaiser Wilhelms.
    Weiß stellte den Wagen ab und ging auf ihn zu. Als der Alte und seine Begleiterin sich ihm näherten, sprach Weiß laut und begeistert über die ehrwürdige Architektur des Rathauses.
    Der Alte schaute Weiß aufmerksam ins Gesicht — anscheinend kannte auch er ihn vom Foto her. Er kaute ein wenig an der Unterlippe und nickte kaum merklich.
    Die ihm anvertraute Person war Fürst Hohenlohe, eine Mittelsperson Hitlers in den Verhandlungen mit Dulles. Wie Weiß später erfuhr, drohte dem Fürsten hier von keiner Seite Gefahr. Canaris und Schellenberg brauchten anfangs Johanns Anwesenheit in Bern nur, um dem Fürsten klarzumachen, daß ihnen bekannt war, warum er hier war. Am Abend ging Weiß in ein unweit der amerikanischen Botschaft gelegenes Café und traf dort auf Major Steinglitz. Er ging unbemerkt von hinten an ihn heran und klopfte ihm leicht auf die Schulter. Steinglitz zuckte zusammen und fuhr eilig mit der Hand ins Jackett.
    Weiß ergriff seinen Arm. Steinglitz blickte hoch und strahlte vor Freude.
    „Was macht die Arbeit?" fragte Weiß.
    „Wie du siehst", antwortete Steinglitz, „ich sitze hier am Fenster und schaue den Spaziergängern zu."
    „Die die amerikanische Botschaft besuchen?" fragte Johann lächelnd. Er beugte sich vor: „Ich fürchte, Ihre Dienststelle sollte einen gleichen Posten bei der britischen Botschaft aufstellen."
    „Die Amerikaner sind ein Lumpenpack. Sie wollen Canaris beseitigen und schreiben in ihren Zeitungen, daß er angeblich an einer Verschwörung gegen Hitler beteiligt ist. Das ist ein provozierender Akt ihrer Spionage. Aus Rache dafür haben die Engländer eine ganze Artikelserie über unseren Admiral gebracht: Sie verlangen, daß er nach dem Krieg als Verbrecher hingerichtet wird."
    „Freundschaftsdienste für Vergangenheit und Gegenwart", sagte Weiß in einem so unanfechtbaren Ton, daß Steinglitz gezwungen war zu schweigen.
    Er schaute sich ängstlich nach allen Seiten um und sagte halblaut:
    „Du bist aber selbstsicher geworden!"
    „Ich habe mich von meinem unmittelbaren Vorgesetzten anstecken lassen."
    „Tja", sagte Steinglitz nachdenklich, „unserem Admiral geht es jetzt

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