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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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jetzt von dem Material Gebrauch machen zu dürfen, das man ihm für spezifische Fälle überlassen hatte. Es war dies eine Zusammenstellung von scheinbar bedeutsamen Fakten, die auf einen wenig informierten Menschen großen Eindruck machen konnten.
    Angelika hörte ihm aufmerksam und gespannt zu, dann fragte sie: „Woher kennen Sie solche Einzelheiten, Johann?"
    „Wissen Sie, ich habe in einer Autoreparaturwerkstatt gearbeitet. Da mußte ich ihnen die Wagen reparieren und sie hinterher bei Probefahrten begleiten. Es sind sehr mißtrauische Leute."
    „Und das nennen die Wachsamkeit?"
    „Wachsamkeit ist etwas anderes."
    Angelika stand auf, bat ihn u m etwas Geduld und ging aus dem Zimmer.
    Sie kehrte bald zurück und erklärte feierlich:
    „Oberst von Salz erwartet Sie."
    Als Johann die Schwelle überschritt, erblickte er einen blassen, gebückten Menschen mit eingefallener Brust, eingefallenen Schläfen und Wangen in einem knöchernen, kraftlosen Gesicht. Der Kneifer vergrößerte die hervorstehenden Augen, die Müdigkeit und tiefe Gleichgültigkeit ausdrückten. Als Weiß sich setzte, starrte ihn der Oberst mit hellen, unbeweglichen Augen an. Dann legte er die Hände vor sich hin und begann sie aufmerksam zu betrachten, völlig von dieser Beschäftigung in Anspruch genommen.
    Weiß schwieg ebenfalls.
    „Ja?" bemerkte der Oberst plötzlich, ohne den Blick zu heben noch seine Haltung zu verändern.
    „So wiederholen Sie doch, wiederholen Sie!" forderte Angelika ungeduldig.
    Weiß stand gehorsam auf und wiederholte in gedrängter Form, doch mit noch festerer Stimme das, was er Angelika erzählt hatte.
    Der Oberst blieb in der gleichen Haltung sitzen, nicht ein einziges Mal unterbrach er Weiß, nicht ein einziges Mal stellte er ihm eine Frage. Und als Weiß zu Ende war, fuhr er fort, tiefsinnig seine Nägel zu betrachten.
    Das Schweigen wurde peinlich.
    Plötzlich sagte der Oberst mit einer kräftigen, ein wenig klirrenden Stimme: „Wer von Ihren Landsleuten könnte eine Ehrenpflicht vor Reich und Führer erfüllen?”
    „Herr Oberst, alle aufrechten Deutschen .."
    „Setzen Sie sich. Das ist überflüssiges Zeug. Nennen Sie Namen!" „Müssen sie mit dem Fallschirm umgehen können?" fragte Weiß. „Namen!"
    „Papke, Herr Oberst!" Und abermals strammstehend, meldete Weiß: „Ehemaliger Zellenleiter, von bester Gesundheit, tatkräftig, klug, ein ausgezeichneter Kenner der dortigen Verhältnisse, waffenkundig, kennt die Grenzbezirke und hat dort Verbindungen."
    Der Oberst zögerte einen Augenblick, griff nach dem Telefonhörer, wählte eine Nummer, und sprach mit gelangweilter Stimme: „Geben Sie mir sofort über einen aus Riga stammenden Papke Auskunft."
    Als Weiß Major Steinglitz am Flughafen begrüßte, tat er das so herzlich, daß der Major bei all seiner Gefühllosigkeit und Hochfahrenheit nicht umhin konnte, ein Gefühl der Sympathie zu verspüren.
    Am Hoteleingang jedoch murmelte Steinglitz so wie immer, abweisend und undeutlich zwischen den Zähnen:
    „Null Uhr null. Mit vollem Tank und allen Sachen."
    Johann begriff, daß er Lódz verließ, und wahrscheinlich für immer.
12
    Genau zur festgesetzten Stunde fuhr Weiß vor dem Hotel vor. Er nahm die Koffer des Majors in Empfang und packte sie in den Kofferraum.
    „Warschau", murmelte Steinglitz, ließ sich gegen die Rücklehne fallen, streckte die Beine aus, schloß die Augen und zwang sich zu schlafen.
    Es fiel nasser Schnee, in den Talniederungen stand Nebel. Der von Bombentrichtern bedeckte Weg streckte sich endlos lang dahin. Unter den Rädern dröhnte dumpf der Holzbelag unlängst wiederhergestellter Brücken. Am Wagenfenster huschten die schwarzen Ruinen von Kleinstadthäusern vorbei. In bestimmten Abständen hielt der Wagen an Kontrollpunkten. Steinglitz erwachte, zeigte nachlässig seine Papiere vor, meist aber eine an einem Kettchen hängende Blechmarke.
    Es war tiefe Nacht — bis Warschau waren es keine dreißig Kilometer mehr —, als der Major Johann befahl, von der Straße abzubiegen. Sie erreichten einige Gebäude, die früher offensichtlich zu einem Gutshof gehörten und jetzt von einem doppelten Stacheldrahtzaun umgeben waren. Scheinwerfer vergossen ringsum ein grelles, lebloses Licht. Am Tor wurden sie aufgehalten. Die Wachmannschaften prüften die Papiere sehr gründlich und ließen den Wagen erst dann einfahren, nachdem der Wachoffizier telefonisch dazu die Erlaubnis erhalten hatte. Auf dem Hof kamen ihnen Männer in Zivil

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