Im Labyrinth der Fugge
genehmigt. Studiere den Muskelmann und übe dich in der Figur.«
17. Die Weber
»Der Herr lasse sein Angesicht auf dich niedersinken.« Canisius zog mit der Rechten den Segensspruch über die pelzverhängte Patrizierin Baronin Langenmantel, schob mit der Linken die von ihr überreichten Gulden in seine Canisiane, als er vom Abtritt wieder in den Festsaal trat.
»Vergelt es Gott, Pater. Nach dem nächsten Hochamt also. Meine Kammerfrau und meine Wenigkeit erwarten Euch in Demut.« Die Dame versank knicksend in ihren gebauschten Röcken.
Seit er in Altötting den siebten Teufel aus der Zofe der Sibylla Fugger, der Schwester der Ursula Fugger, geholt hatte, konnte er sich vor weiteren Anfragen kaum retten. Ungewöhnlich viele Dienstboten waren neuerdings besessen. Ihre Herrinnen übergaben ihre Zofen nicht gleich dem Rat, um sie nach Hexenmalen untersuchen zu lassen, ja, sie entließen sie nicht mal. Stattdessen rutschten die adligen Damen auf Knien die Wallfahrt entlang, opferten ihren eigenen Leib und einen Batzen Gulden aus der Familienkasse für das Seelenheil ihrer Mägde. Seither schrieb ihm auch der Altöttinger Pfarrer begeistert vom frisch gefüllten Kirchenschiff. Überall lauerte man ihm auf, belagerte ihn mit Bittschriften und lechzte nach seinen Exerzitien. Letztes Jahr hatte er die Fuggerdamen, geschweige denn ihre Töchter, nur schwer zu seiner speziellen Konsultation unter vier Augen überreden können, doch inzwischen wollte das weibliche Geschlecht in und um Augsburg freiwillig die Kammer mit ihm teilen. Rein seelsorgerisch selbstverständlich. Er schmunzelte für sich. Wie leicht könnte er so manche Gelegenheit ausnutzen. Schließlich unterlag alles, aber auch alles, dem Beichtgeheimnis. Was seine Lust betraf, dafür hatte er sein geregeltes Entladen, dafür brauchte er keine Adlige.
Der Bittgang der Fugger nach Altötting hatte im Aufsehen dem gestrigen Hochzeitszug geglichen. Das gleiche Aufflammen in den Augen der Gaffer. Ob Hochzeit oder Beisetzung, ob Seligsprechung oder Teufelsaustreibung: Hauptsache, es rührte sich etwas. So belagerten ihn auch heute versprengte Zeugen des Altöttinger Exorzismus als Festgäste auf der Augsburger Fuggerhochzeit. ›Reinigst du die Seele des Niederen, so wird deine eigene mit gesäubert‹ hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet.
»Was kramt Ihr in Eurer Kutte, Pater?«
Canisius zuckte zusammen. Da saß er, mit seinem Neffen am Ende der langen Tafel.
»Oder juckt euch die Keuschheit, beim Anblick befleckter Laken in der Brautkammer?«
Canisius war ihm am ersten Tag der Trauung aus dem Weg gegangen. Schwierig genug, auf einer Fuggerhochzeit einem Fugger aus dem Weg zu gehen. Doch nun, am Morgen nach der Segnung des Brautbettes, schien der Fugger im Festsaal auf ihn gewartet zu haben.
»Ich krame nicht, ich bewahre.« Canisius holte Luft. »In meinen Canisianen, Graf.« Er stülpte einen der Beutel, die er in seinem Gewand hatte anbringen lassen, nach außen und zeigte seine Erfindung.
»Schaut, schaut, der Pfaff trägt seinen Sack nach innen.« Der Fugger geckerte lauthals über seinen eigenen Witz und der Goldjunge lachte im selben Tonfall. Das Romstudium schien ihm gut getan zu haben, er war erwachsen, sogar fülliger. Nur die eng stehenden tiefen Augen verliehen ihm nach wie vor diese Undurchschaubarkeit, die auch sein Oheim besaß. Hatte er sich die Goldhaube für die Hochzeit aus dem Schrank Vorfahr Jakobs geliehen? Den leeren Gläsern nach bemessen, die sie umstellten, waren beide nicht mehr nüchtern.
»So seid Ihr Kuttenbrunzer alle. Stinkt nach Pisse und schluckt Gulden wie Butter«, fuhr ihn der Alte an.
»Mäßigt Euch, Graf.« Niemand außer ihm selbst hatte bisher seine Canisianen gewürdigt. Nur Severin, der Fuggerdiener, fand sie hilfreich für seine Tricktrack-Steine. Doch wie bei den Exerzitien würde die Zeit kommen, falls nicht vorher ein Herr Langenmantel oder Taschen ihm die Erfindung wegschnappte. »Ich nehme nur, was mir zusteht, und wuchere nicht, das ist eher Eurer Geschäft.«
»Hoho, heraus mit der Sprache. Ihr greift die Kuh an, die Ihr melkt?«
Canisius hinkte zu ihm. Normalerweise humpelte er nicht mehr, aber er wollte dem Fugger die Pein, die er durch ihn erlitten hatte, nicht vergessen lassen. »Ich kann verstehen, dass diese Hochzeit Euch verbittert. Doch ich habe meinen Teil des Kontrakts erfüllt. Eure ältesten Neffen sogar der Kurie empfohlen.«
»Welcher Kontrakt?«, fragte Philipp und rüttelte den Oheim am
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