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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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wieder. Vorsichtig atmete er aus. Nun bereute er, dass er immer nur mit halben Ohr beim Rechnen und auch bei Vaters Experimenten zugehört hatte. Aber das Spiel mit den Zahlen hatte ihm einfach nicht in den Kopf gewollt. Wie sehr hasste er die doppelte Buchführung und all den Kram. Für das würde er Buchhalter und Faktoren bezahlen. Nicht nur der Papst, auch sein geliebter Oheim hatte ihm die Regentschaft zugesprochen. Er erbte das Schloss des Oheims und seinen Anteil aus der Handelsgesellschaft. Hoffentlich war all dies nicht nur im Rausch bei der Hochzeit gesprochen worden. Vater hatte jedenfalls nichts davon gewusst, hatte ihn stattdessen im leergeräumten Turm empfangen, wo alle Bücher verschwunden waren. Ausgenommen die paar Rezepturen-Schriften im Keller hier. In den Bibliotheksnischen wollte er zukünftig Bier lagern, hatte er lachend gesagt: »Fuggerbier.« Auf Philipps Frage, wohin die Bücher gebracht worden waren, sagte er nur: »Du hast doch die Haufen gesehen, die Canisius entzündete und Severin mit meinen Schätzen befeuerte. Alles verbrannt.«
    Er log, Philipp sah es an seinem Blick. So leichtfertig würde er nie daherreden, wo er den Diener noch angewiesen hatte, die Bücher sehr sorgfältig zu verpacken. Aber nicht nur das Scheitern seines Auftrags trieb Philipp in den Keller zu den Glaskolben, sondern Vater begann plötzlich von Adelaida zu reden.
    Leider sei es ihm in den vielen Jahren nicht gelungen, ein Mittel gegen ihre Lähmung zu brauen.
    Philipp traute seinen Ohren nicht. »Du bist …, du hast …«, stotterte er.
    Vater nickte. »Auch ich fand die Lehrzeit in Venedig wenig erquickend und habe mir ein Liebchen gesucht. Damals war sie nur leicht im Gehen eingeschränkt, aber nach und nach wanderte die Lähmung leider ihren süßen Leib hinauf. Ein Wunder, dass sie noch sprechen kann.«
    »Dann sind all die ausgestopften Tiere von dir?« Philipp zwang sich, ruhig zu bleiben, krallte seine Finger ineinander, bis es schmerzte.
    »Den Zwölfender, hast du ihn nicht wiedererkannt? Den habe ich Christoph nach der letzten Hatz abgekauft. Der Kürschner, der Canisius mit Säure vernichten wollte, hat ihn aus lauter Einzelteilen zusammengeflickt. Schade, durch die Hinrichtung ist Augsburg um einen Meister seiner Zunft ärmer.«
    Philipp hielt es nicht mehr. Er sprang auf und schlug auf Vater ein. »Du hast sie vergiftet, du Ekel. Mit deinen mistigen Gebräuen.« Vater fing seine Schläge ab, doch er hörte nicht auf. Erst ein kräftiger Kinnhaken ließ Philipp heulend zu Boden gehen.
    »Was fällt dir ein!« Vater baute sich vor ihm auf. »Ist dir die Vögelei zu Kopf gestiegen oder konntest du nicht? In Antwerpen gibt es keine Kurtisanen, dafür werde ich sorgen. Und denk dir endlich selbst was aus.« Er riss ihm die Goldhaube vom Kopf. Erst ahmst du Christoph nach und nun willst du Vorfahr Jakob das Wasser reichen. Dabei hättest du auf Octavian aufpassen können, wenigstens das. Ich wünschte du wärst an Annas Stelle im Kloster, du Nichtsnutz von einem Sohn.« Er spielte auf Mutters Pilgerreise an, die nur vorgeschoben war. Octavian hatte die Tochter eines Kardinals geschwängert, Pompeia, ja so hieß sie. Oheim Marx begleitete Mutter nach Rom, um eine Klage abzuwenden, und die Angelegenheit mithilfe des Papstes zu regeln.
    Alles zerfiel, bevor es begonnen hatte. Philipp hatte sich Rotz ans Wams geschmiert und war dann aufgestanden. Vaters Zeit war um, er musste es endlich begreifen.
     
    Als neuer Regent durften seine Untergebenen nicht merken, dass ihr Herr die Zahlen nicht beherrschte. Hauptsache die Bilanz war deutlich höher als im Vorjahr. Jemanden wie Anna hätte Philipp sich an seiner Seite gewünscht, von daher konnte er Vater verstehen. Ihr Geschick beim Rechnen und Abwiegen der Zutaten gehörte nicht in einen Frauenleib. Aber müßig war es, jetzt darüber nachzugrübeln. Vater besuchte sie gerade in St. Katherina. Nach dem Brand im Kühbachkloster, bei dem die beiden Schwestern umgekommen waren, hatte man sie nach Augsburg verlegt. Nur zwei Gassen weiter war sie eingesperrt und zählte für ihr restliches Leben höchstens die Perlen des Rosenkranzes.
    Wie war das doch gleich? Philipp zwang seine Gedanken, sich einzig der Rezeptur zuzuwenden.
    »Nimm ein Pfund natürlichen Schwefel, zwei Pfund Holzkohle von einer Linde oder Weide, sechs Pfund ›sal Petrosum‹. Mische diese drei Stoffe auf das Feinste auf einer Marmortafel. Danach gib das Pulver in eine Hülle zum Fliegen oder in

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