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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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plötzlich pochte sie wie auf Holz. Sie schlug gegen sein Geschlecht bis es schmerzte. Keuchend erwachte er. Es klopfte an der Tür. Er erhob sich schwer, sackte zurück. Alles tat ihm weh. Erst gab er dem leeren Weinbrandkrug auf dem Boden die Schuld, dann entdeckte er den Silberdolch und die vergangene Nacht fiel ihm wieder ein. Wie ein gehetztes Tier war er mit seiner Karre durch die Stadt gelaufen, fort von dem Teufelshaus, wo die Halbtoten aus der Tür krochen. Feige hatte er sich zum Mauertürchen geschlichen und Bianka dort zurückgelassen. Wenigstens die wilde Frau hätte er befreien können, aber dann wohin mit ihr?
    Es klopfte erneut. Der Pater, der den Dolch suchte oder sein Auftraggeber selbst, schoss es ihm durch den Kopf. Doch die würden sich kaum hier heraus bequemen, sondern gleich die Büttel schicken. Dann könnte er sagen, dass dort ein junger Mönch erstochen worden war und Kindermorde geplant seien. Immer wieder vergaß er selbst, dass er nicht mehr sprechen konnte, was er den Bütteln verdankte, und fluchte im Inneren. Wahrscheinlich würden sie ihm sowieso nicht glauben.
    Er zwang sich aufzustehen und schlurfte zur Tür.
    »Herr Kellenbenz, machen Sie auf«, rief eine Frauenstimme. Wer konnte das sein, wer wusste seinen Namen? Da gab es nur eine, die er bis zu ihrer Kehrseite kannte. Immer noch mit Halswickel um die gestärkte Witwenhaube, wich die Gumpelzhaimerin zurück, als sie seinen sauren Atem roch.
    »Die Kleine …, Eure Tochter. Ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Ist sie da?«
    Wenn er den Kopf schüttelte, würde sie weiter fragen, nicht Ruhe geben, bis sie ihm irgendwas abgepresst hatte. Dann würde als Nächstes die Tratscherei das ganze Viertel in Aufruhr versetzen. Das Lauffeuer, das er sich vor ein paar Tagen noch gewünscht hatte, würde in Gang kommen. Kellenbenz’ kurbelte seine Gedanken an. Eine Wand aus Nachbarn, Bekannten und Unbekannten, die sich dem Pulk anschlossen, würde sich durch Augsburg wälzen. In seiner Fantasie sah er sich ganz hinten stehen, den Mund weit aufgerissen, aber kein Ton kam hervor. Er würde die Fäden aus der Hand geben. Ohne Zunge könnte er die Menge nicht lenken. Und wer weiß, ob der Fugger es nicht spitzkriegte, dann wäre Bianka endgültig verloren.
    So nickte er der Gumpelzhaimerin einfach nur zu.
    »Wie geht es ihr? Wo ist sie, ist sie krank? Ich sehe sie gar nicht mehr im Hof spielen.«
    Kellenbenz trat aus der Tür, einen Schritt auf sie zu, hob die Arme und wollte ihr fuchtelnd erklären.
    Die Witwe nahm Reißaus.

19. Der Leuchter
    »Es ist mir gleich, welchen seelsorgerischen Auftrag der Oheim meines Gatten Euch noch vor seinem Ableben erteilt hat, und wenn Ihr vom Papst persönlich wärt, Ihr werdet mich nicht bekehren«, zeterte ihre Mutter durch die angelehnte Dachstubentür. Gleich hatte Anna den Türgriff erreicht. Severin erhob sich. Anna hechtete an ihm vorbei. Einen Wimpernschlag lang war er über ihr wie ein großer morscher Baum, der sie mit seinen Ästen umfangen wollte. Schnell drückte sie die Klinke und trat ein.
    »La Fuchera nostra«, sagte der Pater. »So beruhigt Euch doch. Selbst Euer Luther hat sein Tintenfass nach dem Antichrist geworfen und gesagt: Gott ist kein Freund der Traurigkeit und des Todes, aber der Satan ist es.« Der Pater wählte jedes Wort mit Bedacht, als erklärte er einem Kleinkind die Welt.
    »Ihr kennt die Schriften Martin Luthers?« Ihre Mutter staunte.
    »Nur wer, gnädige Frau, seine Feinde versteht, kann gegen sie kämpfen.«
    »Anna!« Mechthild hatte sie entdeckt, rutschte von einem der Stühle mit den hohen Lehnen herab und tapste ihr entgegen.
    »Ach, da kommt ja unsere Nachzüglerin.« Pater Canisius drehte sich um. Die Rockschöße seiner schwarzen Soutane wehten. »Setz dich zu uns, mein Kind.« Gebieterisch wies er ihr einen leeren Platz zu. Ihre Eltern schien es nicht zu stören, dass ein Fremder Anweisungen erteilte. »Ein gesunder Schlaf ist etwas Unersetzliches. Da sind wir uns doch einig, liebe Gräfin?« Er wandte sich wieder an ihre Mutter. Durch seine vorstehenden Zähne, die er nur halbwegs mit seinem Bart verdecken konnte, wirkte es, als lächelte er.
    Ursula zuckte mit den Mundwinkeln, brachte keine Erwiderung zustande. Sie nickte schwach und musterte Anna. Ihre Miene verfinsterte sich.
    Anna nahm Mechthild auf den Arm und setzte sich zwischen Sidonia und Virginia.
    »Ich wurde an dem Tag geboren, als über Euren Luther die Reichsacht verhängt wurde.«
    »Am achten

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