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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Gesichtchen lang gezogen, keine runden Wangen mehr. Neben diesem bunt gekleideten Gaukler, saß sie auf dem Seil.
    Die Menge johlte wieder.
    Der Scharfrichter hob das Schwert und zeigte es dem Volk. »Alles geschieht zweimal im Leben«, sagte er zu Kellenbenz. »So sieht man sich wieder.« Über seinem fleckigen Kapuzengewand trug er den Kragen aus Eichhörnchenfell, den Kellenbenz ihm für sein verbliebenes Zungenstück gefertigt hatte. »Diesmal kannst du dir deinen Hals nicht erkaufen. Aber ich verspreche dir, dass ich schnell machen werde. Halte dich ruhig und strecke den Hals gerade vor, damit ich nicht das Kinn treffe. Sei gewiss, ich bin, wie du, ein Meister in meinem Beruf.«
    Kellenbenz spürte die Klinge des Schwertes im Nacken. Der Scharfrichter brachte es in die richtige Stellung, um auszuholen.
    Ein Tumult brach in der Menge los. Die Büttel bahnten sich wieder eine Gasse. Doch keine Flüche und Beschimpfungen wurden laut, sondern Hurraschreie. Vier Ministranten in langen Gewändern trugen Petrus Canisius auf einem an Stangen befestigten Stuhl zum Blutgerüst.
    »Ein Wunder, heil ihm! Er lebe hoch!«, hörte Kellenbenz sie jubeln.
    Canisius winkte mit seinen beringten Händen gnädig nach rechts und links und gab dem Bürgermeister mit einem Kopfnicken ein Zeichen.
    »Henker, walte Er seines Amtes«, rief dieser, nachdem die Menge wieder verstummt war.
    Kein Laut war zu hören. Kellenbenz spürte den Luftzug, die kalte Klinge verließ sein Genick.
    »I-A-A«, brüllte er, streckte den Kopf so weit vor, wie es ging. »I-a-aaaaaaa-kaaaaaa.«
    Ein Miauen drang an sein Ohr, Bianka! Dann traf ihn das Schwert. Er fiel vom Stuhl. Mit dem zweiten Schwertschlag hieb der Scharfrichter mehr in die Bretter, als in Kellenbenz’ Hals. Erst der dritte Schlag machte der Metzelei ein Ende und trennte seinen Kopf vom Leib, ein Lächeln auf den Lippen.

Zweites Buch
    Teufelsapfel
    Augsburg und Kühbach, 1562–1564
     
    »Der Teufel hasst das Salz, weil es das Sinnbild der Ewigkeit ist, nie verdirbt und die Dinge vor Fäulnis und Verderben bewahrt. Der Teufel aber strebt nur nach Verderben und Auflösung der Geschöpfe.«
    Aus den Fuggerzeitungen

1. Der Sündenknüppel
    H ochwürden, die Menge wartet , auf dass Ihr Euch am Balkon zeigt.«
    »Schon gut«, sagte Canisius. »Wo bleiben die nassen Tücher!«
    »Ich eile und bringe das kühlende Leinen, sonst wartet das Volk vergeblich auf Euer Erscheinen«, reimte Feddo, der ehemalige Flagellant.
    »Ja, ja.« Er scheuchte ihn hinaus.
    Sollten sie nur warten! Es wäre töricht, die hungernde Meute sofort zu füttern, so viel hatte er in den Lehrjahren in Wien und überall gelernt. Warten machte jeden mürbe und umso dankbarer waren sie für die paar Krumen, die er ihnen hinwerfen würde.
    Ein größeres Spektakel hätte er sich selbst nicht ausdenken können. Er, der Sohn des Apothekers und Bürgermeisters aus den niederen Landen, von der Ostküste des Heiligen Römischen Reiches, hatte bald das ganze Imperium erobert. Als erster Gesandter der Gesellschaft Jesu hatte er das deutsche Kaiserreich betreten, da war es noch voller Irrgläubiger gewesen. Bald hieß es auf zum nächsten Erdteil, in Columbus’ Fußstapfen bis nach Westindien. Er rekelte sich auf der Chaiselongue, die ihm ein Ratsherr, den er mit einer Französin getraut hatte, zur Genesung geschenkt hatte. Er verlagerte das Bein und der Schmerz fuhr wieder durch seinen Knöchel. Wenn nur der Fuß nicht gebrochen war. Das Gelenk war in den letzten Tagen stark angeschwollen und über Nacht sogar blau verfärbt, obwohl er es wieder und wieder mit Urin bespritzte. Diese Kur hatte ihn bisher aus allen Krankheiten gebracht und mehr: Es dämpfte nicht nur die Wolllust, es hielt ihm auch die meisten Weiber auf Abstand. Wo blieb nur dieser Kerl mit der Kühlung?
    Die Teufelsaustreibung im Auftrag von Ursula Fugger war etwas ausgeufert, insgeheim sollte er dem Kürschner dankbar sein, dass er mit seiner Tat von dem Brand mitten auf dem Altar abgelenkt hatte. Die Magd sollte geläutert hervorgehen und nicht verkohlt. Sein Verfahren musste er noch etwas verfeinern. Doch so hatte sich die Angelegenheit mit dem Wechselbalg auch erledigt und die Augsburger hatten ihren Frevler, an dem sie ihre Gemüter abkühlen konnten. Obendrein glaubten sie nun an ein Wunder, eine göttliche Fügung. Dabei war es nur eine Teppichfalte, die ihm das Leben gerettet hatte oder zumindest sein Antlitz. Kein Tröpfchen der Schwefelsäure hatte ihn

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