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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Canisius hingeschlichen, hatte sie betrachtet, wie sie in ihrem vor Unrat stinkenden Käfig hauste, Wind und Wetter, Schimpf und Schande ausgesetzt. Sie nahm ihn nicht mal wahr. Und das sollte seine Mutter sein?
    Er presste die Faust um den zierlichen Griff des Dolches, bis sich das Signum der Gesellschaft Jesu in seiner Handfläche abdrückte. Ein brennender Kreis mit dem Christuszeichen in der Mitte.
    Sein Meister, Ignatius von Loyola höchstpersönlich, hatte ihm den Dolch zu seiner Priesterweihe geschenkt. Feinste Silberarbeit aus Jerusalem und Feddo hatte ihn entwendet, als er ihn mit dem Teufelsspuk beauftragte. Der Flagellant, dem er einst den Hals aus der Schlinge zog, dem er geben wollte, was er selbst von seinem Meister erhalten hatte: Weisheit, Güte und Strahlkraft. Aber Feddo gierte nur nach Besitz und Triebbefriedigung oder hatte Angst, ein Fuggerdiener könnte ihn entleiben.
    Doch Gott leitete den Dolch über Georg Fuggers Alchimistenkeller zu ihm zurück. Durch Drehen und Reißen gelang es Canisius, ihn aus dem Teufelsbalg zu ziehen. Der Fugger war ganz vertieft in das Vorführen irgendeiner Rezeptur. Er glaubte ihm seinen Hang zur Alchemie, dabei hasste er diesen Apothekergeruch nach Destillaten und Schwefel. Mit dem eigenen, reinen Körpersaft salbte man sich angemessen. Nichts roch köstlicher als sein Inneres.
    Er prüfte die Schärfe der Klinge und entfernte die Nagelhaut. Blutstropfen sammelten sich in den Rillen zwischen Nagel und Kuppe und der Schmerz durchrieselte ihn wohlig. Vorsichtig stellte er seinen Fuß in den Nachttopf.
    »Aaah.« Sein eigenes Wasser brannte und linderte zugleich. Er saugte an seinem Finger und entspannte sich. Die makellos weißen Füße und Hände des Christus am Montmartre kamen ihm in den Sinn. Ihnen wollte er immer nacheifern, seit er unter der Figur in Paris als achtes Ordensmitglied den jesuitischen Eid abgelegt hatte. Acht, die doppelbäuchige Zahl begleitete ihn durchs Leben. So betrachtet, verdankte er seiner Gebärhilfe zumindest das Geschenk der heiligen Acht. Er rief sich den Eid in Erinnerung: Die heiligen und himmlischen Heerscharen flehten sie damals an, ihnen, dem Orden getreu, beizustehen, um gegen alles Teuflische, ob Lutheraner oder Hexe, vorzugehen.
    Trotz Krieg und Kirchenzerschlagung glätteten sich die ketzerischen Wogen, die Katholischen glaubten stärker als zuvor und die Bekehrten wetteiferten um ihr Seelenheil, dass der Klingelbeutel überschwappte. Der Grundstein für das Kolleg in Augsburg war gelegt, sein eigenes Imperium wuchs. Vielleicht sollte er dem Baumeister ein achteckiges Gebäude vorschlagen? Am achten Tag war Jesus auferstanden, die Kaiserkrone hatte acht Ecken und das Taufbecken auch.
     
    Sein Meister, Ignaz von Loyola, der Herr sei seiner Seele gnädig, hätte es ihm hoch angerechnet, so viele Deutsche zum rechten Glauben zurückzuführen. Dass es nicht bei allen gleich schnell ging, war nicht seine Schuld. Wie viel verlangte ihm dieser Fugger noch ab, selbst unfähig und von Krankheit geschwächt, forderte er und forderte. Eines von dreizehn Fuggerbälgern war ihm davongekommen und hatte sich verlobt. Wenn er nicht selbst dabei gewesen wäre, würde er meinen, es war nicht mit rechten Dingen zugegangen.
    Alle waren verstummt, als Georg Fuggers Älteste nach der großen Teufelsaustreibung in den Salon kam. Sie saßen beim letzten Gang, gezuckertem Wein mit Zimt und Waffeln, als sie eintrat.
    Bei Gott, sie war schön, besaß jedenfalls die Art weiblichen Liebreizes, der den meisten gefiel. Canisius bevorzugte die verborgene Schönheit bei einem Weib, nicht das, was sich jedem Mann entgegendrängte.
    In der einen Hand hielt Sidonia den Rosenkranz und in der anderen ein Stück altes Brot. Man stelle sich vor, altes Brot! Aber für den jungen Villinger war es, als bekäme er den Paradiesapfel gereicht.
    »Ob er mal kosten dürfe«, fragte er, ganz bezirzt. Dabei war der Freiherr bereits versprochen, noch dazu mit einer weitaus besseren Partie. Sidonia würde, wenn sie überlebte, enterbt werden. Alles hatte Canisius versucht, um den katholischen Eltern Villinger die Augen zu öffnen, sogar einen Fall aus Wien geschildert, den er nie mehr erwähnen wollte, aber er hatte einfach den verunglückten Teil der Teufelsaustreibung weggelassen, allein von der Verblendung durch das Weib gesprochen. Doch sie hörten kaum zu, liebten offenbar ihren Sohn und wollten ihm die Entscheidung überlassen, Geld hin oder her.
    Unterdessen waren die

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