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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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wurde wieder hochgehoben und vorwärtsgezerrt. Vor ihr watschelte die, die hier die Befehle gab. Ihr breiter Hintern wippte unter der eng anliegenden Kutte.
    Anna spürte ein unstillbares Verlangen sie zu treten, und dann tat sie es. Zack, mitten auf den Breitarsch. Die Nonne fuhr herum und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Anna sah Funken sprühen, der Schmerz raubte ihr das Bewusstsein.

5. Die Kämpfer
    Nichts als Verachtung empfand Philipp für seinen Vater. Der Kavalierstour zweiter Teil. So versuchte es Vater ihm verständlich zu machen. Als Erbfolger würde er oder Octavian einmal das Familienimperium weiterführen. Sie sollten nach Venedig die anderen Faktoreien aufsuchen und das Handwerk eines Kaufmanns und Bankiers lernen. Die Faktoreien, die lagen in Antwerpen, Spanien und seit Kurzem auch in der Neuen Welt. Was sollte er als zukünftiger Regent dann im Collegium Germanicum in Rom?
    ›Furchtlose Kämpfer aus den gefährdeten Gebieten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation‹ wurden dort gesucht. Das klang nach katholischen Söldnern und eher Dienern als Herrn. Sein Flehen hatte nichts genutzt. Sie reisten in Pater Canisius’ Begleitung ab. Alle anderen Geschwister wurden ins Kloster gesteckt.
    Wieder ritt Philipp im eisigen Wind und peitschenden Regen über die Alpen. Doch lieber auf einem störrischen Maulesel im Tross der Lakaien und Gepäckwagen dahinzuckeln, als bei dem stinkenden Pater Canisius in der trockenen Kutsche hocken und sich beschwatzen zu lassen, wie Octavian es bevorzugte.
    Als eine Art Vorgeschmack aufs Jesuitenleben übernachteten sie im neu gebauten Kolleg in Innsbruck und durften an der Einweihung teilnehmen.
    Octavian wollte am liebsten dort bleiben. »Warum müssen wir nach Rom, Philipp? Beten können wir auch hier«, schlug er vor. Also fruchtete Canisius’ Audienz unter vier Augen nicht nur bei den Weibern, dachte Philipp.
    Pater Canisius schickte sie weiter. Für die Studiengänge sei noch nicht alles vorbereitet, erklärte er ihnen beim Festmahl. Und außerdem erwarte sie Franz Borgia bereits in Rom.
    »Borgia?« Octavian biss in einen Käselaib, schob ihn sich dann gleich ganz in den Mund. »War das nicht der Papst, der einen Haufen Frauen hatte und seine eigene Tochter dazu?« Er kaute und versprühte beim Reden kleine weiße Käsestückchen.
    Angeekelt wandte sich Philipp ab. Verdorbene Milch war ihm zuwider. Stattdessen zupfte er ein Stück aus dem gebratenen Zicklein und zerdrückte es auf der Zunge.
    »Soviel ich weiß, wurde dieser Papst von seinem eigenen Sohn, Cesare Borgia, vergiftet und seine Seele vom Teufel geholt.«
    »Alles Gerüchte«, mischte sich Canisius ein. »Es wird höchste Zeit, dass Ihr Euer Wissen erweitert. Franz Borgia ist in der Tat der Urenkel Alexanders VI., hat nach dem Tod seiner geliebten Gattin das Priestergelübde abgelegt und sein Vermögen dem Jesuitennachwuchs gestiftet. Aber die Regentschaft von Papst Alexander liegt sechzig Jahre zurück. Inzwischen sitzt Pius IV. auf dem heiligen Stuhl.« Canisius spreizte seine gelblichen, beringten Finger und zählte. »Der … eins, zwei, drei …, neunte Papst nach Alexander.«
    »Der heilige Stuhl ist gefährlich«, sagte Octavian schmatzend. »Die sterben ja wie die Fliegen. Hoffentlich lebt Pius IV. noch, bis wir angekommen sind.«
    »Und ich hoffe, dass der Unterricht in höfischen Umgangsformen dort auch bei Euch fruchtet, Conte Octavian«, ermahnte ihn Canisius scharf.
    Philipp war es einerlei, ob ein Borgia oder ein Bauer Papst war, Hauptsache, sie zogen weiter. Einzig die Aussicht, bei einem Abstecher nach Venedig Adelaida wiederzusehen, spendete ihm Trost. Sobald er Vaters Spähern entkommen konnte, würde er sie aufsuchen.
     
    Der Alltag im Collegium Germanicum hatte ihn bald im Griff. Beten, Ave Maria, Te deum, Rosenkränze hinauf und hinunter. Morgens um sieben begann der Tag mit der ersten Messe, danach hatten sie Unterricht bis zehn und nach dem Mittagsmahl weiter bis vier Uhr. Sie lasen Aristoteles ›Über die Zeugung der Tiere‹ und ›Über den Himmel‹. Der Physiklehrer hatte von ihrem Vater, dem Alchimisten-Fugger, gehört und erhoffte sich vergeblich bei Philipp bessere Kenntnisse als bei den Mitstudenten. Der Präfekt sammelte am Samstagabend die Beichtzettel ein, aber außer Unzucht mit sich selbst getrieben und sich die Maria ohne Kleider vorgestellt zu haben, stand nicht viel Neuartiges drauf, was dann laut in der Aula vorgelesen wurde. Die Strafen waren

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