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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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er die Waffe auf ihn.
    Für Greta, dachte Viktor wieder, für die zweifelnde, verächtliche Greta. Ich muss es schaffen.
    Er stand kaum mehr fünf Schritte von Konrad entfernt und überbrückte auch das letzte Stück. Seine Gedanken waren wie ausgehöhlt, das Bild vor ihm verschwand, nur das Gesicht seiner Schwester stand ihm deutlich vor Augen, wie sie ihm sagte, er könnte das Gewehr vielleicht halten, aber nicht schießen.
    Muss ich ja nicht, dachte er beinahe trotzig.
    Er hatte auch die Siedler nicht erschießen wollen, ihnen vielmehr Angst einjagen, und er wollte auch Konrad nicht erschießen, sondern rammte ihm lediglich das Gewehr in den Rücken. Konrad zuckte zusammen, und diese Regung schien sich über die Waffe auf Viktors eigenen schmächtigen Körper auszubreiten. Ein Zittern überkam ihn, noch unbändiger als vorhin.
    Seine Hände wurden gefühllos, so fest umklammerte er das Gewehr. »Wenn du die Waffe nicht sinken lässt, bist du tot!«
    Viktors Stimme war nicht lauter als ein Krächzen.
    Im nächsten Augenblick geschah so vieles gleichzeitig, dass Viktor später nicht mehr wusste, in welcher Reihenfolge es passierte. Konrad fuhr herum, und etwas prallte gegen seinen Kopf. Viktor konnte nicht sagen, ob Konrad mit dem Gewehr auf ihn einprügelte oder mit seinen Fäusten. Er duckte sich bebend, und dann sah er plötzlich eine der Waffen auf dem Boden liegen. War es das eigene Gewehr oder das von Konrad?
    Er fühlte die Schläge nicht mehr, sondern blickte auf die Hände, schweißnass, zitternd – und leer. Erneut traf ihn ein Schlag, und diesmal ging er unter der Wucht zu Boden – jedoch nicht als Einziger. Auch Konrad war plötzlich gefallen und schrie aus Leibeskräften. Ehe Viktor verstand, warum und wonach, riss das Schreien ab; nur mehr ein gurgelnder Laut war zu hören.
    Viktor starrte auf Konrad Weber. Er lag auf dem Bauch; sein Gesicht steckte im Schlamm. Er versuchte zwar, den Kopf mit aller Macht zu drehen, aber er konnte nicht verhindern, Dreck zu schlucken. Mit beiden Händen wollte er wild um sich schlagen, doch sie griffen ins Leere. Einer der Steiner-Söhne hockte auf seinem Rücken, die Hand am Nacken, um ihn dort festzuhalten. Ein zweiter hatte sich auf den Kniekehlen niedergelassen, so dass er unfähig war, nach ihnen zu treten. Sie mussten sich in dem Augenblick auf ihn gestürzt und ihm die Waffe aus der Hand geschlagen haben, als er zu Viktor herumgefahren war.
    »Verflucht!«, gurgelte Konrad. Wieder griff er ins Leere, doch seine Hände kamen bedrohlich nahe an Viktors Gesicht heran. Ein Schlammspritzer traf seine Wangen. Plötzlich packte ihn jemand – nicht Konrad, sondern eine Frau. Sie zog ihn hoch, und erst jetzt bemerkte Viktor, dass der Schlamm durch seine Hosen gedrungen war. Alles war nass und klamm. Vielleicht hatte er sich aber auch in die Hose gemacht, das geschah oft, vor allem nachts.
    Nun sah er auch den dritten Sohn der Steiners, Lukas. Er hielt ein Gewehr – Viktors Gewehr, oder vielmehr das seines Vaters. Neben Lukas stand der Tiroler, dessen Namen Viktor nicht kannte, und hielt ebenfalls eine Waffe – die von Konrad.
    Immer noch fühlte er den Griff der Frau. Viktor stand so erstarrt, dass er sich nicht umdrehen konnte, um zu erkennen, wer ihm geholfen hatte. Stimmen riefen durcheinander, und plötzlich flatterten Hühner aufgeregt in ihren Körben und gackerten. Vielleicht gackerten sie gar nicht, sondern lachten – lachten ihn aus, weil er es nicht geschafft hat, auf Konrad zu schießen.
    Das Gackern verstummte, die Stimmen nicht. Konrad stieß weiterhin dreckspuckend die schlimmsten Flüche aus. Fritz Steiner verkündete kalt und klar, dass Konrad sie nicht mehr aufhalten könne. Eine der Frauen lachte und rief, dass er, Konrad, lange auf die Hilfe seines Sohnes warten müsste. Und dann befahl der Tiroler, man solle ihm einen Strick bringen, auf dass er Konrad festbinden könne.
    Zuletzt erklang eine Stimme ganz nah an seinem Ohr; sie war leise und sanft, und er konnte den warmen Atem spüren.
    »Danke, dass du uns gerettet hast.«
    Die Starre fiel von Viktor ab; er fuhr herum, entwand sich den stützenden Händen und erkannte, dass ihn nicht nur eine Frau gehalten hatte, sondern zwei: Christine Steiner und Elisa von Graberg. Er schüttelte sich – vor Unbehagen, vor Furcht und vor Kälte. Seine Haare fühlten sich klebrig an – blutete er, nachdem Konrad ihn getroffen hatte, oder war es nur Schlamm, der da auf seine Kopfhaut sickerte?
    »Ihr

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