Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
verfolgen, auch wenn sie nun fortwährend wiederholte: »Das darfst du nicht tun!«
    »Aber ich muss es tun, verstehst du nicht?«, fuhr er sie an. »Sonst nehmen sie uns nicht mit! Sonst lassen sie uns bei Vater!«
    Er sprach sonst nie so barsch mit ihr.
    Greta senkte ihren Blick. »Wir bleiben zusammen«, sagte sie. »Wir müssen unbedingt zusammenbleiben.«
    »Genau deswegen tue ich das ja. Für dich. Für uns.« Seine Hände zitterten, als er das Gewehr an sich nahm. Er hatte es noch nie berührt, hatte sich bis jetzt nicht einmal in die Nähe der Truhe gewagt, wo es aufbewahrt wurde. Der Vater würde ihn totschlagen, wenn er ihn dabei ertappte, zumal das Gewehr ein Geschenk von Konrad Weber war.
    Der Vater, ansonsten meist verbittert, hatte stolz damit geprahlt. In dieser Wildnis hier wäre das Leben zwar hart, doch es wäre der erste Ort, wo einer anerkennen würde, was in ihm steckte, wo man ihn nicht ständig kleinmachte, im Gegenteil.
    Viktor schloss die Truhe wieder, nachdem er das Gewehr herausgeholt hatte. Von der Bettstatt des Vaters kam lautes Schnarchen – ein Zeichen, dass er tief und fest schlief.
    »Hör mir zu, Greta!« In ihrem Gesicht stand ein zweifelnder Ausdruck, aber zumindest versuchte sie nicht mehr, ihm sein Vorhaben auszureden. »Du bleibst hier und wartest … und dann nach einer Weile … wenn ich alles geregelt habe, dann schleichst du mir nach.«
    Offen blieb, woher sie wissen würde, wann er alles geregelt hatte. Doch das war im Moment das geringste Problem. Als Viktor sich umdrehte, taumelte er unter der Last des Gewehrs.
    »Du weißt doch gar nicht, wie man damit schießt«, sagte sie. Klang sie etwa verächtlich?
    Er packte die Waffe fester, obwohl seine Hände noch stärker zitterten. »Das ist nicht wichtig! Es genügt, wenn ich es gegen sie richte! Dann werden sie es mit der Angst zu tun bekommen, und …«
    Er sprach es nicht aus, aber gewiss wusste sie, was er sagen wollte: Und dann werden sie uns mitnehmen. Dann werden sie uns nicht bei Vater zurücklassen.
    »Wir könnten sie doch auch einfach darum bitten«, schlug sie vor.
    »Ach was!«, zischte er. »Haben sie je einen Gedanken an uns verschwendet? Auch nur einen einzigen? Ich habe sie belauscht … über Wochen habe ich sie belauscht. Und nie sind unsere Namen gefallen. Nie!«
    Schulterzuckend trat Greta zur Seite und gab ihm den Weg nach draußen frei. Er musste all seine Kraft aufwenden, um das Gewehr nicht fallen zu lassen. Jeder einzelne Schritt kostete ihn Überwindung, umso mehr, als ihn das Morgenlicht plötzlich blendete.
    Er lauschte angestrengt. Vorhin hatte er beobachtet, wie die anderen Siedler die Baracke verlassen hatten. Sie hatten versucht, leise zu sein, aber ihm war das Gemurmel nicht entgangen – ganz anders als Konrads Sohn. Auch ihn hatte Viktor die letzten Stunden über beobachtet, und die meiste Zeit war er gekrümmt und stöhnend im Gebüsch gehockt. Jetzt war nichts zu hören, weder von Moritz Weber noch von den Siedlern. Totenstille hatte sich über die Baracken gesenkt – kam er etwa zu spät?
    Doch plötzlich vernahm Viktor eine Stimme, eine altvertraute, bedrohliche. Sie hätte ihn nicht mehr erschrecken können als die seines Vaters. Er zuckte zusammen; seine Hände wurden so feucht, dass das Gewehr ihm zu entgleiten drohte, beinahe knickten seine Beine ein.
    Aber dann dachte er an Greta, an die zweifelnde, etwas verächtliche Greta. Er würde es schaffen – für sie. Er musste es einfach schaffen. Er hielt die Luft an, als er sich heranschlich, inständig hoffend, dass man das Knirschen seiner Schritte nicht hören würde. Dann sah er den Mann, der da mit lauter Stimme sprach. Konrad Weber.
    Anders als er hielt der sein Gewehr sicher und fest in den Händen. Und anders als er wusste er wohl auch, wie man damit schoss.
    »Hier geht niemand weg, wenn ich es nicht erlaube.«
    Viktor sah, dass sich die Frauen ängstlich aneinanderpressten, und trotz der eigenen Furcht musste er unwillkürlich grinsen. Also war er nicht der einzige Feigling.
    Fritz Steiner hingegen war kein Feigling. Stolz stand er vor Konrad Weber. »Wir sind nicht deine Sklaven«, erklärte er mit fester Stimme. »Wir können tun, was uns beliebt!«
    Konrad lachte auf. »Wohin wollt ihr denn gehen? In den Urwald? Ihr werdet euch verirren, ihr werdet elendiglich zugrunde gehen.«
    »Wir haben einen Plan«, entgegnete Fritz fest, »und Sie werden uns nicht davon abhalten.«
    »Werde ich nicht?« Ruckartig richtete

Weitere Kostenlose Bücher