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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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zittrig geriet ihre Stimme gegen Ende hin. Vielleicht glaubte ihr Kopf, was sie sagte, ihr Herz, so war sich Poldi sicher, tat es nicht.
    Das hieß: Natürlich war Taddäus ein guter Mann; niemand konnte daran zweifeln. Aber das reichte nicht, reichte bei weitem nicht, um diese grimmige Gier in Barbara zu entfachen, die sie in seine Arme getrieben hatte.
    Poldi fühlte Stolz in sich aufglimmen, warm und durchdringend, doch er währte nicht lange.
    »Du musst Resa heiraten«, befahl Barbara unvermittelt.
    Er war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte. »Was?«, entfuhr es ihm.
    Sie stand auf, knöpfte die Bluse zu und strich ihren Rock glatt. »Du musst Resa heiraten«, wiederholte sie. »Dann bist du wenigstens mein Schwiegersohn.«
    Hastig ging sie fort. Ihre Schultern zitterten. Poldi konnte nicht erkennen, ob sie fröstelte oder lachte oder weinte. Hatte sie es ernst gemeint? Oder hatte sie gespottet? Über ihn? Über sich selbst?
    Poldi wusste es nicht. Er wusste nur, dass er selbst des Teufels Tochter geheiratet hätte, wenn Barbara es verlangte.
    Er wagte nicht, ihr zu folgen, sondern blieb liegen, bis sämtliche Lust abgeebbt war, sich sein Körper steif und kalt anfühlte.
    Gewiss war es falsch, was sie getan hatten. Doch er war sich sicher, dass er sterben würde, würden sie es nie wieder tun.

22. KAPITEL
    C ornelius hatte erwartet, dass es leichter sein würde, die Siedlung am See zu erreichen. Franz Geisse, so hieß es, hatte drei Wege um und zum Lago de Valdivia bauen lassen wollen: Einer sollte von der Nord- zur Südseite führen, einer von Melipulli nach Puerto Varas, einer von Octay über Cancura nach Osorno. Alles Orte, wo es mittlerweile größere Siedlungen gab.
    Doch nun musste er feststellen, dass Geisses Pläne vorerst gescheitert waren, das Ufer über weite Strecken aus Dickicht und Urwald bestand und man ohne Boot unmöglich sein Ziel erreichen konnte.
    Schließlich hatte Quidel ein solches Boot beschafft und erklärt, wie man die Westseite des Sees am besten ansteuerte.
    »Woher weißt du so gut Bescheid?«
    »Wir können mit einer Axt eben besser umgehen als ihr Deutschen«, erwiderte Quidel. Cornelius brauchte eine Weile, um diese Worte zu deuten. Dann erst verstand er, dass Quidel einst zu den Männern gehört hatte, die Franz Geisse zum Bau der Straße angeheuert hatte – für zwei Reales pro Tag, wie Quidel hinzufügte, und was, wie Cornelius wusste, ein Hungerlohn war. Kein Wunder, dass die Arbeitslust nicht sonderlich groß gewesen war und der Straßenbau schnell wieder eingestellt wurde, obwohl das gewiss jedermann auf die Faulheit der Mapuche geschoben hatte, nicht auf die Dreistigkeit, sie derart auszubeuten.
    Quidel schwieg, nachdem sie das Boot bestiegen hatten, desgleichen, wie er stumm geblieben war, als Cornelius seinen Onkel allein nach Deutschland geschickt hatte und selbst wieder nach Corral zurückgekehrt war.
    Vielleicht hatte das auch sein Gutes. Es fiel Cornelius leichter, mit Zacharias’ schrecklichem Verrat fertig zu werden, wenn er nicht darüber reden musste. Am Hafen noch hatte er das Gefühl gehabt, vor Wut zu ersticken, war mit Fäusten auf den Onkel losgegangen und hätte ihn beinahe ins trübe Wasser des Hafenbeckens gestoßen. Das bleiche, erschrockene Gesicht hatte ihn zurückgehalten, schließlich auch die schuldbewussten Beteuerungen, wie sehr er sich selbst für seine Lüge verachtete, dass er jedoch keinen anderen Ausweg gesehen hätte.
    »Geh mir aus den Augen!«, hatte Cornelius gesagt, und Zacharias war tatsächlich mit hängenden Schultern gegangen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Schon als er ihm nachblickte, spürte Cornelius keinen Hass mehr – nur tiefe Trauer, dass er so viel Zeit verschwendet und viel zu lange auf einen Mann gesetzt hatte, der unfähig war, für sein Leben Verantwortung zu übernehmen.
    Seitdem versuchte er, nicht mehr an den Onkel zu denken. Vielmehr setzte er alles daran, ein wenig Geld zusammenzusparen, um nicht bettelarm vor Elisa treten zu müssen.
    »Ich werde dir helfen«, hatte Quidel ernsthaft versprochen, als er endlich genug beisammen hatte.
    Cornelius war sich nicht ganz sicher, wie weit dieses Versprechen reichte. Nur für den Weg bis zu der Siedlung oder auch dafür, sich dort eine eigene Existenz aufzubauen?
    Sie wechselten sich mit dem Rudern ab, und obwohl Cornelius körperliche Arbeit gewohnt war, schmerzten bald seine Schultern. Es war ihm gleich, und ebenso wenig kümmerte es ihn, als

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