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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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überwinden, mit Resa zu schäkern.
    Rasch ging er fort, um nichts mehr von der Musik, dem Stimmengewirr, dem Gelächter hören zu müssen. Nach wenigen Schritten erkannte er jedoch, dass er nicht der Einzige war, den die Feierlaune nicht mitreißen konnte und der von einer Welt, in der sich jeder amüsierte, ausgestoßen war.
    Christl und Fritz saßen vor der Scheune auf einem Holzstoß und starrten so mürrisch vor sich hin, als stünde morgen eine Beerdigung und nicht die Hochzeit ihres Bruders an.
    »Was treibt ihr denn hier?«, rief er ihnen zu.
    Fritz blickte hoch, und der Missmut schnitt noch tiefere Falten in seine Stirn. »Du hast getrunken.«
    Schnell versuchte Poldi, den Krug unter seinem Hemd zu verbergen, doch es war zu spät. Ehe das Fest begonnen hatte, hatte er heimlich etwas von Annelies Apfelwein mitgehen lassen und die Hälfte davon förmlich in sich hineingeschüttet.
    »Was geht’s dich an?«, gab er trotzig zurück.
    Fritz schüttelte den Kopf. »So ist das also: Wenn ihr mich gerade nicht braucht, soll ich gefälligst den Mund halten. Ansonsten aber bin ich der Dumme, der für alle zu schuften hat und bei dem man sich nicht einmal dafür bedankt.«
    Der nörgelnde Tonfall klang vertraut, nicht jedoch der gekränkte.
    Poldi ließ sich schwer auf den Holzstoß fallen. Einige Scheite fielen herab.
    »He!«, rief Christl empört.
    »Wenn du mit deinem Leben nicht zufrieden bist, solltest du mich nicht maßregeln, sondern dich lieber selbst besaufen«, knurrte Poldi.
    Fritz verschränkte seine Arme vor der Brust und lehnte seinen Kopf gegen die Holzwand der Scheune. »Weggehen sollte ich«, sagte er leise.
    Poldi war sich nicht sicher, ob er ihn richtig verstanden hatte. Er warf Christl einen fragenden Blick zu, um zu sehen, wie sie die Worte des Bruders aufnahm, doch sie war viel zu sehr mit ihrem eigenen Kummer beschäftigt, um darauf zu achten.
    »Was redest du denn da?«, fragte Poldi schließlich.
    Kurz machte Fritz den Anschein, als würde er ins Schweigen verfallen, doch dann murmelte er unwillkürlich vor sich hin. »Ich hätte es besser treffen können … besser als ihr alle. Damals in Stuttgart, als ich immer in den Zoo gegangen bin, jeden Sonntag, zwei Stunden hin und zwei Stunden zurück, da hat mich einmal ein gelehrter Mann angesprochen. Er trug einen schwarzen Frack, ich glaube, er war ein Doktor, der an der Universität gelehrt hat. Und wisst ihr, was er zu mir gesagt hat?«
    Er wartete nicht ab, dass seine Geschwister antworteten. »Dass ich begabt sei, hat er gesagt, dass nur ein kluger Kopf sich so ein umfangreiches Wissen über Tiere und Pflanzen aneignen könne und dass er mir gerne helfen wolle, dieses Wissen zu erweitern.«
    »Und dann?«, fragte Poldi, während Christl immer noch in sich versunken dasaß.
    »Nichts dann!«, fauchte Fritz. »Nach Chile auswandern hieß es – und ich hätte euch doch nicht allein gehen lassen können. Mutter und Vater brauchten mich schließlich! Sie setzten auf mich! Doch nie … niemals hat Mutter etwas Gutes zu mir gesagt. Sie hat immer nur Augen für dich – und jetzt ausnahmsweise auch für Lukas, aber nur, weil er Elisa heiratet.«
    Mit einem Ruck fuhr Christl auf.
    »Elisa, die ja so viel tüchtiger ist als ich!«, rief sie dazwischen. Fritz’ Elend schien sie wenig zu bekümmern, aber die Erwähnung der künftigen Schwägerin säte Bitterkeit. »Und die jetzt das schönste Kleid kriegt!«
    Poldi erhob sich, ihm schwindelte. Er wusste nicht, ob es an dem Apfelwein lag oder an den giftigen Worten der Geschwister. »Jetzt fang nicht schon wieder mit Elisas Kleid an«, schimpfte er. »Sie heiratet morgen. Wenn du heiraten würdest …«
    »Und wen soll ich heiraten?«, unterbrach Christl ihn scharf. »Etwa Viktor? Viktor ist völlig verrückt, ihr könnt euch das gar nicht vorstellen, was er zu mir gesagt hat!«
    »Das klang vor kurzem noch ganz anders. Da konnte ein jeder sehen, dass du ihm schöne Augen gemacht hast.«
    »Ach was!«, rief sie. »Leid hat er mir getan, weil er keine Eltern hat, nur diese dürre Schwester. Doch die beiden, das sage ich euch, haben einander verdient. Sie sind nicht normal. Nichts bringt mich jemals wieder in die Nähe von diesen Wahnsinnigen!«
    So wie sie vorhin Fritz’ Worte ignoriert hatte, starrte auch dieser trüb an ihr vorbei.
    Poldi lachte spöttisch.
    »Dann nimm doch den Andreas Glöckner«, schlug er vor. »Der kommt auch bald in ein Alter, da er eine Frau braucht.«
    »Ach ja?«,

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