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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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falsch es ist! Elisa … Elisa, ich kann mir bis heute nicht verzeihen, dass ich dein Lebensglück zerstört habe.« Sie trat noch näher und setzte sich ihr gegenüber.
    »Aber das hast du nicht«, erklärte Elisa schnell. »Einst habe ich geglaubt, dass Cornelius und ich füreinander bestimmt wären. Doch wenn er mich wirklich geliebt hätte, warum hat er dann Greta geschwängert und sie geheiratet? Weißt du, Annelie, eigentlich muss ich dir dankbar sein, dass ich damals Lukas genommen habe.«
    Elisa kniff die Lippen zusammen. Obwohl sie nie an Annelies Verschwiegenheit gezweifelt hatte, rührte sie nur ungern an dem Geheimnis, dass Manuel Cornelius’ Sohn war und nicht der ihres Ehemannes. In den ersten Jahren nach seiner Geburt war sie vor Angst vergangen, jemand könne eine Ähnlichkeit wahrnehmen. Am liebsten hätte sie Manuel gar nicht unter die Leute gelassen, doch er war neugierig, suchte die Nähe der anderen und lachte jedes Mal glucksend, wenn er der gleichaltrigen Emilia begegnete. Irgendwann musste sie sich wenigstens keine Sorgen mehr machen, dass jemand die Wahrheit herausfinden würde. Manuel kam mit dem ungebärdigen, rot-braunen Haar ganz nach ihr – wohingegen Emilia die blonden, feinen Strähnen der Mutter geerbt hatte. Weder das eine noch das andere Kind hatte etwas mit Cornelius gemein.
    »Ganz gleich, was zwischen dir und Cornelius vorgefallen ist«, sagte Annelie, »mit Manuel und Emilia hat es nichts zu tun.«
    »Natürlich hat es das! Weißt du, was Manuel mir gerade gesagt hat? Dass er Emilia liebt! Und dass er sie heiraten will!«
    Annelie verzog ihre Stirn sorgenvoll. »Er weiß nicht, dass er Cornelius’ Sohn ist. Kein Wunder, dass er …«
    »Ich werde es ihm einfach verbieten«, unterbrach Elisa sie scharf. »Vor allem ist er nämlich mein Sohn!«
    »Aber er hat seinen eigenen Kopf!«
    »Pah!«, stieß Elisa aus. »Er hat doch keine Ahnung vom Leben. Er hat nie gehungert wie seine Brüder.«
    »Und das willst du ihm zum Vorwurf machen?«
    »Gott bewahre! Aber er sollte dankbar sein, dass es uns so gut geht! Er soll es nicht für selbstverständlich hinnehmen, dass der Boden so fruchtbar ist und schon seit zwanzig Jahren kein Düngemittel braucht und dass das Gras so saftig ist, um das Milchvieh vorzüglich zu nähren!«
    »Es geht hier nicht um seine Dankbarkeit«, entgegnete Annelie. »Manuel ist sich gewiss im Klaren, was wir geleistet haben. Aber das hat nichts mit seiner Liebe für Emilia zu tun. Das Band zwischen ihnen ist eng. Du kannst es nicht einfach zerschneiden, ohne zu erklären, was dich antreibt und warum!«
    »Ich will es nicht zerschneiden!«, wehrte sich Elisa. »Sie können sich meinetwegen so nahestehen wie Geschwister. Weil sie das sind, auch wenn sie es nicht wissen! Aber sie können unmöglich Mann und Frau werden.«
    »Ja«, sagte Annelie, »ja, ich weiß das. Aber die beiden wissen es eben nicht. Ich verstehe, dass du ihnen die Wahrheit nicht anvertrauen willst. Doch schlichte Verbote werden nicht helfen. Du … du solltest wenigstens mit Cornelius reden.«
    Elisa wollte rüde zu einer Entgegnung ansetzen, doch dann biss sie sich auf die Lippen. Sie blickte auf ihre erdigen Hände, dann verstohlen zur Kleidertruhe. Jenes Kleid, das sie damals auf dem Heuboden getragen hatte, war darin aufbewahrt. Nie wieder hatte sie es seitdem angezogen, hatte nur hin und wieder die Truhe geöffnet und daran gerochen.
    Mittlerweile war weder der Duft von Heu noch von ihr, noch von Cornelius daran haften geblieben, aber wenn sie es danach wieder in der Truhe verschloss, hatte sie das Gefühl, sämtliche Türen zur Vergangenheit mühelos abriegeln zu können.
    »Ich … ich kann es ihm nicht sagen«, brach es aus ihr hervor.
    Annelie seufzte. »Du musst ihm nicht gleich alles anvertrauen«, meinte sie. »Aber du solltest herausfinden, was er darüber denkt, dass Manuel um Emilia wirbt.«
    Elisa wandte den Kopf ab. Sie wusste, dass Annelie recht hatte, doch der Trotz hielt sie davon ab, ihr zuzustimmen – jener Trotz, der den Schmerz all die Jahre im Zaum halten konnte.
    »Ich werde darüber nachdenken, ob ich mit ihm rede … und worüber«, war das einzige Zugeständnis, das sie sich abringen konnte.

37. KAPITEL
    D rei Tage später ging Elisa am sanft gekräuselten Llanquihue-See auf und ab. Der Anblick des Osorno gab ihr nach all den Jahren immer noch Kraft; der weiße Kegel, mal stolz in die Sonne gereckt, mal geheimnisvoll hinter dichten Wolken und Nebelschwaden

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