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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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schwer, obwohl es unbequem war, da sie gemeinsam nur ein Pferd, nämlich das von Manuel, hatten. Doch die vielen fremden Menschen, denen sie im Laufe der Reise begegneten, setzten ihr zu.
    Ihr Leben lang war sie meist nur von vertrauten Gesichtern umgeben gewesen. Selten waren Fremde zu ihrer Siedlung gekommen, und wenn ihr Vater sie manchmal nach Osorno oder Valdivia mitgenommen hatte, hatte dieses zweifellos große Abenteuer stets nur wenige Stunden gewährt. In den darauffolgenden Tagen hatte sie pausenlos darüber geredet, um der vielen Eindrücke Herr zu werden. Doch nun prasselten viel zu viele auf sie ein, um darüber zu sprechen, und diesmal war auch ihr Vater nicht dabei, der überall Menschen kannte und ihre Sprache verstand.
    Jule und Christine hatten oft gestritten, ob die Kinder Spanisch lernen sollten oder nicht; Christine hatte sich der fremden Sprache stets verweigert, Jule dagegen hatte sich selbst etliche Brocken beigebracht und sie auch die Kinder gelehrt. Dieser Teil des Unterrichts hatte Emilia eigentlich immer Spaß gemacht – vor allem, weil sie sich mit diesem Wissen über die Älteren lustig machen konnten. An einem verregneten Tag war sie mit Manuel zu Andreas Glöckner gegangen und hatte laut verkündet: »Hace tiempo mucho male« – woraufhin, zu ihrer beider Vergnügen, Andreas Glöckner schnaubte: »Muscheln mahlen, das fehlte noch.«
    Wenn sie nun freilich Spanier begegneten, so verstanden sie kaum mehr als »sí« oder »bueno« und schließlich noch ein drittes, ziemlich böses Wort. Es traf sie an einem Abend, da sie in einer Herberge unterkommen wollten, die von einem Ehepaar bewirtet wurde: Der Mann trug einen bunten Poncho, blickte gutmütig drein und hatte eine Pfeife zwischen seinen bläulichen Lippen stecken. Der Blick der Frau jedoch blieb giftig, selbst, als Manuel seinen Geldbeutel zückte, und das Einzige, was sie zischte, ehe sie ihnen die Tür wies, war: »Huinca«.
    Emilia wusste, dass mit dem Wort nicht nur Weiße und Fremde, sondern – wenn Chilenen es verächtlich ausspuckten – Betrüger gemeint waren.
    Derart behandelt zu werden und schließlich im Pferdestall nächtigen zu müssen, hatte sie tief getroffen. Es war auf dem ersten Teil der Wegstrecke passiert, kurz nach Valdivia, und schon dort hatte sie das Gefühl gehabt, endlos unterwegs und völlig erschöpft zu sein. Dabei wusste sie, dass es noch viel, viel länger dauern würde, bis sie Valparaíso erreichten – jene große Stadt nicht weit von Santiago entfernt, deren Hafen in den letzten Jahren zum bedeutendsten Südamerikas geworden war, weil von dort das Kupfer aus dem Norden exportiert wurde.
    Zumindest hatte Manuel das behauptet. Er hatte auch gesagt, dass ihnen von Valparaíso aus die Welt offenstünde: Regelmäßig fuhren Schiffe voller Holz nach Peru. Ebenso leicht ließe sich von dort Atacama und Antofagasta erreichen, wo Salpeter abgebaut wurde, aus dem man Handelsdünger und Dynamit herstellte. »Stell dir vor!«, hatte er gerufen und dabei begeistert geklungen. »In der Salpeterwüste fällt oft sieben Jahre lang kein Regen!«
    In der Heimat hatten Emilia solche Geschichten fasziniert – nun setzte ihr allein die Vorstellung von einem solch heißen, trockenen, öden Land zu.
    »Aber ich will nicht in die Wüste! Ich will nach Deutschland!«, rief sie trotzig.
    »Das entscheiden wir, wenn wir erst in Valparaíso sind«, beschwichtigte Manuel sie. »Es gibt dort auch Schiffe, die nach Hamburg und Bremen fahren.«
    Fortan schwiegen sie über ihre Zukunftspläne. Zu Emilias Erleichterung hatten sie auf dem größten Teil der Wegstrecke Begleiter. Nicht lange nach Valdivia stießen sie auf eine Familie, die Manuel kannte – Händler aus dem Seengebiet, die Erzeugnisse der dortigen Bauern, Schlächtereien und Brauereien nach Valparaíso führten: Fleisch, Bier, Getreide, desgleichen einige Ladungen Holz. Sie schlossen sich ihnen an, und Emilia hörte sie stundenlang von den wichtigen Absatzgebieten in Nordchile faseln, doch irgendwann stellte sie sich einfach taub.
    Wenn wir nur endlich Valparaíso erreichten, dachte sie, und dann nach Deutschland weiterführen …
    Sie wusste, dass die Reise, die ihre Eltern einst von Europa nach Südamerika geführt hatte, monatelang gedauert hatte – und dennoch: in ihrer Phantasie lag Deutschland direkt hinter Valparaíso, und in Deutschland gab es alles im Überfluss. Jeder würde ihre Sprache verstehen. Man würde sie nicht neugierig anstarren und

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