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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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schmeckte es metallisch. Sie hätte so gern die wirren Haare aus dem Gesicht geschüttelt, aber sie klebten an Schläfen und Wangen fest.
    Langsam ließ das Rauschen nach. Wild gingen Stimmen durcheinander – die des einen Mannes und die einiger weiterer. Sie redeten spanisch, aber sie glaubte, einzelne Worte zu verstehen. Immer wieder war von Schiffen die Rede.
    Sollte sie auf ein solches verschleppt werden? Aber warum?
    Und dann, dann wurden Matrosen erwähnt.
    Wieder folgten einige Worte, die sie nicht übersetzen konnte, aber nach weiteren Sätzen reifte langsam Begreifen.
    Matrosen … ausgehungerte Männer … Pesos, muchos Pesos … für Frauen wie sie könnte man viel verlangen …
    Das dreckige Lachen tat ihr in den Ohren weh.
    Panisch riss sie an den Fesseln, woraufhin sich der harte Hanfstrick in ihre Handgelenke biss.
    Sie war sich nun sicher, wohin sie geraten war. Eigentlich durfte sie gar nicht wissen, dass es solche Orte überhaupt gab. Ihre Mutter hatte ihr nie davon erzählt, ihr Vater auch nicht, aber Jule hatte dergleichen einmal erwähnt. Sie hatte den Töchtern der Siedler oft eingebleut, dass sich jede Frau am besten selbst durchbringen sollte. Zugleich hatte sie bedauert, dass es für Frauen leider kaum Möglichkeiten gebe, auf anständige Weise ihr Geld zu verdienen. Man gewähre ihnen kein eigenes Land, man ließe sie nicht studieren … nur fürs Bordell, ja fürs Bordell taugten sie.
    Irgendeines der Kinder hatte daraufhin gefragt, was ein Bordell sei, und Jule hatte freimütig von Hamburg erzählt und von den Frauen, die sich dort an die Matrosen verkauften, wenn diese nach ihren langen Reisen endlich Landgang bekämen.
    »Mein Gott!«, stöhnte Emilia.
    Einer der Männer beugte sich grinsend über sie. Es war der, der Manuel und ihr am Hafen seine Hilfe angetragen hatte. Wahrscheinlich hatte er sie lange genug beobachtet, um herauszufinden, dass sie ganz allein unterwegs waren und dass folglich niemand da war, um sie jetzt zu suchen und sie zu befreien.
    »Wehr dich nur, Mädchen«, sagte er auf Deutsch. »Aber du wirst schon noch mürbe werden, wenn erst der Hunger kommt!«
    Hatte sie ihn richtig verstanden? War das der Plan – sie auszuhungern, bis sie ihm zu Willen war, ihm und zahlreichen anderen?
    Emilia traten Tränen in die Augen, als abermals spöttisches Gelächter folgte. Sie hatte das Gefühl, diesen Ton nie wieder aus ihren Ohren verbannen zu können.

40. KAPITEL
    E lisa war nie gerne geritten, doch nun musste sie so lange wie nie zuvor reiten. Sie fühlte sich in vertrauter Umgebung am wohlsten, doch nun musste sie diese so weit hinter sich lassen wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Bis Valdivia kannte sie das Land, aber dahinter erwartete sie die Fremde. Sie hatte stets gewusst, dass Chile nahezu riesig war – schließlich konnte sie sich noch erinnern, wie lange sie einst an der Küste gesegelt waren, nachdem sie die Magellanstraße durchquert hatten –, aber dass sich nun Tag an Tag reihte, ohne dass sie das Ziel ihrer Reise erreichten, zermürbte sie.
    Ich werde alt, ging es ihr durch den Kopf, und die fehlende Zähigkeit und Kraft ärgerten sie fast noch mehr als die Tatsache, dass sie die Reise überhaupt hatte antreten müssen.
    Wer daran die Hauptschuld trug, konnte sie nicht wirklich entscheiden. Manchmal zürnte sie Manuel am meisten, dann Emilia, dann wiederum Cornelius.
    Ihm war allerdings zu verdanken, dass sie überhaupt wussten, wohin Emilia und Manuel aufgebrochen waren. In Valdivia hatte er sämtliche Geschäftspartner befragt und schließlich von einem Handelszug nach Valparaíso erfahren, dem sich die beiden angeschlossen hatten.
    So dankbar sie ihm dafür auch war – dass sie nun schon an die zwei Wochen stets zusammen waren, war für sie beide quälend.
    Elisa begegnete ihm nach ihrem Streit wortkarg und stolz und konnte sich dennoch nicht verkneifen, ihn manchmal vorsichtig von der Seite zu mustern. Dass sie auf ihn angewiesen war, weil er die Route kannte und obendrein – ganz anders als sie – flüssig Spanisch mit den Chilenen sprach, beschämte sie. Und zugleich machte es sie traurig, dass sie ihn nicht einfach darum bitten konnte, mit ihr die fremde Sprache zu üben, ihr zu erzählen, wie und wo er es gelernt hatte, was er auf früheren Handelsreisen erlebt hatte und ob diese ihm Glück schenkten oder nur eine Möglichkeit der Flucht. Vor wem aber zu fliehen? Vor Greta? Oder gar vor ihr?
    Sie verschanzte sich hinter Schweigen und

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