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Im Land der Freien

Im Land der Freien

Titel: Im Land der Freien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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Einmalige in jedem erblickt, der hat es geschafft, der ist vor jedem Versinken in schwarzen Absurdismus sicher.
    Am nächsten Morgen muss ich im hoteleigenen Pink Pony zum Frühstück antreten. Ein eherner Prüfstein, der Herr muss mir beistehen: Halbnackte Männeroberkörper in ärmellosen Unterhemden, Ehegattinnen mit Tätowierungen auf schwammigen Oberschenkeln und Kinderscharen, die hart und diszipliniert daran arbeiten, so uferlos fett zu werden wie Pa und Mom , bevölkern das rosarote Restaurant. Meine Augen klammern sich an die bildhübsche und heitere (wie macht die das?) Bedienung, die auf den sagenhaft schönen Namen Maria hört. Der Klang dieser fünf Buchstaben und der Anblick des schönen Menschen stärken.
    Ich traue mich hinaus. Es beginnt durchaus positiv. Vor dem Frontier Casino wird seit sechs Jahren gestreikt, der längste Lohnkampf in der Geschichte amerikanischer Gewerkschaften. Schon 72 Monate lang stehen die gefeuerten, sich tapfer abwechselnden Angestellten mit Poster und Megafon vor dem Etablissement, machen Stimmung und erzählen den vorbeikommenden Touristen, dass es sich hier um ein Ausbeuter-Unternehmen handelt. Seit kurzem mit Erfolg: Das Geschäft ging runter, die Besitzerin hat verkauft, der zukünftige Eigentümer unterschrieb bereits alle ausstehenden Arbeitsverträge. Sobald er eine gambling license bekommt, wird neu eröffnet und der Streik offiziell eingestellt.
    Im Übrigen, so höre ich von Rock, einem der zähesten Langstrecken-Demonstranten, sei die Casino-Mafia aus Las Vegas verschwunden, habe seit langem auf den lukrativeren Drogenhandel in anderen Gegenden des Landes umgeschult.
    Dafür ist David Copperfield unter uns. Er könnte diese Stadt erfunden haben oder, noch einleuchtender: Sie hat ihn entworfen, hier wurde er geklont, denn so vieles an ihm scheint erfunden. Sogar seine Wimpern sind synthetisch. Im Berufsleben zaubert er als Magier genial virtuelle Wirklichkeiten. Und für sein Privatleben zauberte er eine Lovestory: mit Deutschlands höchstbezahlter Prinzessin Erbsenhirn, Claudia Schiffer.
    Beide haben sich – vertraglich sauber geregelt – verpflichtet, ein gemeinsames Liebesleben aufzuführen. Ziel des »Traumpaars« – beide sehen aus, als wären sie als Retortenbabies der internationalen Kosmetikindustrie zur Welt gekommen – ist ein zweifaches: Der Name Schiffer soll dem Wimpernträger Copperfield dazu verhelfen, in Europa groß herauszukommen. Als Gegenleistung will der hochbegabte Zauberlehrling versuchen, Ruf und Ruhm von » Glooodia « in den Staaten zu vermehren. Denn hier regiert ein anderes schlichtes und märchenreiches Menschenkind, Cindy Crawford.
    Ich erinnere mich eines Gesprächs mit Karl Lagerfeld, in dessen Verlauf ich ihn bat, zu dieser weltweit propagierten Hanswurstiade Stellung zu nehmen. Und Kaiser Karl, todernst: »Aber nein, Sie irren sich. Das ist Liebe. Als die beiden bei mir wohnten, haben sie in einem Schlafzimmer übernachtet.« Ach, Meister, die Antwort hat was Rührendes.
    Las Vegas und ich, wir scheitern aneinander. Hass auf den ersten Blick. Hier gelingt mir nichts, ich bin linkisch wie ein Mann beim Anblick einer weinenden Frau. Jede Bewegung führt in die falsche Richtung. Sogar der Wunsch, Post aufzugeben, misslingt. Ich finde keinen Briefkasten. Vielleicht wäre es energiesparender, wenn ich die zwei Kuverts in die nächste Stadt transportierte. Oder es erledigte wie in Afrika, wo Busfahrer die mitgegebene Korrespondenz in jedem größeren Dorf aus dem Fenster werfen. Damit derjenige, der lesen kann, sie an die Adressaten weitergibt.
    Selbst Telefonieren geht daneben. Ich will bei Greyhound anrufen, um den Fahrplan des nächsten Tages zu erfahren. Ich wähle die Nummer und höre als erstes einen Werbespruch zum Thema Hausratversicherung. Andere Versicherungen folgen. Ich komme nicht durch, begreife nur, dass Unternehmer immer häufiger Werbeschleifen einspielen, um die Unkosten ihrer 0800-Nummer zu finanzieren. Die andere Nummer, mit einem quarter vom Anrufer zu bezahlen, ist gnadenlos durchgehend besetzt. Nach zwanzig Minuten verlassen mich die Nerven, jetzt sind die kostenlosen fun books an der Reihe, die verschiedene Hotels vor Ort verschenken. Ich will die Abfahrt meines Busses erfahren und werde mit schrillen Hinweisen auf ein fun book gefoltert. Ich will jetzt keinen Spaß, ich will eine menschliche Stimme, die mein kleines Bedürfnis zur Kenntnis nimmt und darauf eingeht. Erschöpft hänge ich ein und mache mich

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