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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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wirkte abwesend, als ob er etwas sah, das den anderen verborgen blieb. »Denk an unseren Wasserfall«, flüsterte er und lächelte Margarete an. »Ich habe dich immer geliebt. Erzähl unserem …« Sein Atem wurde schwächer und schwächer. Elise zerbiss sich die Unterlippe, um nicht laut aufzuschreien. Wie konnte das Schicksal nur so grausam sein?
    »Nein! Nein! Nein!« Margarete bedeckte Juans Gesicht mit Küssen. Unter lautem Schluchzen wiederholte sie immer wieder seinen Namen, als ob ihm ein Zauber innelag, der alles ungeschehen machen würde. Sie griff nach seiner Hand, hielt sie umklammert. »Nein! Nein! Nein! Verlass mich nicht. Bitte!«
    Robert, Georg und Elise sahen sich an, unfähig sich zu bewegen. Elise weinte still vor sich hin und auch Georg kämpfte mit den Tränen. Selbst Robert, der Juan kaum gekannt hatte, war zutiefst betroffen. Er trat neben Margarete und legte ihr seine Hand auf die Schulter. Ihr Gesicht war starr wie eine Maske. Nur ihre Tränen zogen unaufhörlich neue Bahnen in ihrem von Asche bedeckten Gesicht.
    »Margarete. Es … es tut mir leid.« Sanft streichelte Robert ihre Schulter. Voller Zuneigung und Mitgefühl. »Wir … wir müssen weiter. Der Santa María …«
    »Ich weiß.« Sie beugte sich zu Juan hinab. Hauchte einenKuss auf seine Lippen, legte seinen Kopf vorsichtig ins Gras. »Ich weiß.«
    Nachdem sie aufgestanden war, gingen Elise und Georg auf sie zu und drückten ihr die Hand.
    »Ich weiß nicht … Es tut mir …« Elise suchte nach Worten und bedauerte, dass sie nicht in der Lage war, ihr Mitgefühl angemessen zum Ausdruck zu bringen.
    Margarete nickte zu allem und schien durch sie hindurchzusehen. Immer wieder glitt ihr Blick zu Juan. »Wir … wir müssen Juan nach Hause bringen«, sagte sie schließlich. Ihr Gesicht sah wie versteinert aus, ihre Stimme klang tonlos. Gleichzeitig wirkte sie, als würde sie nicht mit sich reden lassen. So hatte Elise sie noch nicht erlebt. »Ich lasse ihn nicht hier zurück.«
    »Aber …« Georg schluckte. Ihm fiel es sichtlich schwer, Margarete etwas entgegenzuhalten. »Aber so ein Ritt dauert Tage.«
    »Das ist mir bewusst.« Margarete klang ruhig und bestimmt. Sie würde sich gewiss nicht von ihrem Vorhaben abbringen lassen. »Wir müssen eine Ölhaut oder etwas Ähnliches finden und …« Ihre Stimme stockte. Sie kämpfte sichtlich mit den Tränen. Nach einem Augenblick des Schweigens fuhr sie mit klarer Stimme fort: »Wir werden Juan fest einwickeln und seine … ihn mit Kiefernzweigen bedecken. Gegen den Geruch.«
    Elise schauderte. Gleichzeitig bewunderte sie Margaretes Stärke und Fähigkeit, selbst in dieser schmerzvollen Situation vorausschauend zu planen. Der Gedanke jedoch, mit einem verwesenden Leichnam für viele Tage durch den Regenwald zu reisen, schnürte ihr die Kehle zu. Aber konnten sie Margarete und Juan diesen letzten Dienst verwehren?

54
    Das Maultier bäumte sich auf und stieß ein durchdringendes Wiehern aus. Elise wäre beinahe von seinem Rücken gefallen. Trotz der Medizin fühlte sie sich immer noch ziemlich geschwächt, nur die Angst verlieh ihr die Stärke weiterzureiten.
    Nebel. Wie konnte es sein, dass sich hier Nebel bildete, fragte sie sich, bis sie erkannte, dass der weiße Schleier, der sich vor ihnen ausbreitete und Menschen und Tiere wie Schemen erscheinen ließ, kein Nebel war, sondern feinste Asche.
    Sie wähnte sich in einem anderen Land, nein, in einer anderen Jahreszeit. Die Wälder und Kaffeeplantagen, an denen sie vorbeikamen, sahen aus, als ob sich Frost auf sie gelegt hatte. Die grau-weiße Asche hatte sich als schwere Last auf Bäumen und Kaffeepflanzen niedergelassen, einzelne Zweige abgerissen und Blätter abfallen lassen. Am schlimmsten war die drückende Stille, die sich über der zerstörten Landschaft ausbreitete.
    Tot.
    Das Land wirkte wie tot.
    »Was wird mit den Menschen?« Elises Stimme klang dumpf von der Asche, die alles und jeden einhüllte und ihr den Atem raubte. »Den Tieren? Den Pflanzen? Wird hier je wieder etwas leben?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Georg erschüttert. SeinGesicht, seine Haare, seine Kleidung, alles war bleigrau. Dennoch erschien es Elise wie das anziehendste Gesicht, das sie je gesehen hatte. Ihr Herz pochte schneller, wenn sie ihn sah, und sie fragte sich, ob er auch so empfand. »Aber schau.«
    Georg deutete auf einen Zweig, an dem ein zarter grüner Trieb überlebt hatte. Elise starrte das winzige Zeichen von Leben an und spürte

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