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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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furchtbaren Explosion führen würde? Elise verwünschte es, dass sie einen der Matrosen über die Funktionsweise des Schiffes ausgefragt und sich vor allem nach den Gefahren erkundigt hatte. Der Mann hatte freundlich geantwortet und laut gelacht, als sie ihn nach einer möglichen Explosion des Kessels gefragt hatte.
    Typisch für Erwachsene. Niemals nahmen sie Elises Sorgen ernst, sondern gingen mit einem freundlichen Lächeln oder einem besserwisserischen Kopfnicken darüber hinweg. Gern hätte Elise dem Mann gesagt, dass sie sich sehr wohl informiert hatte, dass sie Bücher gewälzt hatte und nurabschließend seine Einschätzung als Fachmann wünschte. Sicher hätte er sie ausgelacht und seinen Kameraden von dem seltsamen Mädchen erzählt. Also hatte sie sich freundlich bedankt und war in ihre Kajüte geeilt, um zu überprüfen, wie weit es von dort zu den Rettungsbooten war. Winzig klein erschienen ihr diese. Wie sollten die Schaluppen nur auf dem riesigen Meer Schutz und Sicherheit bieten?
    »Lise.« Ihr Vater hatte sie angelächelt und von seinem Buch aufgesehen, in das er Reiseberichte schrieb oder Forschungsergebnisse eintrug. Die Brille saß viel zu tief auf seiner Nase und ließ ihn aussehen wie einen zerstreuten Professor. »Lise. Schiffsreisen sind sicher. Glaube mir.«
    Ihre Mutter hatte sie gar nicht erst fragen wollen. Henni Hohermuth schien sich niemals zu ängstigen. Schon oft hatte Elise gedacht, dass sie als Säugling bestimmt vertauscht worden war. Anders ließ sich beim besten Willen nicht erklären, dass zwei Menschen, die sich von einem Abenteuer ins nächste stürzten wie ihre Eltern, eine Tochter bekommen hatten, die Gefahren nur in Büchern erleben wollte. In der Sicherheit ihres Bettes oder im Haus der Großeltern vor dem Kamin, in dem ein Feuer freundlich knisterte.
    Stattdessen befand sich Elise nun auf der San Nicolas auf dem Weg nach Südamerika. Nein, Mittelamerika, um genau zu sein. Guatemala. Das Land der Maya und des ewigen Frühlings. Ein Land, das Abenteurer anzog wie Honig die Bienen. Abenteurer und Forscher wie ihre Eltern. Warum konnten ihr Vater und ihre Mutter nicht sein wie andere Eltern und langweilige Berufe haben? Warum mussten ausgerechnet ihre Eltern von einem Ort zum nächsten ziehen, um den Spuren längst ausgestorbener Völker zu folgen?
    Nun waren sie schon einige Tage auf See. Elises Magenhatte sich an das Auf und Ab des Schiffes gewöhnt, aber die Sorgen waren geblieben. Schwankte das Schiff nicht zu sehr, hin und her geworfen von den Wellen wie ein Spielzeug? Elise schloss die Augen und versuchte, ruhig ein- und auszuatmen, doch die Angst legte sich wie eine dunkle Decke auf sie und drohte, sie zu ersticken. Hastig stand sie auf, die Augen weit aufgerissen. Sie setzte sich ans Bullauge, lehnte die Stirn gegen die angenehme Kühle des Glases und versuchte, in der sternenklaren Nacht etwas zu erkennen.
    Welche Gefahren lauerten in der unendlichen Tiefe unter dem Bauch des Dampfschiffes auf sie? Gefährliche Wesen, die nur darauf warteten, dass sie Schiffbruch erlitten und Elise und alle anderen Passagiere ihre Beute wurden! Haie. Riesenkraken …
    Schlimmer noch als die Ängste, die sie in den einsamen Nächten überfielen, war die Gewissheit, dass sie sich ihren Sorgen allein stellen musste. Ihr Vater war zu sehr in seinen Reiseplanungen versunken und ihre Mutter …
    »Sei nicht albern, Kleines!« Spott hatte in Henni Hohermuths Blick gelegen, mit dem sie ihre sechzehnjährige Tochter gemustert hatte. » Octopodidae greifen keine Schiffe an. Sie sind viel zu klein.«
    Elise hatte genickt und sich abwenden wollen, in der Gewissheit, dass ihre Mutter sie niemals verstehen würde. Doch Henni Hohermuth war noch nicht fertig. »Wenn überhaupt, dann könnte es ein Riesenkalmar sein, ein Architeuthis. Angeblich hat man Exemplare gesichtet, die mehr als vier Meter lang waren.«
    Elise war bleich geworden und hatte sich setzen müssen. Die Grauen der Tiefsee waren ja noch viel, viel schlimmer, als sie es sich bisher ausgemalt hatte. Ihre Mutter hatte denKopf geschüttelt. »Hast du etwa wieder Jules Verne gelesen?«
    Elise war rot angelaufen und hatte vor Verlegenheit kein Wort herausbringen können. Ihre Mutter schätzte es nicht, wenn Elise Bücher des verrückten Franzosen, wie Henni Hohermuth ihn nannte, las. Nur wissenschaftlich untermauerte Fakten fanden Gnade vor den Augen ihrer Mutter. Mit fantastischer Literatur vermochte sie wenig anzufangen.
    Ihren Vater zu

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