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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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Kleiderbürsten heraus, die sie ihnen überreichte. »Jetzt mit aller Kraft das Papier festdrücken, damit es die Vertiefungen der Schriftzeichen ausfüllt. Ungefähr so.«
    Henni beugte sich vor und strich mit der Bürste so fest über das Papier, als ob es ihr Widerworte gegeben hätte. Auch Georg und Elise bürsteten kräftig auf dem Maya-Relief herum, bis das feuchte Papier wie eine Haut darüberlag.
    »Geschafft!« Georg zwinkerte Elise zu und sie fühlte sich stolz wie nie zuvor. Warum nur hatte sie die ganze Zeit geschmollt und sich so jede Möglichkeit genommen, Georg besser kennenzulernen?
    »Und jetzt? Warten wir, bis es getrocknet ist?«
    »Es gibt zwei Schulen.« Henni Hohermuth wiegte den Kopf hin und her. »Die einen lassen das Papier auf dem Stein trocken werden, die anderen lösen es nass ab und legen es in die Sonne.«
    »Und was machst du?«, fragte Elise.
    »Ich schaue nach dem Wetter.« Ihre Mutter lächelte versonnen. »Heute lassen wir es etwas antrocknen und nehmen es nachher vorsichtig ab.«
    »Wie wollen wir das Riesenstück dann transportieren?« Elise schaute die Felsplatte an, die bestimmt mannshoch war.
    »Wir warten, bis es trocken ist. Dann lässt sich der Papierabdruck falten oder rollen.«
    Ihre Mutter schien fröhlich zu sein wie selten. Lag es an dem Papierabdruck oder daran, dass sie zwei Wochen Zeit hatte, ihrem Traum zu folgen?
    A m Abend saßen sie im Halbdunkel der Dämmerung um ein Feuer. Elise balancierte ihr Tagebuch auf den Knien und schrieb über die steinernen Fresken, von denen sie Abdrucke genommen hatten.
    »Was fasziniert euch so an den Maya? Ist es ihr Glaube? Ist es vielleicht die Idee, Menschen aus Mais geschaffen haben?«, fragte Elise. »Oder sind es die Geheimnisse, die sie umgeben? Die verlassenen Städte, die versunkenen Tempel und all das?«
    »Du verdankst den Maya die Schokolade. Ohne sie hätten wir vielleicht niemals den Kakao genießen können.« Ihr Vater lächelte und fuhr sich durch den struppigen Bart.
    Ihre Mutter runzelte die Stirn, als ob sie nicht begreifenkönnte, dass ausgerechnet ihre Tochter eine solche Frage stellte.
    »Auf uns wirken sie fremd, aber …« Johann Hohermuth schien nach passenden Worten zu suchen. »… du musst dir ansehen, wie präzise sie gearbeitet haben. Wie weit ihre Wissenschaft gediehen war und …«
    »… und wie wenig wir heute von dem begreifen, was die Maya erschaffen haben oder wie sie ihr Wissen erworben haben«, ergänzte Henni Hohermuth. Sie und ihr Mann wechselten einen Blick voller Verständnis, sodass Elise sich gleich wieder ausgeschlossen fühlte.
    »Findest du es nicht faszinierend, welche fundierten Kenntnisse die Maya in Mathematik und Astronomie hatten?« Die Augen ihrer Mutter leuchteten, wie immer, wenn sie über ihr Lieblingsthema sprach. »Allein ihr Kalendersystem zu verstehen, hat Forscher Jahre gekostet. Das Sonnenjahr umfasste achtzehn Maya-Monate, uninal, mit jeweils zwanzig Tagen, wahrscheinlich weil man Finger und Zehen zum Zählen nutzen konnte.«
    Elise ahnte, dass ihre Mutter nun einen Vortrag halten würde. Schon mehrfach hatte sie sich auf der Reise gefragt, ob ihre Mutter nicht die treibende Kraft für die Expedition gewesen war. Ihr Vater schien zufrieden zu sein, wenn er in Büchern versinken oder Pflanzen und Bäume katalogisieren konnte. Henni hingegen wollte eine große Entdeckung machen, wollte aus ihrem Schattendasein treten. Was wäre aus ihrer Mutter für eine Wissenschaftlerin geworden, wenn Frauen nur studieren dürften?
    »Die Maya verwendeten nicht nur einen Kalender, sondern eine dreifache Zählung.« Henni Hohermuth streckte drei Finger in die Luft. »Als Erstes haben wir den haab , eineArt Landwirtschaftskalender, der das Sonnenjahr zählte und Saat und Ernte bestimmte.«
    »Sonnenjahr?« Elise runzelte die Stirn. »So etwas wie unser Kalender?«
    »Nicht ganz.« Henni Hohermuth lächelte ihrer Tochter zu. »Die Maya teilten das Jahr in achtzehn Monate mit jeweils zwanzig Tagen auf.«
    »Augenblick.« Elise hatte mitgerechnet. »Da fehlen doch fünf Tage.«
    »Zählen kannst du.« Georg, der bisher zugehört hatte, ging in die Verteidigung. »Aber du hast wenig Vertrauen in die Maya.«
    »Willst du?« Henni deutete auf Johann.
    »Nein, nein. Es ist dein Steckenpferd.« Ihr Ehemann lächelte und schob seinen Hut in den Nacken.
    » Uayeb, Tage ohne Namen, nannten die Maya einen Kurzmonat, den sie dem Jahr anhängten. Unglückstage, die zum Beten und Trauern dienten«,

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