Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
überforderten Ixmucane Helfer an die Seite, damit sie nicht länger allein mit allemfertigwerden musste.« Isabell deutete auf die Püppchen. »Das sind sie.«
»Und was mache ich mit ihnen?«
»Vor dem Schlafengehen vertraust du ihnen deine Sorgen an und legst sie dann unters Kopfkissen.«
»Und morgens bringt mir die Sorgenpüppchenprinzessin einen Euro für jede Sorge?« Inzwischen lächelte Julia wieder. »So wie die Zahnfee?«
»Nein.« Isabell schüttelte den Kopf und streichelte einer Puppe über ihr zartes Gesicht. »Wenn du am Morgen aufwachst, haben die Püppchen deine Sorgen über Nacht weggebracht.«
»Das klingt gut«, stöhnte Julia.
»Der Glaube versetzt Berge.« Isabell zuckte mit den Schultern. »Und du trägst zu einem gutem Werk bei, weil sie von einem Frauenkollektiv in Guatemala hergestellt werden.«
»Ich werd’s ausprobieren und berichten.« Dann schaute sie auf die Uhr. »Ich muss los. Hab versprochen, dass ich zum Abendessen nach Hause komme. Zu einem Abendessen, das unter der dunklen Wolke der drohenden Pleite steht.«
30 Guatemala 1902
»Wir hätten das nicht tun dürfen.« Juan strich Margarete das Haar aus dem Gesicht und schaute sie an. Seine Bewegung fühlte sich so sanft an, als ob der Flügel eines Quetzals über ihre Wange strich. »Ich … ich hätte mich beherrschen müssen.
« Trotz aller Fragen und Sorgen konnte Margarete ein Lächeln nicht zurückhalten. Männer! Immer dachten sie, dass sie alles entscheiden würden. Hatte nicht sie den Ort ausgesucht, dafür gesorgt, dass niemand auf der Finca sie vermissen würde, und hatte nicht sie den ersten Schritt getan? Aber sie war klug genug, diese Gedanken nicht in Worte zu fassen, um Juan nicht zu erschrecken.
Sanft berührte sie das geliebte Gesicht, zeichnete die Konturen nach. Das feste Kinn, den geschwungenen Mund, die starke, gerade Nase. Ihr Herz drohte vor Liebe zu bersten. Niemals, niemals würde sie Juan aufgeben. Egal, was ihr Vater sagte. Egal, was ihre Großmutter wünschte. Egal, was das Fräulein für schicklich hielt. Selbst wenn das Schicksal ihrer Finca auf dem Spiel stand.
»Ich bereue nichts«, flüsterte Margarete und zog Juans Kopf näher zu sich heran, öffnete den Mund zu einem Kuss. »Gar nichts.«
»Aber …« Ihre Lippen erstickten seine Worte und seine Bedenken. Juan erwiderte ihren Kuss erst zögernd, als ob sein Verstand immer noch über sein Herz bestimmte. Erstals Margarete ihre Hände sanft über seinen nackten Rücken wandern ließ, gab Juan nach und küsste sie. Immer wieder. Wild und fordernd. Sie spürte eine nie geahnte Sehnsucht in sich aufsteigen und gab sich ganz und gar den Gefühlen und Empfindungen hin, die sein Kuss und seine Leidenschaft in ihr auslösten.
»Ich liebe dich«, sagte sie mit ruhiger Stimme, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. Selten hatte sie die Worte ausgesprochen und niemals so wahrhaftig wie heute. »Ich würde mein Leben für dich geben.«
»Ich liebe dich auch.« Juan schaute sie an. Mit diesen tiefen dunklen Augen, in denen sich seine Gefühle widerspiegelten. Margarete schluckte. »Für immer. Nichts kann uns trennen.«
Seine Worte wirkten wir ein kalter Schwall Wasser, den ihr jemand ins Gesicht schleuderte. Auf einmal standen sie alle vor ihr, die Hindernisse, die ihrer Liebe zu Juan den Weg versperrten. Die Finca. Ihr Vater. Robert Linden oder Karl Federmann. Konnte sie sich Juan anvertrauen? Mit wem sollte sie ihre Sorgen teilen, wenn nicht mit dem geliebten Mann?
»Mein Vater trinkt.«
Ganz ruhig sprach sie die Worte aus, als ob ihr die Erkenntnis, die sie so bald nach ihrer Rückkehr gewonnen hatte, nicht schlaflose Nächte bereitet hätte. Erst hatte sie nicht glauben wollen, dass ihr Vater schon früh am Tag nach Aguardiente roch, dass seine Sprache immer schludriger klang und dass er am Abend gegen Tische stolperte und Stühle umwarf. Sie hatte Entschuldigungen für ihren Vater gesucht und im Stillen gehofft, dass es besser würde. So wie ihre Großmutter, die alle Sorgen kleingeredet hatte.Endlich hatte sie ein Gespräch mit Marisela geführt, die all ihre Befürchtungen bestätigte. Ihr Vater trank. Seitdem die Kaffeepreise tiefer und tiefer gefallen waren. Seitdem all seine Versuche, La Huaca zu halten, nur zu mehr Schulden geführt hatten. Lange hatte Margarete nach einer Lösung gesucht und schließlich mit ihrer Großmutter gesprochen. Nun vertraute sie sich Juan an.
»Ich werde die Finca leiten müssen.«
»Du?« Juan
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