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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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derart eilig sein
könnte, hatte sie nicht erwartet.
    Lennert bemühte sich, Neele zu trösten, so gut er konnte. »Ich weiß,
es ist hart für dich, aber du darfst nicht Paula und Phöbus die Schuld an
deinem Kummer geben. Die Bräuche sind hier nun einmal so. Phöbus schätzt Ameya
sehr, und er schätzt auch dich, das weißt du sicher.«
    Â»Obwohl wir von minderer Rasse sind?«,
fragte sie spitz.
    Lennert schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »So denkt er ganz gewiss
nicht. Er steckt in derselben Klemme wie viele andere Menschen hier, die gute
Freunde unter den Einheimischen haben, aber nicht riskieren wollen, dass man
sie brüskiert und diese Freunde beleidigt, wenn sie sie einladen. Vergiss die
Hochzeit! So wichtig ist die Sache nun auch wieder nicht.«
    Die Hochzeit fand eine Woche später in der Kirche auf dem
Waterlooplein statt. Es war ein bedeutendes Ereignis, über das die
holländischen Zeitungen lang und breit berichteten. Neele konnte zwar kein
Holländisch lesen, aber sie verstand doch, worum es sich in dem Artikel drehte.
In allen Einzelheiten wurde die kirchliche Zeremonie beschrieben, ebenso wie
die Festlichkeit nachher mit einer köstlichen Tafel, Musik und Tanz. Als sie
las, wie viele Gäste gekommen waren und wie lange die Lustbarkeiten gedauert
hatten, war sie froh, daheimgeblieben zu sein. Sie wurde ein wenig traurig bei
dem Gedanken, dass Paula jetzt aus ihrem Leben geschieden war. Trotz aller
Beteuerungen der Braut, sie würden gute Freundinnen bleiben, war Neele klar,
dass dem nicht so sein würde. Ihre Wege hatten sich unwiderruflich getrennt.

4
    D ass die ehemals
freundlichen Beziehungen zwischen dem Waisenhaus und dem deutschen Dorf stark
abgekühlt waren, kam Neele zugute. Niemand kam und fragte nach ihrem Kind,
obwohl es sich herumsprach, dass sie geboren hatte. Die Einkäufe erledigte
jetzt eine der Klosterschwestern, eine schweigsame alte Frau, die ihre Gespräche
in Frau Selders Laden auf das absolut Notwendigste beschränkte. Da auch niemand
aus der deutschen Gemeinschaft zu Besuch kam, blieb es der jungen Mutter
erspart, irgendwelche Erklärungen abgeben zu müssen.
    Ameyas Wunde heilte langsam, und solange er krank war, war er
praktisch ein Gefangener im Haus seiner Eltern. Es gelang ihm gerade nur, Neele
über eine ergebene Dienerin das eine oder andere Briefchen zukommen zu lassen,
in dem er ihr seine Liebe versicherte. Neele antwortete auf dieselbe Weise. Sie
teilte ihm nur kurz mit, dass sie geboren hatte, aber nichts Näheres. Es würde
schwierig genug sein, ihm die Sachlage von Angesicht zu Angesicht zu erklären.
Die Javaner liebten Kinder und hatten kein Verständnis dafür, dass jemand ein
Kind aus der Hand geben wollte – selbst wenn eine Mutter so unter ihrem Kind
litt wie Ameyas Mutter, die befürchtete, ein Ungeheuer geboren zu haben. Neele
schämte sich, wenn sie an diese Frau dachte. Andererseits waren Ameyas Eltern
Angehörige des Adelsstandes, sie hatten es viel leichter, mit einem solchen
Schicksalsschlag fertigzuwerden als Neele.
    Der Juni ging seinem Ende zu, als Neele eine Nachricht von Ameya
erhielt, er sei inzwischen wieder gesund genug, um kurze Wege zurückzulegen,
und würde Dr. Bessemer, wenn der zu seinem nächsten Besuch ins Waisenhaus kam,
in dessen Kutsche begleiten. Neele errötete vor Freude, als sie diesen Brief
las. Er war beinahe wieder gesund! Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie
das Land verlassen und sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen konnten.
    Als freute sich das Schicksal mit ihr, war der Tag, für den die
beiden Beamten ihren Besuch angesagt hatten, heiter und ausnahmsweise nicht
drückend heiß. Ein leichter Wind wehte, der den Duft der Gewürzpflanzen und
Orchideen mit sich trug. Im Waisenhaus nutzten alle den angenehmen Tag. Die
Kinder saßen, manche in ihren hölzernen Rollstühlen, im Garten oder am Straßenrand,
schwatzten, spielten Ball und knabberten an den Garnelen, die die Schwester
Köchin auf einem offenen Grillrost briet.
    Als die Kutsche vor dem Tor hielt, sprangen alle Zöglinge, die gehen
konnten, auf und stolperten hinaus auf die Straße, um den Herrn Amtmann und den
Herrn Wedono mit aller gebührenden Höflichkeit zu begrüßen. Dr. Bessemer
lachte, tätschelte ihnen die Köpfe und verteilte kandierte Beeren, während
Ameya sie nur mit einem blassen Lächeln bedachte und

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