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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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hörte ich immer die Kinder drinnen lachen und singen, und
sonntags gingen wir manchmal zum Gottesdienst hinüber, wenn wir uns den Weg in
die Stadt ersparen wollten. Seither ist zwar alles verfallen … aber die Möbel
stehen noch drinnen, und wenn Sie sich zwei, drei Räume sauber machen, haben
Sie ein ordentliches Dach über dem Kopf. Was das Geld angeht … nun, ich will
sehen, was der deutsche Klub für Sie tun kann. Für einen Arzt sollte sich ja
eigentlich etwas finden und für zwei tüchtige junge Frauen auch.«
    Â»Es gibt einen deutschen Klub hier?«,
fragte Paula.
    Er nickte und erklärte ihnen die Sachlage. Die europäischen Völker,
die sich auf Java angesiedelt hatten, hielten Distanz voneinander. Ursprünglich
waren die Portugiesen gekommen, dann die Engländer, dann hatten die Holländer
diese beiden entmachtet und ihnen das üppige Land entrissen, was zu viel Ärger
geführt hatte. Die Portugiesen hatten jede Bedeutung verloren. Die Holländer
sahen sich als die eigentlichen Kolonialherren, während die Engländer und die
Deutschen nur die Bröckchen aufpickten, die unter ihren Tisch fielen. Diese
beiden wiederum waren traditionell keine Freunde. So hatte es sich eingebürgert,
dass man unter sich blieb, wo es nur ging, und das waren vor allem die Klubs.
Dort traf man sich nicht nur zur Geselligkeit, sondern half sich auch gegenseitig
in den Sattel, wenn es um geschäftlichen Erfolg oder anderweitigen Einfluss
ging. Die Hagedorns waren Mitglieder eines solchen Klubs und versprachen, den
Neuankömmlingen zu helfen, soweit es in ihrer Macht stand. Fürs Erste würden
sie ihnen eine kleine Summe leihen, mit der sie das Notwendigste bestreiten
konnten.
    Neele fühlte, wie ihre Stimmung zusehends besser wurde. Die
Familien, die hier wohnten, waren reiche Pflanzer, die Besitzer von Tee- und
Kaffeeplantagen und die Produzenten von Kopra – dem Rückstand ausgepresster
Kokosnüsse. Ihre Produkte mochten exotisch sein, aber sie selbst waren ganz die
gleichen Deutschen wie zu Hause geblieben. Das Gefühl, von allem abgeschnitten
zu sein, was sie kannte, ließ nach; die Häuser, Dinge und Menschen um sie waren
beruhigend vertraut.
    Frau Hagedorn war sichtlich bewegt gewesen, als Lennert erzählt
hatte, wie Neeles Ehemann sie im Stich gelassen hatte und wie sie zu allen
anderen Problemen nun auch noch mit der Schwangerschaft zu kämpfen hatte. »Ich
kann nur sagen, Sie haben einen Schurken geheiratet«, mischte sie sich bei der
ersten Gelegenheit ins Gespräch. »Haben Sie seinen Charakter denn nicht rechtzeitig
erkannt?«
    Neele zuckte hilflos die Achseln. »Meine Tante drängte sehr darauf,
dass ich ihn heirate, und ich … ich dachte, sie würde schon recht haben, sie
hatte es ja immer gut mit mir gemeint.«
    Â»Nun, wie es aussieht, war das ein Irrtum.«
Elisabeth Hagedorn schenkte ihr von Neuem die Teetasse voll, stellte ihr ein Stück
Obstkuchen hin und fragte zuletzt, ob sie ein paar alte Kleider annehmen
wollten, die ihr und Paula passen müssten. »Ich selbst bin schon eine ganze
Weile zu breit, um mich noch hineinzuzwängen.«
    Die beiden Frauen zeigten sich dankbar.
    Â»Richard kann Sie dann hinüberbegleiten. Pastor Ormus kennt ihn ja
und wird sich weniger aufregen, als wenn Sie drei plötzlich vor ihm stehen und
verlangen, dass Sie bei ihm wohnen dürfen. Wahrscheinlich hat er ja längst
vergessen, dass er selber Sie hergebeten hat.«
    Â»Und man überlässt ihn einfach seinen Wahnvorstellungen?«, fragte Paula.
    Hagedorn zuckte die Achseln. Was sollte man denn sonst machen? Man
konnte ihn nicht einsperren, nur weil er den Leuten Geschichten erzählte, die
er sich zusammengeträumt hatte. Er schadete ja niemand und gefährdete niemand,
im Gegenteil, er sei ein lieber alter Herr. Sie sollten ihm nur nichts glauben.
Er lebe eben immer noch in der Zeit, als das Haus von fröhlichen Kindern wimmelte – und war das nicht besser, als wenn ihm bewusst wurde, dass die grausame
Krankheit sein Lebenswerk zerstört hatte?
    Sie kehrten zurück zum Waisenhaus. Zögernd betraten sie den
verwilderten Garten. Neele erschrak furchtbar, als ein großer grauer Affe sich
kreischend von einem Ast zum anderen schwang und dabei nach ihrem Hut angelte,
den er glücklicherweise nicht zu fassen bekam. Das smaragdgrüne Dickicht war
voll von Tieren, die darin

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