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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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drei flache Steinschalen, an deren Rändern
bunte Vögel, klein wie Finken, herumhüpften. Seerosen schwammen in dem
graugrünen Wasser.
    Â»Wenn Sie mir jetzt folgen wollen, wird der Herr Konsul Sie
empfangen.« Der Diener machte eine knappe Verbeugung
und eilte ihnen voraus. Neele spürte, wie sehr der Lakai sie verachtete. Was
für ein armseliges Volk mussten sie erst in den Augen eines Mannes sein, der
täglich die reichsten und mächtigsten Männer der Insel in seinem Büro empfing!
    Sie gelangten zu einer bis zur Decke reichenden weißen Tür, die vor
ihnen geöffnet wurde, und traten in einen schattigen Raum. Hier, an der
Außenseite des Gebäudes, waren die Jalousien bereits halb geschlossen, um die
glühende Hitze draußen zu halten. Neele sah sich um und staunte nur so. Sie
befand sich in einem Büro, das genauso gut in Bremerhaven hätte stehen können!
Da war ein Schreibtisch aus poliertem Holz, so groß wie ein Billardtisch, mit
einem lederbezogenen Stuhl dahinter. An der Wand hing ein goldgerahmtes Bildnis
des Kaisers, der streng und stolz auf seinen Untertan herabblickte. Auf der
anderen Seite des mit eleganten Streifenmustern tapezierten Büros stand eine
Sitzgarnitur, wie man sie auch in vornehmen Häusern in Deutschland fand, und
daneben einige kleine Tische aus Rattan – das einzig Fremdländische an diesem
durch und durch wilhelminisch-preußischen Arbeitsplatz.
    Der Konsul – ein würdevoller weißhaariger Herr mit kurzem Bart – war
mit seinem Sekretär anwesend. Nachdem er ihnen bedeutet hatte, sie möchten
Platz nehmen, ließ er sich noch einmal das Blatt reichen, auf dem ihr Anliegen
verzeichnet war, studierte es genau und nickte dann. »Ja«, sagte er. »Ja …
das ist eine sehr seltsame Sache. Wie es aussieht, hat das Haus jetzt keinen
Besitzer, oder haben Sie Anspruch darauf?«
    Als die drei den Kopf schüttelten, fuhr er fort: »Ich habe hier
schon seit Längerem ein Ansuchen der St.-Josephs-Schwestern liegen, die für
ihre Betreuung kranker Kinder ein Gebäude mieten wollen. Das ehemalige
Waisenhaus scheint genau das Richtige dafür zu sein, ich möchte es ihnen daher
überlassen, bis sich ein Eigentümer oder Erbe meldet. Aber wie man mir sagte,
haben Sie kein anderes Quartier und auch nicht Geld genug, sich eines zu
beschaffen, also wollen wir Sie nicht auf die Straße setzen. Einen Arzt kann
man natürlich immer brauchen, und für Sie« – dabei deutete er mit dem Kinn erst
auf Neele, dann auf Paula – »ergibt sich sicher auch etwas zu tun, wenn der
Orden Sie in seine Dienste nimmt. Sie wären dann weltliche Angestellte der
geistlichen Oberen. Könnten Sie damit gut zurechtkommen?«
    Sie nickten im Chor. Der Vorschlag, den er ihnen da machte, war
besser als alles andere, was sie sich sonst hätten vorstellen können. Das Haus
würde wieder bewohnt sein, sie würden Geld für ihre Arbeit bekommen.
    Lennert sprach für alle, als er sagte: »Das ist eine weitaus bessere
Lösung, als wir sie bislang zu erhoffen gewagt hatten.«
    Â»Dann wollen wir das Ganze in eine rechtlich einwandfreie Form
bringen, und Sie können schon morgen damit rechnen, dass die Schwestern mit
ihren Schützlingen erscheinen.«
    Neele atmete auf, als sie alle ihre Unterschriften auf den
Mietvertrag – vorläufig galt die deutsche Vertretung im Ausland als Besitzer –
gesetzt hatten und sich wieder verabschiedeten. Zwar war sie in jener Art von
Protestantismus erzogen worden, die Katholiken und gar Klosterfrauen als
äußerst verdächtige Personen betrachtete, aber lieber hätte sie den Papst mit
allen seinen Kardinälen im Haus gehabt, als weiter in der unheimlichen
Einsamkeit zu leben.
    Da sie nun schon in der Stadt waren, schlug Dr. Bessemer vor, eine
Kutschenfahrt durch die Altstadt, die Kota, zu machen, die auf jeden Fall
sehenswert sei. Er ließ seine Kutsche kommen, und die fünf, Ameya eingeschlossen,
nahmen Platz. Gleich darauf rollte das Gefährt die
gewundene Straße hinunter in die Tiefebene.
    Neele erkannte die Strecke wieder, die sie an ihrem ersten Tag in
Batavia gefahren waren. Wie sehr hatte sich ihr Leben inzwischen verändert!
Keine ihrer Hoffnungen hatte sich erfüllt, und doch war alles sehr viel besser,
als sie eigentlich erwartet hatte.
    Die Ursache dafür war in erster Linie Ameya. Er saß ihr

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