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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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Teilen des Landes sehr vielfältig war, es gab neben dem Regenwald auch weitläufige Savannen und sogar Gebirge. Sie jedoch kannte nur das tiefe Grün, welches man von der Plantage aus sehen konnte, sowie das dunkle Wasser des Flusses, der sich unentwegt an der Plantage vorbei in Richtung Meer schob.
    Julie seufzte und legte den Stift beiseite. Inzwischen dämmerte es, und Milliarden von Zikaden stimmten zum Abendkonzert an, unterbrochen von den tiefen Stimmen der Baumbewohner aus dem Wald. Nico saß auf der Balustrade der Veranda und schien ebenfalls zu lauschen. Julie atmete tief die kühle Luft der nahen Nacht ein. In der Trockenzeit sank die Temperatur tagsüber kaum, die Hitze wurde noch unerträglicher. Die Abende und die Nächte hingegen waren deutlich angenehmer.
    Julie stand auf, zog sich ihr Tuch um die Schultern und verließ die Veranda in Richtung Garten. Abends verströmten einige der Pflanzen einen betörenden Duft, und große Falter umflatterten die Blüten der Orangenbäume. Kleine Kolibris schwirrten umher. Wie so häufig entschädigte die Natur dieses Landes Julie für den alltäglichen Verdruss. Die üppige, süße und bunte Pracht war nicht vergleichbar mit der Pflanzenwelt Europas. Im Geiste ging Julie die Namen der Pflanzen im Garten durch, die sie kannte. Einige hatte Jean Riard ihr benennen können, andere wiederum hatte Amru ihr in der Umgangssprache der Sklaven vorgestellt. Wie gern hätte sie auch die restlichen Bezeichnungen erfahren, sie hätte mit Vergnügen in der Stadt geschaut, ob sie ein Buch fand, welches ihr bei der Bestimmung behilflich sein konnte. Aber eine Reise dorthin lag in weiter Ferne, und sie traute sich nicht, Karl darum zu bitten, ihr etwas mitzubringen. Vielleicht könnte der junge Buchhalter beizeiten ...
    Sie blieb stehen und betrachtete den Himmel, von dem die ersten Sterne leuchteten. Wenigstens in einem hatte Karl damals recht gehabt: Der Sternenhimmel über Surinam war so dunkel, und die Sterne strahlen so klar, wie Julie es nie zuvor gesehen hatte. Das Leuchten der fernen Objekte beruhigte sie immer ein wenig.
    Langsam schritt sie durch die Dunkelheit zwischen den Büschen und Palmen um das Haus herum. Im Haus hatte jemand die Lichter entzündet, deren schwacher Schein Julie durch die Fenster begleitete.
    Auf der hinteren Veranda war es still. Wenn Karl in der Stadt war, wurden hier keine opulenten Abendessen vorbereitet. Julie zog einen kleinen Imbiss auf der vorderen Veranda vor. Martina nahm sowieso kaum etwas zu sich, und Pieter, den Karl seit der Verkündung der Schwangerschaft aus dem Gästezimmer im Haus in ein Zimmer im Gästehaus verwiesen hatte, aß auch nicht am Tisch.
    Julie setzte sich auf die Stufen der hinteren Veranda und schmunzelte. Martina hatte laut protestiert, als Pieter aus dem Haus ausquartiert worden war. Aber Karl hatte sich fürchterlich aufgeregt, immerhin war mehr als deutlich, dass er Pieter nicht so nah bei Martina hätte unterbringen sollen. Ihn zu diesem späten Zeitpunkt mit seiner Schlafstätte noch des Hauses zu verweisen, war zwar auch nicht mehr als ein hilfloser Versuch, der Hochzeit einen Hauch von Anstand zu verleihen. Pieter jedoch beugte sich brav, vermutlich hatte er Angst, seine Pläne könnten durchkreuzt werden. Julie ekelte es an, wie Pieter seinem Schwiegervater inzwischen nach dem Mund redete. Dass das alles nur Heuchelei war, schien aber niemand außer ihr zu bemerken. Pieter verfolgte einen Plan, mehr nicht.
    Leise Stimme rissen sie jäh aus ihren Gedanken. Julie versuchte zu orten, woher die Stimmen kamen, konnte aber niemanden sehen.
    Das war merkwürdig, denn sie wähnte die Haussklaven um diese Zeit bereits im Dorf, außerdem hätten sie beim Verlassen des Hauses an ihr vorbeigemusst. Und von den Feldsklaven würde zu so später Stunde zwischen den Wirtschaftsgebäuden am Haus auch niemand herumschleichen. Die Tiere waren versorgt – wer also konnte das sein? Als die Laute näher kamen, registrierte Julie eine tiefe Männerstimme und die eines Mädchens. Die beiden schienen zu streiten, zumindest klang die Mädchenstimme sehr hoch, während die Männerstimme nur kurze barsche Anweisungen gab.
    Julie konnte im Dämmerlicht keine Personen ausmachen, meinte aber zu erkennen, dass die Stimmen von der rückwärtigen Seite der Gebäude kamen – sie näherten sich dem Gästehaus von hinten. Julie wusste, dass es dort ebenfalls eine Dienstbotentür gab. Aber da momentan nur Pieter einen der Räume bewohnte,

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