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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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schwanger wurde.
    »Juliette?« Martina erwachte, als Julie ihr gerade mit einem feuchten Tuch die Stirn tupfte. Auch wenn sie ihrer Stieftochter immer noch misstraute, würdigte sie mit Hochachtung, was Martina in der vergangenen Nacht geleistet hatte.
    »Martina, alles ist gut!«, sagte sie jetzt zärtlich. »Schau«, Julie legte ihr behutsam das schlafende Baby in den Arm.
    Martinas Gesicht bekam einen Ausdruck von seliger Freude.
    »Ist er nicht hübsch? Und so kräftig.« Zärtlich küsste sie ihren Sohn. Dann blickte sie auf und legte ihre freie Hand auf Julies Arm. »Danke, dass du bei mir warst.«
    Julie war überrascht von so viel Zutraulichkeit, die sie durchaus nicht unberührt ließ. Sie hielt Martinas Blick stand, bevor ihre Augen in Richtung des Babys wanderten. »Jetzt ruht euch erst mal aus. Ich werde nach Amru schicken, dass du ... ich meine, du willst doch ... oder soll eine Amme gerufen werden?« Die meisten weißen Frauen ließen ihre Babys von schwarzen Ammen nähren. Das war angeblich der Gesundheit und der Figur zuträglicher.
    Martina schüttelte aber entschlossen den Kopf. »Nein, ich werde meinen Sohn selbst stillen. Schau doch, diese Äuglein ...«
    Julie ließ Mutter und Kind in trauter Zweisamkeit zurück. Sie musste sich frisch machen und dringend etwas essen, ihr Magen knurrte. Auf dem Flur traf sie Pieter, der eine schwarze Frau vor sich herschob, die ein Baby im Tragetuch bei sich hatte. »Ist Martina wach?«, fragte er kurz. »Ich habe die Amme mitgebracht.«
    »Ich glaube, die wird nicht benötigt, Pieter«, sagte Julie so ruhig wie möglich.
    Pieter machte ein verwundertes Gesicht. »Aber ...«
    »Martina möchte sich selbst um das Baby kümmern.« Julie hoffte, dass Pieter jetzt keinen Streit heraufbeschwor. Sie schob die Sklavin, die sichtlich erleichtert war, dass sie sich nicht monatelang um ein zweites und dazu noch weißes Baby kümmern musste, vor sich her nach unten und ließ den verdutzten Pieter einfach stehen. Über das Thema wurde danach nicht mehr gesprochen. Nur Karl gab noch einmal einen unwirschen Kommentar von sich: Martina habe sich in den folgenden Wochen zu jeder Tages- und Nachtzeit um das Baby zu kümmern, das sei vollkommen unnötig. Wofür hatte man schließlich Sklaven?
    Der kleine Martin verlangte viel Aufmerksamkeit. Julie sah in ihm die perfekte Mischung aus seinem streitlustigen Vater und seiner egoistischen Mutter. Kaum kehrte ein bisschen Ruhe im Haus ein, hörte man schon einen schrillen Babyschrei, der Aufmerksamkeit forderte. Martina fütterte, wickelte, wusch und tröstete, soweit sie konnte. Es dauerte aber nicht lange, da war sie mit ihren Kräften am Ende.
    »Misi Martina müssen das Baby auch mal schreien lassen. Es muss lernen, dass es alles bekommt ... aber zu seiner Zeit«, bemängelte Amru die aufopfernde Fürsorge kopfschüttelnd.
    Martina aber hob nur trotzig den Kopf. »Amru, das mögt ihr vielleicht mit euren Kindern so machen, aber Martin ...« Martinas Blick legte sich liebevoll auf das Baby, und Julie schlug die Augen gen Himmel. Auch sie fand, dass Martina es etwas übertrieb. Sie ließ nicht mal Liv an das Baby. Der wenige Schlaf und das bisschen Essen, welches sich Martina halbherzig zuführte, zehrten an ihrem Körper, und vier Monate nach der Geburt sah Martina aus wie ein Gespenst. Pieter übte sich im Unsichtbarsein. Er hielt seinen Sohn zwar stolz, wenn dieser friedlich schlief, quäkte das Kind aber los, überreichte er es schnell wieder der Mutter. Auch hatte er sein Quartier ins Gästehaus verlegt, mit dem Argument, er fände keine Ruhe, wenn Martina alle paar Stunden zum Baby lief. In Julie weckte dies die Angst, er könne sich des Nachts wieder an den Sklavenmädchen vergehen. Und so schlich sie zu fortgeschrittener Stunde immer noch einmal aus dem Haus und beobachtete das Gästehaus mit Argusaugen. Aber es blieb ruhig. Pieter schien seine Triebe im Zaum zu halten.
    Eines Morgens hatten sich Martina und Julie nach dem Frühstück gerade auf die Veranda begeben, als Martina schwankte und Julie das Baby gerade noch in den Arm legen konnte, bevor ihre Knie nachgaben.
    Julie schrie auf. »Amru, schnell!«
    Selbst der Papagei flatterte aufgeregt herum.
    Die Haussklavin stürzte durch die Tür und half Martina wieder auf die Beine und dann auf einen Stuhl. Mit einem Tuch wedelte sie ihr Luft zu und schüttelte missbilligend den Kopf. »Misi Martina hat sich einfach zu viel zugemutet.«
    Auch Julie äußerte ihre Besorgnis.

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