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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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Selbst wenn ich wieder zurück in die Stadt käme, wenn das jemand herausfindet, sperren die mich womöglich ein, aus Angst, ich könnte die Krankheit übertragen!«
    Das Argument konnte auch Julie nicht von der Hand weisen. Die Bewohner von Paramaribo waren gebrannte Kinder. In den letzten Jahren hatte so mache Epidemie in der Stadt gewütet und insbesondere die weiße Bevölkerung befallen. Die Angst vor neuen Ausbrüchen war allgegenwärtig. Wer sich freiwillig in eine Lepra-Station begab, war ein potenzieller Gefahrenherd, obwohl niemand genau wusste, wie diese Krankheit übertragen wurde.
    Julie kam eine Idee. »Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Erika blickte Julie überrascht an. »Du?«
    Julie zuckte die Achseln. »Ich habe in den letzten Wochen so ziemlich jeden Kapitän im Hafen kennengelernt. Irgendwo wird sich sicherlich auch der finden, der das Versorgungsschiff nach Batavia führt.«
    In Erikas Augen glomm Hoffnung auf. »Und du meinst, ich könnte vielleicht an Bord gehen?«
    »Na ja, bestimmt nicht offiziell, aber für Geld machen diese Seeleute so einiges.«
    Der Hoffnungsschimmer erlosch sofort. »Geld? Ich habe kein Geld.«
    Julie legte Erika die Hand auf den Arm. »Erika, lass uns erst mal sehen, ob wir diesen Kapitän ausfindig machen, dann sehen wir weiter. Und mach dir wegen des Geldes keine Sorgen, das schaffen wir schon.«
    »Aber ich kann doch von dir kein Geld annehmen!«
    Julie winkte ab. »Da mach dir mal keine Gedanken. Pieter versorgt mich ganz gut, und mir ist es nur recht, wenn seine Zahlungen einem guten Zweck zukommen.« Dass Julie dafür an ihr Erspartes ging, musste Erika ja nicht wissen.
    »Aber was ist mit Klara? Wenn die erfährt, dass ich ...«
    Julie unterbrach Erikas Gedanken. »Klara muss du ja nichts erzählen. Du kannst ihr sagen, du stattest der Plantage, auf der du gearbeitet hast, einen Besuch ab.«
    Erikas Gesicht versteinerte sich. »Nein!«, rief sie laut. Ihrer Stimme war die Panik deutlich anzuhören.
    »Erika, beruhige dich! Du fährst da doch nicht wirklich hin! Du sollst es doch nur behaupten.«
    Erika atmete tief ein und aus und nickte schließlich. »Aber was ist mit den Kindern?«
    »Ich bin doch auch noch da, und so vernarrt wie Klara in die Kinder ist, ist das sicher kein Problem.«
    Erika aber war immer noch nicht überzeugt. »Und die Krankenstation? Klara wird böse sein, wenn ich jetzt gehe.«
    »Ach, die hat sie vorher doch auch allein geführt. So lange wirst du ja hoffentlich nicht fort sein, und ich denke, ich bin sowieso noch einige Wochen in der Stadt, bis ich ... ich könnte hier etwas mithelfen.« Julie hatte in Wirklichkeit kaum noch Hoffnung, dass sie Jean ausfindig machen würde. Vielleicht hatte wenigstens Erika nun Erfolg bei der Suche nach ihrem Mann. Und sosehr sich Julie auch nach ihrem Kind sehnte, sie konnte sich noch nicht durchringen, die Rückreise nach Rozenburg anzutreten. Dieser Schritt hätte dann etwas Endgültiges, befand sie, den wollte sie noch nicht gehen.
    »Das Boot hat ja nicht mal einen Namen!«, flüsterte Erika, als sie sich zusammen mit Julie im Hafen der kleinen Dschunke näherte, die laut Julies Informationen als Versorgungsboot nach Batavia eingesetzt wurde. Das Boot hatte in der hintersten Ecke des Hafens festgemacht.
    Julie konnte das Erstaunen ihrer Freundin verstehen. Liebevoll gepflegt wie manch anderes Schiff sah dieser Segler nicht aus. Die Farbe platzte in großen Placken von den Holzwänden, und die bunten Segel ließen auf viele Reparaturen schließen.
    »Ich weiß nicht ...« Erika zögerte.
    »Nun komm, noch liegt es auf dem Wasser.« Julie ging weiter auf das Boot zu. An Deck werkelte ein Mulatte mit einem Hammer an dem wackeligen Deckaufbau herum. Julie blieb auf dem Kai stehen und räusperte sich laut. Das allgegenwärtige Geschrei der Seevögel im Hafen ließ das Geräusch aber ungehört verschallen. Sie sah Erika an und zuckte mit den Achseln, dann rief sie laut: »Hören Sie?«
    Jetzt regierte der dunkelhäutige Mann und drehte sich verwundert um.
    »Wir suchen den Kapitän von diesem Schiff.«
    Der Mann ließ den Hammer sinken und trat an die Reling. »Das bin ich. Wie kann ich den Damen helfen?«
    Erika sah aus, als wollte sie fortlaufen. Julie packte sie am Ärmel und schob sie dichter an die Bordwand des Schiffes, auch um nicht so laut reden zu müssen. Es musste ja nicht gleich jeder im Hafen ihr Anliegen mitbekommen.
    »Ähm ... ist das das Schiff, das nach Batavia fährt?«
    Der Mulatte

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