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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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einem Taschentuch die Tränen von der Wange und tätschelte Julies Arm.
    Der Richter fuhr fort: »Um über die Konten verfügen zu können, bedarf es dann noch der Anerkennung Ihrer Vormundschaft für Henry Leevken.« Er schob Pieter ein weiteres Papier zu und reichte ihm einen Stift. »Alles Weitere müssen Sie dann allerdings mit der Bank besprechen.«
    Julie schrak hoch. »Vormundschaft?«
    Der Richter blickte sie milde an. »Mevrouw Leevken, um das Erbe Ihres Sohnes vollständig zu verwalten, muss Ihr Schwiegersohn die Vormundschaft bekommen. Nur so kann er die Plantage und die Geschäfte im Sinne Ihres Sohnes fortführen. Er hatte das doch mit Ihnen besprochen.«
    Pieter streifte Julie mit einem harten Blick.
    »Natürlich, ja ...« Julie senkte den Kopf.
    Sie hatte keine Chance. Hilflos sah sie zu, wie Pieter seine Unterschrift auf das Papier setzte.
    In den folgenden Tagen bewahrheiteten sich Julies schlimmste Befürchtungen. Seit Pieter die Leitung der Plantage übernommen hatte, fühlte sie sich endgültig entmündigt. Karl hatte ihr wenigstens einen gewissen Freiraum gelassen, Pieter aber untersagte ihr jegliche Einmischung, was die Plantage oder die Sklaven betraf. Julie musste hilflos mit ansehen, wie er sofort die Rationen auf ein Minimum kürzte und auch die restliche Unterstützung, die den Sklaven eigentlich zustand, strich.
    »Die besorgen sich doch eh alles von den Buschnegern. Was soll ich da noch in Stoff, Kleidung oder Hängematten investieren?«, argumentierte er.
    Nur was Kiri anbelangte, ließ er Julie gewähren, Kiri war schließlich ihre Leibsklavin. So konnte Julie wenigstens dafür sorgen, dass Kiri umfangreichere Rationen bekam als die Arbeitssklaven. Gerade jetzt, da Kiri schwanger war.
    Auch Amru war unzufrieden. Pieter hatte angewiesen, die Mahlzeiten im Plantagenhaus nicht mehr so opulent zu gestalten. Er überprüfte akribisch die Vorratsräume, wie er eigentlich alles und jeden auf der Plantage kontrollierte.
    Julie hätte dies nie zugelassen, aber ihr waren die Hände gebunden. Pieter hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass er nicht zögern würde, sie an den Pranger zu stellen, wenn sie es wagte, ihm in die Quere zu kommen.
    Schon nach drei Wochen hatte Julie das Gefühl, Pieter nehme ihr den letzten Rest Luft zum Atmen.
    Martina war ihr auch keine große Hilfe. Sie vergötterte Pieter nach wie vor und zeigte nur Unverständnis darüber, dass Julie Pieter anscheinend nicht ausstehen konnte.
    »Er versucht doch nur, die Plantage zu erhalten, Juliette.«
    »Und wie? Indem er die Sklaven hungern lässt, Martina? Das bringt doch auch nichts.«
    »Ach, Juliette, kannst du ihm nicht einfach mal vertrauen?«
    Am liebsten hätte Julie Martina ein paar Takte zum Thema Vertrauen in ihren Mann erzählt. Aber sie sagte nichts. Sie musste auch an Henry denken.
    Julie konnte dieses Dasein nicht ertragen, sie musste hier raus. Wenn sie in die Stadt reiste, könnte sie vielleicht etwas über Jeans Verbleib herausfinden. Sie hatte sich das Hirn zermartert, aber keinen Ansatzpunkt für seinen Verbleib gefunden. Vielleicht wusste Valerie Fiamond etwas. Sie lebte schließlich in der Stadt und kannte viel mehr Leute als Julie, vielleicht würde Julie mit ihrer Hilfe etwas über Jean herausfinden. Sie musste wissen, wo er war. Jetzt, wo Karl nicht mehr war ... vielleicht könnten sie ... Jean wüsste bestimmt auch für das Problem mit Pieter eine Lösung, vielleicht würde sie es mit seiner Hilfe ja sogar schaffen, Pieter von der Plantage zu verdrängen. Auch wenn das beinhaltete, dass sie ihm erzählte, womit Pieter sie in der Hand hatte. Alles war besser als dies hier. Im Moment war es jedenfalls nur eine Frage der Zeit, bis Rozenburg in den Ruin steuerte. Da war sich Julie sicher.
    Wenige Tage später beim Mittagessen fasste Julie all ihren Mut zusammen. »Pieter? Wie wäre es, wenn ich in das Stadthaus zöge? Ich meine ... wenn ihr in der Stadt seid, wohnt ihr ja meistens bei den Fiamonds. Das Stadthaus steht ungenutzt da, ich könnte also ...«
    »Du willst fort?« Martina sah sie verblüfft an.
    »Ich würde gerne einige Zeit in die Stadt ziehen. Ja.«
    Pieter legte die Stirn in Falten und warf ihr einen argwöhnischen Blick zu. Dann zuckte er mit den Achseln. »Wenn du meinst.«
    Julie wunderte sich über das schnelle Einlenken, war aber erleichtert. »Gut, dann werden wir in einigen Tagen abreisen.«
    »Wir?«, jetzt lachte er höhnisch auf.
    »Henry, Kiri und ich ...«
    »Juliette,

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