Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
Vom Netzwerk:
eine Lüge erzählen.«
    Julie spürte, wie sich Enttäuschung in ihr ausbreitete. So weit hatte sie das Ganze noch gar nicht durchdacht. Jean hatte recht, er würde Henry nie als sein eigenes Kind anerkennen können, weil Henrys Zukunft auf der Plantage unweigerlich an Karls Vaterschaft geknüpft war. Es gab kein einziges Gegenargument.
    Jean strich ihr eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn und sah sie lange an, dann küsste er sie zärtlich.
    »Ich bin so froh, dass du mich gefunden hast. Ich wäre sonst wohl nie ... Na ja, ich hatte andere Pläne, aber jetzt, da ich weiß, dass ich einen Sohn habe und ihr mich braucht ...«
    Julie spürte seine Lippen auf ihrer Haut und drückte zärtlich seine Hand. Sie hatte ihn gefunden, nichts anders zählte. Sie würden es schon irgendwie schaffen, es musste eine Lösung geben, für sie, Henry, Jean und die Sklaven. Auch wenn sie im Moment keine Ahnung hatte, wie die aussehen könnte.
    Vorsichtig löste sie ihren Kopf von seinen Lippen. »Ach, Jean! Was sollen wir denn jetzt machen? Ich will mein Kind wiederhaben! Aber das bedeutet auch, dass ich mich Pieter auf der Plantage brav unterwerfen muss und hoffen, dass er mich und meinen Sohn bis an mein Lebensende mit durchfüttert. Und was wird dann aus uns? Pieter wird dich nie auf der Plantage dulden.«
    Jean streichelte mit den Fingern über ihren Handrücken. »Es könnte ja auch anders sein«, sagte er nachdenklich. »Wenn wir gemeinsam in die Stadt zurückkehren, ich Henry als meinen Sohn anerkenne und wir Pieter die Plantage einfach überlassen, wird kein Gericht etwas dagegen haben. Und Pieter wird froh sein, dich und das Kind los zu sein.«
    Julie unterbrach ihn. Daran hatte sie auch schon gedacht, die Sache hatte nur einen Haken. »Und was ist dann mit all den Menschen, mit Amru, Kiri, Liv, den Sklaven? Ich lasse die doch im Stich!«
    »Kiri ist deine Sklavin, die darfst du mitnehmen, wohin du willst. Und Amru und die anderen Sklaven sind schon viel länger auf der Plantage als du. Sie werden damit klarkommen. Wir könnten ganz neu anfangen, vielleicht mit einer eigenen kleinen Plantage!«
    Julie lachte auf. »Und wie willst du das bewerkstelligen, Jean? Weder du noch ich sind doch besonders wohlhabend.«
    Jetzt lachte auch Jean, während er aufstand und sie am Arm zu den Hütten geleitete.
    »Wico«, er zwinkerte dem Jungen zu, der immer noch am Feuer saß, »pass bitte auf, dass wir nicht gestört werden.«
    Wico quittierte diese Anweisung mit einem breiten Grinsen.
    In der Hütte war es fast dunkel und stickig. Jean befestigte das Sackleinen als Vorhang vor dem Eingang und knöpfte sich den Gürtel auf.
    Julie schaute ihn verdattert an. »Jean, ich weiß nicht ... hier?«
    Jean lachte leise. »Nicht, was du denkst. Warte ab.« Er zog sich die Hose halb herunter und nestelte an einem Band, das um seinen Oberschenkel geschlungen war. Daran hing ein kleiner, flacher Lederbeutel. Jean schmunzelte, als er Julies erleichtertes Gesicht sah. »Ist dir meine Behausung etwa nicht genehm für die Liebe?«, fragte er augenzwinkernd. Dann schüttete er sich aus dem Beutel ein stattliches Häufchen Goldkrümel auf die Hand. »Dabei könnte ich dir das Bett vergolden.«
    Julie schenkte ihm einen zärtlichen Blick. Zaghaft berührte sie mit den Fingerspitzen das glänzende Edelmetall. »Du meinst, das ist für einen Neuanfang? Für eine eigene Plantage?«
    Jean nickte. »Ich kenne jemanden in der Stadt, der dafür unter der Hand mehr bezahlt als auf offiziellen Wegen.« Er schüttete das Gold sorgsam zurück in den kleinen Lederbeutel und schnürte ihn fest um sein Bein, dann zog er die Hose wieder hoch.
    »So, jetzt lass uns einmal was essen, du musst ja total ausgehungert sein von deiner Reise.« Er kniff Julie in beide Wangen, um ihnen etwas Farbe zu geben und zwinkerte ihr zu. »Und mach bitte ein freudig-erschöpftes Gesicht, wenn wir jetzt wieder rausgehen.«
    Das Kneifen hätte er sich sparen können, Julie wurde krebsrot, als sie die Hütte verließen und die schwarzen Männer davor grinsend ihre weißen Zähne zeigten.

Kapitel 16
    »Wico hat gesagt, das ist sehr gefährlich«, flüsterte Julie, während sie sich an Jeans Schulter kuschelte.
    Sie saßen im schwachen Licht des niedergebrannten Feuers, alle anderen Bewohner des Lagers hatten sich bereits zur Ruhe begeben. Wieder bemerkte Julie erstaunt, wie laut der nächtliche Dschungel war. Die Zikaden zirpten viel lauter als in bewohnten Gebieten, Baumfrösche

Weitere Kostenlose Bücher