Im Land der Orangenbluten
gesagt?«
Foni und Kiri schüttelten beide den Kopf. Daran hatte wirklich noch keiner gedacht.
Es dauerte keine Stunde, da kam Suzanna mit zwei weißen Frauen zurück in das Stadthaus. Die eine, rothaarig und groß wie ein Baum und in Schwesterntracht. Die andere klein, zart und im schlichten Arbeitskleid.
»Kiri, das sind Schwester Klara und Misi Erika.« Kiri begrüßte die Frauen höflich und rückte vom Bett der Misi Martina ab. Schwester Klara beugte sich gleich über die Kranke, während Erika sich an Kiri wandte. »Wir ... ich bin eine gute Bekannte von Juliette, wir werden Mevrouw Brick helfen. Habt ihr die Kinder mit? Geht es ihnen gut?«
Kiri nickte. »Ja, Misi, den Jungen geht es gut.« Sie betrachtete nachdenklich ihre Füße. Kiri wusste nicht, ob sie Misi Erika vertrauen konnte. Andererseits schien sie über die Kinder Bescheid zu wissen, ja, sie interessierte sich sogar für ihr Wohlergehen. Außerdem war sie gekommen, um Misi Martina zu helfen. Und wenn sie wirklich eine Freundin von Misi Juliette war, dann wusste sie vielleicht, wo sie war. Aber dann musste sie selbst sich trauen zu fragen ... obwohl das strengstens verboten war. Egal, sie brauchte Gewissheit. Kiri nahm all ihren Mut zusammen. »Misi ... die Misi Juliette«, mit einem Blick auf Martina senkte Kiri ihre Stimme und flüsterte: »Wann kommt sie denn wieder?«
Erika seufzte. »Ach, Mädchen, wenn ich das wüsste.«
Das war nicht die Antwort, auf die Kiri gehofft hatte. Ihr kam das alles sehr merkwürdig vor, aber sie traute sich nicht, weiter nachzufragen. Jetzt stand die Sorge um Misi Martina im Vordergrund.
»Gut, dass Suzanna uns geholt hat.« Misi Erika blickte besorgt auf Misi Martina. »Klara, wie geht es ihr?«
»Sie hat hohes Fieber, wie erwartet. Wir müssen sie kühlen, sie hätte die Anstrengung der Bootsfahrt nicht auf sich nehmen sollen. Warum ...«, weiter kam Schwester Klara nicht.
»Wo ist meine Nichte?«
Misi Valerie kam in das Zimmer gestürzt. »Martina?« Verwundert blickte sie auf die Frauen, die um Misi Martinas Bett standen. »O nein! Martina ...«
Misi Erika klärte Misi Valerie kurz über die Ereignisse auf. Gerade als sie fertig war, drangen von unten laute Stimmen nach oben.
»Hier geht es ja zu wie im Taubenschlag! Alle raus jetzt aus dem Zimmer, die Patientin braucht Ruhe«, befahl Schwester Klara.
Die Stimmen im Flur wurden lauter. Kiri zuckte verschreckt zusammen und schob sich hinter Misi Erika.
»Wer ist das? Ist das Martinas Mann?« Misi Erika war auf dem Weg in Richtung Zimmertür, als sie Kiris erschrockenes Gesicht wahrnahm. »Kiri, was ist denn?«
»Misi ... die Misi Martina wollte nicht, dass wir ... Masra Pieter ... wir sind heute Nacht heimlich von der Plantage abgefahren«, stammelte Kiri panisch.
»Heimlich?« Misi Erika blickte von Kiri zu Misi Valerie und zurück, während auch den anderen die Tragweite dieser Aussage bewusst zu werden schien. »Oh!«
»Ich regle das«, sagte Misi Valerie. Ihre Stimme drückte Entschlossenheit aus.
In diesem Moment wurde polternd die Tür aufgestoßen, und Masra Pieter stürmte herein. Einen kurzen Moment blieb er stehen, dann knurrte er: »Wer sind Sie? Was machen Sie in meinem Haus?« Dann fiel sein Blick auf Misi Valerie. »Was machst du hier?«
Bevor Misi Valerie aber etwas entgegnen konnte, richtete sich Schwester Klara auf, die eben noch gebeugt über dem Krankenlager von Misi Martina gestanden hatte, und baute sich vor Masra Pieter auf.
»Ist das Ihre Frau?«, fragte sie bestimmt. Als er kurz nickte, fuhr sie im selben Tonfall fort: »Gut. Sie ist sehr krank, deswegen sollten Sie hier nicht so einen Krach machen. Und jetzt gehen wir alle nach unten und besprechen das dort. Die Frau braucht absolute Ruhe.« Schwester Klara verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Masra Pieter herausfordernd an.
»Das lassen Sie mal meine Sorge sein, ich bin Arzt!«, donnerte Masra Pieter.
»Ach ja? Und warum lassen Sie zu, dass Ihre Frau sich in diesem Zustand bis in die Stadt schleppen muss? Offensichtlich konnten Sie ihr ja nicht helfen, oder?«
Kiri presste nervös die Lippen aufeinander, so hatte sie noch nie jemanden mit Masra Pieter sprechen hören.
Er schien das auch ungeheuerlich zu finden. »Was erlauben Sie sich eigentlich?«, fauchte er und versuchte, an Schwester Klara vorbei zum Bett der Misi zu gelangen.
Schwester Klara aber packte ihn kurzerhand an den Oberarmen und schob ihn aus dem Raum. »Die Frau braucht Ruhe, hab ich
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