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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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ließen vielstimmig ihr hohes Quaken ertönen, und aus der Ferne zerschnitten tiefe, grollende Tierlaute die Luft. Julie wollte lieber nicht wissen, wer deren Urheber war.
    Jean schob noch etwas feuchtes Holz in die Glut, der beißende Rauch hielt zuverlässig die Myriaden von Moskitos ab.
    »Ja, es ist gefährlich. Die Vorarbeiter kontrollieren jeden, der das Lager verlässt. Einige haben sich schon sehr merkwürdige Stellen einfallen lassen, um das Gold zu schmuggeln. Aber ich kann sie verstehen, der Lohn ist wirklich schlecht. Hätte ich das vorher gewusst ...«, Jean seufzte leise. »Wenn wir es nicht schaffen, das Säckchen hier rauszubringen, stehen wir in der Stadt mit nichts da. Es muss einfach gelingen! Uns wird schon was einfallen.« Aufmunternd zog er Julie an sich. »Und jetzt lass uns versuchen zu schlafen, ich habe noch ein paar anstrengende Tage vor mir, bis wir abfahren können.«
    Während Jean am nächsten Tag früh morgens tief im Wald verschwand, nutzte Julie die Abwesenheit der Männer, um sich erst einmal ausgiebig zu waschen und ihre Kleidung zu reinigen. Die Luft war schwül, und zähe Nebelschwaden standen zwischen den Bäumen am Fluss. Bis auf die Geräusche des Waldes war nichts zu hören. Vögel und Insekten schwirrten umher. Julie war das unheimlich. Sie war noch nie so allein in der Wildnis gewesen. Aufmerksam beobachtete sie das Wasser – hier gab es Kaimane und Schlangen. Auch von Büschen und Bäumen sollte sie sich fernhalten, hatte Jean ihr geraten. Das hier war das Reich der Urwaldbewohner, und der Mensch war nur ein ungern gesehener Gast, der sich allerdings gut beißen, stechen oder anderweitig angreifen ließ.
    Julie hatte ihre Säuberungsaktion gerade beendet, als aus einer der Hütten ein leises Scheppern erklang. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Eigentlich konnte niemand mehr im Lager sein. Die Männer waren im Wald zum Goldsuchen, und die drei schwarzen Burschen, die in einigen Tagen als Ablöse für Heimreisende anfangen sollten, waren zur Jagd aufgebrochen. Julie war also allein im Lager.
    Auf das Scheppern folgte nun ein kratzendes Geräusch, dann ein leises Klacken und wieder ein Kratzen.
    Julie lauschte. »Ist da jemand?«
    Keine Antwort. Dafür erneutes Scheppern.
    Julie bekam Angst. Wenn das nun ein Dieb war? Ein Buschneger oder gar ein Eingeborener?
    Rasch sah sie sich um, sie brauchte eine Waffe. Falls der Eindringling auf die Idee kam, Frauen zu rauben.
    Sie fand einen dicken Ast und nahm ihn in die Hand. Vorsichtig schlich sie dichter an die Hütte heran, aus der die Geräusche gekommen waren, die im Moment allerdings verstummten. Julie versuchte, so leise wie möglich zu sein, aber der Sand unter ihren Stiefeln knirschte laut. Ein Rascheln, eine schnelle Bewegung, und schon sprang ihr ein kleines, gelbzahniges Ungetüm entgegen. Julie schrie auf, ließ den Stock fallen und rannte los. Ein fauchendes Geräusch ließ sie vermuten, dass das Biest sie verfolgte.
    Sie erblickte neben einer Hütte einige Proviantkisten und sprang mit einem beherzten Satz hinauf. Hektisch wandte sie sich um und sah das graue Fell eines Tieres mit hässlichem Kopf, langer Schnauze und rattenartig kahlem Schwanz. Es erhob sich an der Kiste auf die Hinterbeine, als wolle es Julie folgen. Sie kletterte panisch noch eine Etage höher, bis sie das Dach der Hütte erreichte. Mühsam zog sie sich hinauf und stieß sich dabei so kräftig mit dem Fuß von den oberen Kisten ab, dass der Stapel ins Wanken geriet und mit einem lauten Gepolter umfiel. Das Tier machte einen Satz rückwärts und gab, als aus den Kisten diverse Bananen und anderes Obst purzelten, einen quietschenden Laut von sich. Genüsslich begann es, seine neue Beute zu verspeisen. Julie saß derweil mit klopfendem Herzen auf dem Dach und bedachte ihre Lage. Zum Herunterspringen war es ein bisschen zu hoch, zum Hinabklettern gab es nichts mehr, und solange dieses kleine Monster da unten herumlungerte, blieb sie lieber auf dem Dach.
    Erst nach einigen endlosen Stunden kamen die drei schwarzen Burschen von der Jagd. Das graue Untier hatte sich vollgefressen in den Schatten einer Hüttenwand gelegt und gab laute schnarchende Geräusche von sich.
    »Heee ... psst ...!« Julie versuchte, nicht zu laut zu sprechen.
    Als die Burschen Julie auf dem Dach bemerkten, tauschten sie verwunderte Blicke aus. Julie deutete derweil hektisch mit dem Finger auf das schlafende Tier. Die Männer folgten ihrem Wink und lachten laut auf, als sie das

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