Im Land der Orangenbluten
sie Erika erklären sollte, dass sie sich nicht selbst um Aikus Wohl sorgen konnte.
»Ihr Mann wünscht nicht, dass Sie sich in schlechte Gesellschaft begeben.« Erika sah, wie die junge Frau sich quälte, und sprach aus, was diese sagen wollte. Sie nickte verständnisvoll und tätschelte über die Absperrung Julies Hand. »Kein Problem, ich werde mich darum kümmern.« Wieder blitzten Erikas Augen auf, als freue sie sich über eine Aufgabe.
»Aber dieser Matrose, dieser Ferger ...«
Erika winkte ab. »Machen Sie sich keine Sorgen, er ist uns gegenüber ganz zurückhaltend; er denkt wohl, dass wir es unserem Herrgott verraten, wenn er nicht nett zu uns ist.« Erika kicherte.
»Und sagen Sie Erika zu mir, ja?«
Julie sah ihre neue Verbündete und Freundin dankbar an.
»Gern, Erika. Juliette.«
Erika nahm von Julie ein kleines Bündel entgegen. Julie hatte beim Frühstück heimlich etwas Brot und Käse eingeschlagen, während Karl mit einem Mann am Nachbartisch geredet hatte. Jetzt gab sie es Erika, auf dass sie es zu Aiku bringen sollte.
So verfuhren sie auch in den nächsten Tagen. Immer am späten Vormittag trafen sie sich an der Absperrung. »Sie können, ich meine, ich weiß ja nicht, wie man Sie versorgt, wenn Sie möchten ... es ist genug darin.« Julie war der Gedanke gekommen, dass es den Frömmlern, was die Versorgung anbelangte, vielleicht auch nicht so gut erging. Erika schüttelte den Kopf. »Danke, Juliette, aber das, was der Herr uns reicht, reicht für uns aus. Ich denke, Aiku bedarf es nötiger.«
Erika hatte unterdessen Julie gegenüber den Verdacht geäußert, dass Ferger von der Ration, die von Seiten des Schiffes für die Schwarzen gedacht war, etwas für sich zurückhielt. Sorgsam hatte sie neben dem Matrosen gestanden, bis dieser das mitgebrachte Päckchen an die Schwarzen weitergegeben hatte. Es den beiden Gestalten wieder abzunehmen, traute er sich nicht. Erika hatte beobachtet, dass Ferger zwar ein großes Mundwerk hatte, aber immer darauf bedacht war, die Sklaven auf sicherem Abstand zu halten. Julie beruhigte es, Aiku jetzt wenigstens unter Obacht zu wissen.
Die Ohrfeige traf Julie unvermittelt und mit voller Wucht.
Überrascht hielt sie sich die Wange und unterdrückte die aufsteigenden Tränen. »Was ...?«
Karl war in die Kabine gepoltert und hatte sie barsch am Arm gepackt, dann hatte sie auch schon der Schlag erwischt. »Ich habe dich gewarnt, du sollst dich nicht mit den Schwarzen einlassen! Glaubst du, ich finde nicht heraus, was du treibst? Der Kapitän hat mich heute darauf angesprochen. Ob mir seine Behandlung für die Sklaven nicht ausreichen würde? Ihm sei zu Ohren gekommen, dass unser Sklave eine gehörige Extraration bekomme. Das hat jetzt ein Ende. Und ...«, böse funkelte er Julie an, »halte dich gefälligst auch von diesen Frömmlern fern!«
Am nächsten Morgen prangte ein großer blauer Fleck neben Julies linkem Auge. Sie traute sich so nicht an Deck. Was würden die anderen Frauen wohl denken, wenn sie die Verletzung sahen?
Als Wilma besorgt an die Tür klopfte und sich nach Julies Befinden erkundigte, versuchte diese, sie wegzuschicken. »Mir geht es wirklich nicht gut Wilma, kommen Sie besser nicht herein. Nicht dass ... dass ich Sie anstecke.«
Wilma aber ließ sich nicht so leicht abweisen. »Ach, Kindchen, so schlimm wird’s ja wohl nicht sein.« Als sie die Kabine betrat, zog Julie verlegen die Decke über den Kopf, um das blaue Mal vor ihr zu verbergen.
Wilma schöpfte sofort Verdacht und schnalzte laut, nachdem sie die Decke zurückgezogen hatte. »Na, Mädchen, was ist denn mit Ihnen passiert? Ansteckend ist das ja wohl nicht!«
»Ich bin gestolpert ... der Tisch.« Julie hörte selbst, wie wenig überzeugend diese Erklärung klang. Sie schämte sich schrecklich.
»Tisch, hm?« Wilma setzte sich auf die Bettkante und verfiel jetzt in einen mütterlichen Tonfall. »Armes Mädchen, Ihr Karl ist manchmal etwas ... schwierig, wie?« Julie brach in Tränen aus. Wilmas Zuwendung berührte sie zutiefst, und die Angst, Anspannung und Trauer der vergangenen Wochen brachen aus ihr heraus. Tröstend legte Wilma ihren Arm um Julie und wartete geduldig, bis die Tränen langsam versiegten. »Wissen Sie, vielleicht ist er einfach auch nur so komisch wegen ... weil ... wenn die Kerle hier so viel trinken ... manche bekommen auf dem Schiff ja einen regelrechten Lagerkoller. War er böse mit Ihnen?«
Julie nickte nur.
»Eifersüchtig vielleicht?«
Darauf
Weitere Kostenlose Bücher