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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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Karl genervt geschnaubt hatte: »Hast du das bei deinem frechen Cousin aufgeschnappt?«
    Julie hatte im Folgenden auf eine Diskussion mit Karl verzichtet.
    Seit ihrer Ankunft in Surinam gab Karl sich ganz dem bequemen kolonialen Leben hin, was bedeutete, dass er jeden überflüssigen Handgriff vermied – schließlich gab es dafür Sklaven. »Deine Kiri wird das auf der Plantage auch schnell lernen, ich habe dort erfahrene Frauen, die sie anleiten werden«, hatte Karl gesagt.
    Julie allerdings wusste gar nicht, ob sie das wollte, bisher war sie auch ganz gut allein klargekommen. Natürlich fand sie das Leben mit Dienstpersonal ganz angenehm, aber so wie das hier zelebriert wurde? Bereits auf dem Schiff hatte sie von den anderen Frauen gehört, dass es ganz normal war, dass die Sklaven ihren Herrschaften auch bei der Körperpflege und beim Ankleiden halfen. Sich von einem Dienstmädchen das Kleid schließen zu lassen oder seine Hilfe beim Frisieren anzunehmen, war für Julie ja noch in Ordnung – aber das Übertragen sehr intimer Handgriffe auf eine Sklavin?
    Besorgt blickte sie nun auf Kiri im Bug des Bootes. Hatte sie dem Mädchen vielleicht gar keinen Gefallen getan, sie auszuwählen? Was bedeutete es jetzt für Julie, nun eine Misi zu sein, welche Aufgaben würden auf sie zukommen?
    Irgendwann wurde das Gemurmel der Burschen lauter, und auch Karl rappelte sich auf. Sie näherten sich der Plantage. Zunächst konnte Julie nicht viel erkennen, ein wahres Pflanzendickicht versperrte die Sicht. Aber dann, ganz in der Nähe des Ufers, öffnete sich hinter dem Grün der Blick auf eine Ebene. Dort lag ein Garten. Nein, ein kleiner Park mit niedrigen Hecken, blühenden Büschen und hohen Bäumen. Leider währte der Blick nur kurz – die Uferböschung wurde höher. Julie konnte es kaum erwarten. War das Rozenburg? War das ihre zukünftige Heimat?
    Aufgeregt kletterte Julie mit steifen Gliedern aus dem Boot und folgte Karl einen Weg die Uferböschung hinauf. Der Blick, der sich ihr oben zeigte, entschädigte sofort für die unbequeme Fahrt.
    »Willkommen auf Rozenburg.« Auf Karls Gesicht zeigte sich zufriedener Stolz.
    Julie war wahrhaftig entzückt. Am Ende der baumdurchsetzten Gartenanlage, auf der vereinzelt Gruppen niedriger Büsche und üppig blühender Pflanzen wuchsen, ragte das Plantagenhaus empor. Das Herrenhaus war ein breiter, ausladender, weiß getünchter Holzbau mit grünen Fensterläden. Es stand auf steinernen Sockeln errichtet – vielleicht als Schutz gegen das Hochwasser? Im vorderen Bereich gab es eine große Veranda, zu der mittig eine Treppe führte. Über der Veranda lag wiederum ein Balkon, dieser war allerdings wesentlich breiter als der des Stadthauses. Julie war überwältigt. Der Begriff »herrschaftlich« traf den Anblick durchaus. Ein Weg, gesäumt von Zitronen- und Orangenbäumen, führte dorthin.
    Ihre Ankunft war nicht unbemerkt geblieben. Kaum hatten sie die ersten Schritte auf das Haus zugemacht, strömten die ersten Sklaven zur Begrüßung der Ankömmlinge dahinter hervor. Zu Ehren des heimgekehrten Masra stimmte die Gruppe ein kurzes Lied an. Karl bedachte die Schar Schwarzer mit einem kurzen Nicken und ging, noch bevor der Gesang beendet war, weiter auf das Haus zu. Julie war enttäuscht, dass Karl die Bemühungen dieser Menschen auf diese Weise missachtete. Sie verweilte einen Moment vor dem Begrüßungskomitee, bis der Gesang verstummt war und nickte den Sängern lächelnd zu, musste sich dann aber beeilen, Karl einzuholen, der bereits vor dem Haus stand.
    Julie erschrak heftig, als auf dem Weg zum Haus ein großer grüner Papagei angeflattert kam und sich neben ihr auf dem Boden niederließ. Mit schief gelegtem Kopf schritt er um ihre Beine und schaute zu ihr hoch.
    Karl drehte sich um und betrachtete den Vogel sichtlich verblüfft. Dann schritt er auf ihn zu und stieß ihn mit dem Fuß beiseite, was der Vogel mit aufgeregtem Gekecker, ausgebreiteten Flügeln und einem drohend geöffneten Schnabel quittierte.
    »Beachte ihn nicht, der tut nichts«, murmelte Karl und ging weiter, bevor er schnurstracks durch die Eingangstür verschwand.
    Julie versuchte, ihre Beine außer Reichweite des Tieres zu bringen und schlug einen Bogen um ihn. Der Vogel beruhigte sich, als Karl sich entfernte und wackelte mit putzig nickendem Kopf hinter Julie drein.
    Vor der Veranda hatten sich einige neugierige Sklaven versammelt. Plötzlich polterte eine weitere Tür der Veranda auf und eine große,

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