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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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stämmige Schwarze baute sich an der Balustrade auf. »Habt ihr nichts zu schaffen? Aiku! Bring das Gepäck ins Haus«, bellte sie harsch in Richtung der Sklaven, die sich sofort vom Vorplatz trollten. Kurz musterte die Frau Kiri, die ratlos vor dem Haus stehen geblieben war, und bedeutete ihr, den anderen Sklaven zu folgen. Dann wandte sie sich an Julie, die vor der Tür verharrte. »Misi«, sagte sie demütig und hielt Julie die Tür auf.
    Julie fand sich in einer kleinen Eingangshalle wieder, von der links und rechts Türen abgingen. Geradeaus führte eine sich im Verlauf teilende Treppe in die oberen Stockwerke. Julie war überwältigt. Sie hatte nicht damit gerechnet, ein Haus in einem fast europäischen Stil vorzufinden. An den Wänden prangten goldgerahmte Spiegel, und über den Anrichten aus dunklem Holz hingen zahlreiche Gemälde.
    »Juliette, kommst du?« Karl erschien in einer Tür links neben Julie. Sie riss ihren Blick von den Wänden los und folgte ihm in einen ansprechenden Salon. »Setz dich, Juliette.« Karl selbst ließ sich in einem der bequemen Sessel nieder. Auf sein Rufen erschien gleich die Sklavin, die bereits auf der Veranda aufgetaucht war, in der Tür. Sie war hochgewachsen, hatte ein breites Gesicht mit einer flachen Nase, üppige weibliche Rundungen, tiefschwarze Haut und ihre Augen leuchteten wachsam. Julie hatte sofort Respekt vor dieser imposanten Frau. »Amru, das ist Misi Juliette, meine neue Frau. Richte das Essen an, wir haben Hunger. Und morgen wirst du ihr das Haus und die Plantage zeigen.«
    Die Sklavin nickte.
    Nach dem Abendessen entschuldigte Karl sich mit den Worten, er habe noch im Arbeitszimmer zu tun. Er wies Amru an, Julies Zimmer herzurichten.
    »Juliette, du kannst solange auf der Veranda warten. Amru führt dich hinauf, sobald das Zimmer bereit ist.«
    Julie ließ sich erschöpft auf einem der Stühle auf der vorderen Veranda nieder. Von hier hatte sie eine herrliche Aussicht bis zum Fluss, der tiefschwarz im Abendlicht dahinzog. Die Luft war etwas besser als in der Stadt, aber auch hier verzog sich die Schwüle des Abends nur langsam. Über den Büschen, die vor dem Haus gepflanzt waren, flatterten einige Schmetterlinge. Julie staunte über ihre Größe. Alles in diesem Land schien prachtvoller, üppiger und größer zu gedeihen als in Europa.
    Sie erschrak, als der grüne Papagei wieder angeflattert kam. Er setzte sich auf die Balustrade der Veranda, stolzierte elegant darauf herum und beäugte Julie von allen Seiten.
    Julie hatte Scheu vor diesem Tier, war aber erleichtert, als er keine Anstalten machte, sie anzugreifen. Sie betrachtete den Vogel genauer. Seine Federn schillerten in sattem Grün, und seine frechen schlauen Augen schienen sie unablässig zu erforschen. Ab und an öffnete er seinen Schnabel, gab aber keinen Laut von sich. Ein hübsches Tier.
    »Na, du?«, sagte sie leise. Der Vogel hielt sofort inne, dann wippte er mit dem Kopf auf und ab, als ob er nicken wollte. Julie lächelte – wenigstens die Tiere schienen ihr hier wohlgesinnt.
    Aus der seitlichen Tür trat Amru auf die Veranda. »Misi, Ihr Zimmer ist hergerichtet.« Auch die schwarze Frau blickte kurz verwundert zu dem Vogel. »Nico!«, rief sie erstaunt aus, dann aber schüttelte sie kurz den Kopf, murmelte etwas Unverständliches und deutete Julie an, ins Haus zu gehen.
    Julie stand auf, um der Frau zu folgen, doch diese versperrte ihr vor der Tür, aus der sie selbst gekommen war, den Weg. »Nein!« Sie schüttelte belustigt den Kopf. »Sklaven hier«, sie zeigte auf die rechte Tür, »Misi diese Tür«, und öffnete für Julie die linke.
    Julie war irritiert. Es gab also zwei Eingänge zum Haus, wovon einer den Weißen vorbehalten schien. Sie fand das alles ziemlich kompliziert.
    Amru geleitete sie in das obere Stockwerk. Von einem Flur links der Treppe gingen vier Türen ab. Amru steuerte Julie an der ersten vorbei und sagte knapp, auf die Tür zu ihrer Linken deutend: »Masra Karl«. Vor der zweiten blieb sie stehen. »Misi Juliette, bitte ...«
    Julie betrat den Raum. Es war ein helles Zimmer, der halbe Raum wurde durch ein großes Bett auf der rechten Seite eingenommen. An der linken Wand registrierte Julie eine weitere Tür, die vermutlich in das Nebenzimmer führte, wo »Masra Karl« schlief. Schnell lenkte sie sich von dem unangenehmen Gedanken ab, die ihr diese Tür brachte. Karl würde bestimmt ... Julie trat an das große Fenster. Sie hatte von hier aus eine noch bessere

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