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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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eine der Damen sich seiner annahm, eines warmen verregneten Nachmittags, und ihn, den knapp Halbwüchsigen, in das Leben eines Mannes einführte. In einer gemütlichen Ecke, nicht weit vom Bühnenvorhang.
    Aber er heiratet die falsche Schöne, eine andere, eine Lustfeindin, die ihre Feindschaft nicht eingesteht und ihm die Lust vorspielt, ja ihn lobt als Liebhaber. »Dabei konnte ich ihr nicht einen Funken Sinnlichkeit verschaffen«, bekennt er. Aber irgendwann, Jahre später, war die agony vorbei, er entdeckt den Schwindel, erkennt sich als Betrogener und will keinen Sex mehr mit einer, die keinen will. Er bittet die Frau, die er einmal angebetet hat, um die Scheidung, bittet sie, »the grave«, das Grab, verlassen zu dürfen.
    Inzwischen hat sich der Entertainer in einem sündig-sinnlichen Leben eingerichtet. In einem Alter, in dem andere ihre ersten Inkontinenz-Hosen ausprobieren. Ich darf einen Blick auf sein King-Size-Bett werfen, nur zwei Bretterwände getrennt von Kellys Sarg. (Die Nähe soll ihn an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern.) Während seine Nachbarn, sagt er, alle Nachbarn in Glenrowan, jeden Abend vor dem Fernseher »das Sterben üben«, bestellt er sich einen schönen Menschen in die Kemenate. Das kostet, doch dafür »bekomme ich das Ergreifendste (›the most touching‹) geboten, was einem Mann geboten werden kann«.
    Robert, the kid . Witzig, frech, jungenhaft, begehrlich, charmant, ein Kind, das gegen den Weg allen bürgerlichen Fleisches rebelliert. Das leben will. Und nicht seine Tage und Nächte als seniles Schaf verbringen. Nie klingt er protzig, immer erzählt hier einer, der sich vorgenommen hat, an den Gaben und Wundern der Welt teilzunehmen. Solange es nur geht. Er benutzt den Kick – ob nun als friemelnder Theaterdirektor oder Liebhaber von Schönheit – als Droge gegen die Trostlosigkeiten, die das Alter dem Leben zumutet. Er »spinnt«, und Spinner – wie oft erwiesen – leben besser, intensiver, glücklicher. Weil sie die Tricks kennen, um der Tristesse des Alltags zu entgehen, weil sie auf ihr Glück bestehen. Für ihn muss Bernard Shaw den Satz geschrieben haben: »Wir brauchen dringend einige Verrückte. Schaut euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.«
    Nachmittags stelle ich mich neben die Straße, strecke den Daumen raus, muss nach Wangaratta. Im Animated Theatre knallen wieder die Schüsse, wieder dringen die Schreie der letzten Schlacht nach draußen. Zum fünf- oder zehntausendsten Mal kämpft Ned Kelly um sein Leben. Die Sonne strahlt, Robert schreit einen letzten Gruß herüber, ein Van hält und ich bin dabei.
    Fahrer Graham ist ein scheuer Mensch. Er arbeitet hier als Koch in einem der Restaurants. Fast jeder im Ort lebt vom Nationalhelden. Wäre N. K. hier nicht umgeschossen worden, gäbe es Glenrowan nicht. Wir plaudern. Irgendetwas an dem vielleicht 35-Jährigen ist anders, verschlossener, zurückhaltender. Ich frage ihn:
    â€“ Are you happy?
    â€“ Sometimes.
    â€“ What makes you happy, sometimes?
    â€“ Paxtime. (Er deutet auf eine Schachtel Antidepressiva.)
    Er redet wie einer, der sich auskennt. Seit zwanzig Jahren ist er klinisch depressiv. Von einer Therapie will er nichts wissen, er glaubt nicht an Psychologie. Er wisse auch keinen Grund für den Absturz. Plötzlich war er da, aus heiterem Himmel, eines Morgens. So schluckt er jeden Tag. Das hilft. Er platzt hinterher nicht vor Glück, aber die Dämonen der Schwermut halten sich zurück, sie reißen ihn nicht mehr ins dunkle Loch.
    In Wangaratta bricht keine Depression aus, aber man darf sterben, ohne hier gewesen zu sein. Plakate hängen aus, um die Heat-is-on- Tour anzukündigen, Australia's hottest men explode onto the stage with their sensational bodies . Das ist so ein Moment, in dem ich wieder von einem anderen Beruf träume, dem hier: in eine Stadt kommen und mit bloßem Körper und Badehose die Bühne betreten. Und alle freaken aus. Und wieder wegtreten. Keine Gedichte rezitieren, nichts vorturnen, nicht Tango tanzen, nicht Feuer schlucken, kein Wasser aus Indien zaubern, nein, nichts, nur unbekleidet vor anderen spazierengehen und hinterher Geld abholen. Das ist tatsächlich sensationell.
    In Wangaratta gibt es einen Bahnhof, deshalb der Stopover. Ein gekrümmter Mensch und ich erreichen gleichzeitig den Schalter. Mit einer eleganten

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