Im Land der Regenbogenschlange
einverstanden, ihr einen Platz auf einem Boot zu verschaffen, in zehn Tagen soll sie die erste Hälfte des Fluchtgeldes mitbringen, der Rest ist bei Ankunft fällig. Gezahlt wird ausschlieÃlich mit Gold, mit Goldringen, da die inflationären Dong nichts wert sind.
Aber am vereinbarten Tag taucht der Fluchthelfer nicht auf. Wie sich herausstellt, wurde Thảo von den Schleppern heimlich beobachtet. Um sicherzustellen, dass sie nicht mit den Behörden kollaboriert. Sie besteht den Test, bei der dritten Verabredung wird sie von einer Frau durch die Gassen der Stadt geführt, sie betreten mehrere Häuser, die sie durch den Hinterausgang wieder verlassen. Einziger Sinn des Verwirrspiels: mögliche Polizeiinformanten abzuhängen. Jetzt übergibt Thảo die erste Rate, erfährt den Zeitpunkt, den Startpunkt.
Die fragliche Nacht kommt, plötzlich tauchen am Strand zwei Dutzend Leute auf, ohne alles, Gepäck ist nicht erlaubt, im Fahrpreis inbegriffen ist die Verpflegung. Rein ins Ruderboot, zwei der Fünf-Mann-Crew legen sich in die Riemen, nach einer Stunde erreichen sie »the big boat«, mit Vollgas geht es hinaus auf die internationalen Gewässer. Schon am nächsten Morgen sichten sie einen Tanker, sie schreien vor Freude, holen die groÃen weiÃen Fahnen heraus und winken. Als es zu spät ist, erkennen sie, dass sie in eine Falle getappt sind: Russen! Kommunisten! Das Ende! 24 Stunden später sind sie wieder auf vietnamesischem Festland, der Geheimdienst wartet schon, die Handschellen schnappen, Thảo kommt in ein Gefängnis, in einem Vorort von Saigon.
Verhöre. Warum das schöne sozialistische Vietnam verlassen? Ganz simpel, sie wollte ihrem Mann folgen (kein Wort, dass er sich in Australien befindet), schlieÃlich ist sie verheiratet. Folglich keine politischen Gründe, nur private. Das ist nicht weniger staatsfeindlich, sie bleibt in Haft. Eine Freundin kommt, sie wird sich um den Sohn kümmern, er muss nicht sitzen. Ãberraschenderweise wurden die Gefangenen bei der Einlieferung nicht durchsucht, somit hat Thảo noch immer das Gold, mit dem sie in Hongkong ihre Restschuld begleichen wollte. Als sie ihr Kind übergibt, befindet sich das kleine Vermögen in der Tasche des Jungen, den Kleinen wird keiner checken. Leider ist die Freundin schwachsinnig. Statt wie besprochen diskret die Freilassung von Thảo zu erkaufen, versucht sie mit wenig diskreter Lautstärke zwei Wachposten zu bestechen. Die nichts annehmen können, weil andere mitgehört haben. Das Gold wird konfisziert, die jetzt 26-Jährige auf eine Insel mit einem stacheldrahtverzäunten Bunker und viel Wald verlegt.
Holzhacken als Strafe für Republikflucht, verpflegt mit mageren Reisportionen und welkem Gemüse. Um vier Uhr aufstehen, Körperertüchtigung, um sechs los, immer im Pulk von 15 Männern und Frauen, angetrieben und beaufsichtigt von zwei Mann Personal, die Kalaschnikow im Anschlag. Nachts hört die Drangsal nicht auf, Thảo ist eine hübsche Zuchthäuslerin, das bewaffnete Gesindel begehrt Einlass. Die Bedrängte bastelt eine Vorrichtung, um die Fensterläden auch von innen schlieÃen zu können.
Einen ihrer Ringe hatte Thảo schon in Saigon verschluckt, als eiserne Reserve. In der Barracke befreundet sie sich mit einer gewöhnlichen Kriminellen, sie planen gemeinsam den Ausbruch. Mit dem Schmuck soll ein Boot besorgt werden. Und ein Aufseher, damit er bei Gelegenheit in die andere Richtung schaut. Die Kriminelle findet die Idee toll und verspricht, ihre Kontakte zu aktivieren. Und geht zum Gefängnisdirektor, um Thảo zu denunzieren. AnschlieÃend verprügelt die Polizei die Ringbesitzerin, sie wollen mehr Ringe, wollen sie aus ihr herausprügeln. Irgendwann sagt Thảo zum Chef-Schläger, dass er ihr eine Kugel in den Kopf jagen soll, sie wisse keinen Sinn mehr im Leben. Sie darf gehen, geht zurück zur Barracke, verprügelt die Denunziantin, die anderen prügeln gleich mit. Sich gegenseitig verraten gilt als Frevel.
Wochen, Monate vergehen, eines Tages stiehlt Thảo das für die Angestellten bestimmte Wasser. Aus purer Angst zu verdursten. Sie entwendet den ganzen Kanister, teilt ihn mit den anderen, sagt ihnen, dass sie alle Schuld auf sich nehmen wird, sollte der Diebstahl entdeckt werden. Natürlich kommt es heraus, die Diebin hält ihr Versprechen, meldet sich als
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