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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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nicht sein. Dennoch geht sie weiterhin in Pubs, in Clubs, »but just to make out with boys«, aber nur um zu fummeln. Mehr gibt sie nicht her. Denn das hieße ja, ihre Macht zu verlieren. Und die will sie behalten. Wenn der Mann nach ihr hungert, sie aber nicht, dann ist der perfekte Zustand erreicht. Eben das Gefühl der Überlegenheit, das Wissen, dass niemand sie beherrscht und kein Gramm Freiheit verloren geht.
    Ob sie glücklich ist, will ich noch wissen. Und das Mädchen, die blutjunge Frau, lacht, sagt lachend: »Natürlich, was sonst?« Und was macht sie glücklich? Und jetzt steht Erin auf, lacht wunderbar frech und unbesiegbar: »Me!«
    Am nächsten Tag scheint die Sonne, ich nehme den Bus, ein paar Kilometer außerhalb von Wollongong liegt der Nan Tien Temple . Vor zehn Jahren wurde die Anlage vom Fo Guan Shan , einem buddhistischen Orden, eröffnet. Ich kenne ein paar Daten der Organisation, die aus Taiwan kommt. Sie lehrt einen modernen Buddhismus, immer bemüht, die damaligen Weisheiten mit den Ansprüchen jetziger Zeitläufte zu versöhnen. Da will ich hin, auch um mich zu rüsten für eine lange Reise. Will in die Nähe einer Weltanschauung, die in mir nur Wohlwollen auslöst, Gleichmut, ein Gefühl von Wärme.
    Vor ein paar Tagen stand in der Zeitung unter der Überschrift »The Rise of the Godless«, dass in Australien die Zahl der Gottlosen zunimmt, sich immer mehr Menschen von ihrem herrischen Monotheismus abwenden und auf etwas zugehen, das nicht herrisch sein will, das sich nicht als allein selig machend aufspielt, das nie einen Kreuzzug angezettelt hat und nie moralinsauer missionarisch um den Erdball zieht. Das immer wiederkehrende Argument jener, die befragt wurden, warum sie ihren christlichen Glauben aufgegeben haben, war die Erkenntnis, wie absurd der Katholizismus auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts reagiert. Bevölkerungsexplosion, Familienplanung, Stellung der Frau in der Gesellschaft, homosexuelle Liebe, Zölibat – nur ein paar Stichworte.
    Doch sei jeder Neo-Gottlose gewarnt. Wer aus der Kirche »austritt«, auch in jungen Jahren, wird das Gift nicht mehr los, nicht schnell zumindest, das ihm die Religion eingeflößt hat. Zu oft und zu tief hat er jenen Giftbecher geleert, der ihn mit dem diffusen Gefühl von Schuld und Versagen verseuchte.
    Dennoch, die Gottlosigkeit scheint eine gute Entwicklung. Was haben die Inhaber ewiger Gewissheiten – der real existierende Islam ist um kein Jota aufgeklärter – zum Weltunfrieden beigetragen. Der Bestseller-Status der kürzlich veröffentlichten Bücher von Richard Dawkins ( Der Gotteswahn ) und Christopher Hitchens ( Der Herr ist kein Hirte ) belegen die Tendenz. Je schneller der Mensch die Vernunft wiederentdeckt, desto eher hat er die Chance zu überleben. Das Erfreulichste am Buddhismus ist die Tatsache, dass es sich um keine Religion handelt. Es gibt keine Himmelreiche und keinen »lieben Buddha« (auch keinen strafenden), es gibt nur Vorschläge. Und das Individuum, das sie annimmt oder ablehnt. Offensichtlich geht es vielen nicht anders als mir: Ich will nicht glauben, ich will wissen oder aushalten, dass ich nicht weiß.
    Der Tempel Nan Tien liegt an einem Hang, mit Blick auf das Land. Niemand kontrolliert den Eingang, keine Gepäckuntersuchung. Es gibt kein Ausfragen, kein Abchecken, kein verstecktes Lauern und Misstrauen. Man ist willkommen, bekommt einen Lageplan und eine Broschüre, darf sich frei bewegen. Das Angebot umfasst Meditation, Tai Chi, buddhistische Studien, vegetarisches Kochen und ein awarness weekend retreat . Während eines Wochenendes kann man Achtsamkeit üben, die immer wieder monumentale Aufgabe, sich einer Tätigkeit ganz und ausschließlich hinzugeben.
    Ich gehe runter zum Lotus Pond, ein stiller Teich, umgeben von kleinen übermoosten Statuen und Bäumen, Laub liegt auf der Wiese. Sich setzen und nach dem peace of mind Ausschau halten. Hier stehen die Chancen gut, dass der innere Frieden vorbeikommt. Vögel zwitschern, die Sonne wärmt, bisweilen das Geräusch eines nach Luft schnappenden Fischleins.
    Der heute 81-jährige Mönch Hsing Yun hat den Orden vor vierzig Jahren gegründet, in über 170 Ländern ist er augenblicklich vertreten. Das Hauptgewicht liegt auf Erziehung, Universitäten werden eingerichtet, Colleges, Bibliotheken, Kunstgalerien. Oft wird auch

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