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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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Ihr Leben einfacher!«, »Hier sparen Sie das Doppelte!«, »Denken Sie an Ihre Zukunft!«, »Denken Sie an Ihre Kinder!« Und zuletzt, sollte alles nicht greifen, spricht sie die absolute killer phrase aus: »Der Nachbar hat es auch, wollen Sie etwa nachstehen?« Das ist so aberwitzig blöd und klischeehaft, dass ich Erin mehrmals auffordere, die Wahrheit zu sagen. Und sie grinst nur und bestätigt unaufgeregt: Der Satz gibt den meisten den Rest, jetzt knicken sie ein und die Verführerin darf sich an den Küchentisch setzen. Und wenn sie sitzt, fragt sie – wieder scheinheilig – nach dem Führerschein (»klingt weniger bedrohlich als der Personalausweis«) und trägt, ganz nebenbei, ganz neben dem Gespräch, Vornamen, Namen und Adresse des potenziellen Käufers ein. Nun ist die Beute k. o., verfügt über keine Kraft mehr, um Nein zu sagen, tut nur noch, was man ihr aufträgt. Bis zu vierzig Leute schafft die Verführerin die Woche, knapp sechs pro Tag, jeder Zweite unterschreibt.
    Ich schenke der Gerissenen einen Satz von Aristoteles, der eines Morgens den Markt von Athen betrat und erleichtert ausrief: »Noch nie sah ich so viele Dinge, die ich nicht brauche.« Der muss ihr gefallen, er gefällt ihr, sie schließt die Augen und genießt ihn. Wenn eine weiß, was der Grieche vor 2400 Jahren sagen wollte, dann sie.
    Nur zweimal geriet sie in mulmige Situationen. Da sie längst begriffen hat, wie sie auf Männer wirkt, kennt sie auch dafür die nötigen Tricks und Handgriffe. Einmal sitzt sie im Wohnzimmer und schmeckt in der gereichten Cola ein Schlafmittel. Da sie mit dem Limonadenspender allein im Haus ist, trinkt sie tapfer das Glas und entschuldigt sich dann, schiebt vor, draußen im Wagen noch weitere Unterlagen zu holen. Und steigt ein, gibt Gas. Ihr Verdacht war richtig, ein paar Kilometer später muss sie anhalten und ausschlafen.
    Beim zweiten Mal geht ein Lüstling umstandsloser ans Werk, packt sie von hinten, will sich am Küchentisch – das Möbel scheint unvermeidlich – an ihr vergreifen. Das ist eindeutig der falsche Ort, denn Erin erwischt noch die halbvolle Bierflasche und schmettert sie auf den Schädel des schwer Atmenden. Mit Erfolg, der Täter sackt zusammen, das Mädchen rennt im Sturmschritt ins Freie. Da sie auch ein Herz für Barbaren hat, informiert sie en passant den Nachbarn, damit ein Krankenwagen eintrifft und der Unhold nicht verblutet. Dann wieder – Erin liebt das Gefühl – mit Bleifuß davon.
    Das Klinkenputzen ist vorbei, sie hat inzwischen ihre eigene Website, mit Links zu den Immobilien-Haien, den Mobile-Phone-Haien, den Internet-Haien, den TV -Haien, sie alle vertrauen ihr, gewähren ihr Sonderrabatte. Hat sie einen Knüller im Angebot, schaltet sie Anzeigen in der Presse. Die meisten Aufträge akquiriert sie per Telefon. Wie wahr, sie hat drei Stück dabei und elf Mal im Laufe unseres Gesprächs geht eine Rakete los (!), ihr Klingelzeichen. Sie ist heute das Ass, viele wissen inzwischen, dass sie billiger (und schneller) verkauft als die Konkurrenten. Am Ende der kurzen Unterhaltung wird ein Termin vereinbart. Am besten für morgen früh, um vorbeizukommen und die Papiere zu unterschreiben, »to knock him down«.
    Erin ist nicht einsam, sie kennt das Gefühl nicht, ist immer on the road, immer im Hotel. Irgendwo besitzt sie ein Haus, aber das sieht sie nur dreimal im Jahr. Freiheit heißt für sie auch Freiheit vom banalen Leben, vom Gurken-Einkaufen, Kochtöpfe-Scheuern, Bügeln, Stromrechnung-Begleichen. Sie bezahlt lieber andere dafür, kauft Zeit, kauft, so nennt sie es, »quality time«. Und sie winselt nicht, heult keinem die missratene Kindheit vor, empfindet nichts als Verachtung – nonchalant spricht sie das Wort »spite« aus – für die Girlies ihres Alters. Sie pflegt keinen Kontakt zu ihnen, findet sie verwöhnt und ignorant.
    Erin kann man vieles fragen. Sie wiederholt sogar meist die Frage, um sicher zu sein, korrekt verstanden zu haben. Nein, Jungfrau ist sie keine mehr, es gab einen Mann, er war wie sie ein con artist , ein Schwindler, einer, der anderen das Blaue vom Himmel lügt. Um sie zur Herausgabe von Geld zu überreden. Der Sex war o.k., die dabei konsumierten Drogen auch. Aber sie hat begriffen, dass die sinnliche Preisgabe sie »schwach« macht, sie »ausliefert«. Das darf

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