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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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hält the Kid inne, sagt gerührt: »Fred hat mich gerettet, es gibt keinen besseren Kumpel als ihn.« Die Frage nach seinem Glück beantwortet der Dankbare auf originelle Weise: »Oh Mann, glücklich wie ein Hund mit zwei Schwänzen.« Two dicks, sagt er. Damit keine Missverständnisse aufkommen.
    Die Männer hier und ihre Freundschaften, das haben sie mit anderen Gangstern gemeinsam. Sie ist »heilig«, die letzte Instanz, die Messlatte, vor der alles andere nur schrumpfen kann. Auch die Liebe. Sie, the Friendship , ist unberührbar, ihr Verrat ist die Todsünde.
    Schönes Leben, Cracow strahlt und verführt zum Lachen. Während Fred und Kid Guana von fliegenden Fäusten und den hingebungsbereiten Busch-Ladys reden, die nach den Rangeleien Schlange stehen, um von den Siegern erhört zu werden, hält direkt gegenüber dem Hotel ein Lastwagen, auf dem Banana Shire Mobile Library steht. Der Bananen-Bezirk, zu dem die Geisterstadt Cracow amtlich gehört, fährt hier an jedem Donnerstag vor, um – das ist wunderbar schrullig – mit gemütlicher Leseecke, etwa tausend Büchern und Bibliothekarin /Truckfahrerin Alice die ansässigen Schnapsdrosseln, Junkies und langfristig Gestrandeten zur Lektüre zu überreden. Mutig behauptet das hübsche Brillenfräulein, dass jedes Mal drei oder vier Interessenten kämen. Sicher an anderen Donnerstagen, heute kommt keiner.
    Ich will am späten Nachmittag per Anhalter weiter, aber niemand fährt vorbei, der über die Dorfgrenzen hinauswill. Ein Glück, denn ich hätte etwas versäumt, etwas Unvergessliches. Ich gehe zurück, checke ein.
    Frühabends wird das Hotel voll, sagen wir, die Bar füllt sich. Alkohol fließt, Geld fließt, Hochgefühl und Hochbetrieb in allen Ecken. Die Zähesten sitzen zuletzt im Hof ums Feuer. Vierzehn Minenarbeiter, jeder mit einer Bierdose in der Hand, jeder mit zehn dreckigen Witzen, jeder »as happy as you can be«. Fred fragt in die Runde, ob morgen einer nach Bundaberg fährt und, wenn ja, mich mitnehmen könne. Joey sagt sofort zu, er ist immens dick, bereits randvoll und verkündet, dass er eh seine Frau und den einjährigen Sohn »in Bunda« besuchen werde, der 5-Tage-Urlaub stehe an. Ich bin vorlaut und will wissen, ob er denn fit genug sei für den langen Trip. Und Joey, unter dem dröhnenden Gelächter aller: »Ten before ten, it's ok«, sprich, zehn Dosen vor 10 Uhr abends sind in Ordnung. Somit hat der Alkohol genug Zeit, sich in seinem mächtigen Körper zu verlaufen. Denn vor der 10-Uhr-Morgenschicht wird jeder getestet, damit keiner blau und/ oder »loaded«, drogengeladen, in den Schacht steigt.
    Um mich endgültig zu beruhigen, meint einer der Freunde, dass Joey keinen Wagen besitze, sondern eine »killing machine«, und dass er nachweislich auf der Cracow-Bundaberg-Rennstrecke die Tachonadel schon einmal auf 310 getrieben habe. O.k., ziehen wir hundert ab, hundert Kilometer Angeberzulage, dann haben wir noch immer 210 km/h. Sie müssen mein leicht verstörtes Gesicht sehen und dröhnen wieder los. Joey, durchaus mit Sinn für Humor begabt, legt ein letztes Mal nach. Er verspricht, während der Fahrt ein paar Flaschen extra zu konsumieren. Das würde den Raser in ihm beruhigen. Jetzt dröhnt die Erde, vierzehn Fröhlichere hat die Welt noch nicht gesehen. Ich grinse doof und erinnere mich plötzlich an den Satz auf der Visitenkarte des Cracow-Hotels: »It's scary«, furchterregend, schwarz auf weiß steht es da, soll keiner sagen, er sei nicht gewarnt worden.
    Fred und ich machen aus, dass ich in drei Wochen nach Mount Isa komme. Dort findet ein Rodeo statt, wo er das Boxerzelt aufstellen wird. Ich will sehen, nichts glauben, will wissen, ob seine Räuberpistolen wahr sind.
    Sandi hat mir Zimmer Nummer 3 gegeben, plüschig und bequem, ein Heizkissen soll wärmen. Blick vom Balkon auf drei beleuchtete Fenster und den Sternenhimmel. Diskret liegt Australian Ghost Towns , ein schweres Buch, auf dem Nachtkästchen, ich lese das Kapitel über Cracow. Natürlich geht ein Geist um im Hotel. Seit jenem Tag vor vielen Jahren, als ein Wütender seiner (vermutlich) untreuen Frau hinterherballerte. Vom Erdgeschoss durch die Zimmerdecke. Bewiesen ist nichts, da ich aber der einzige Gast im Haus bin, höre ich plötzlich Geräusche, die ich sonst nie gehört hätte. Die

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