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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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verheimlichen, spricht er sich aus.) Dicker Haken, denn er ist nicht nur Zirkusdirektor, sondern auch Kampfrichter, soll sagen, er will Geld verdienen und er muss auf seinen Ruf achten: dass die Fred-Brophy-Truppe (fast) unschlagbar ist! Also türkt Fred bisweilen. Obwohl der Punktsieg dem Fremden zustand – bei einem K. o.-Sieg funktioniert das natürlich nicht –, lässt er den eigenen Mann hochleben. Oft geht das reibungslos, denn wer will schon frech werden gegen eine Phalanx gut gebauter (Ex?)-Krimineller, Ex-Polizisten, Holzfäller und Lastwagenfahrer, die nebenberuflich als Raufbolde unterwegs sind? Doch bisweilen protestiert ein Verlierer und fordert zum Duell heraus. Und das trägt immer Fred aus, der Schwindler. Diese inoffiziellen Nahkämpfe finden hinter dem Zelt statt und immer, nachdem das Volk verschwunden ist. Denn ab und zu muss der Chef in den Staub. Und nachzahlen. Gewinnt er die Hinterhofschlägerei, gilt die Sache als erledigt, der nachträgliche Sieg rechtfertigt das Fehlurteil. Nicht immer, vor einigen Jahren rannte ein Betrogener mit der Schrotflinte hinter ihm her und feuerte auf die Beine des Chefs. Seitdem befinden sich 85 Splitter in seinem rechten Oberschenkel und 17 im linken. Never mind, Fred ist nicht nachtragend. Denn als Belohnung für alle Strapazen wurden und werden sie wie kings gefeiert und »heaps of sheilas«, haufenweise Girls, warten am Zeltausgang auf die Könige, um die »Muskeln und den Schweiß zu riechen«.
    Fred weiß es, alle wissen es. Er hat ein paar Schrauben locker und ein paar sind ganz verschwunden. Als er Sandi kennenlernte und ihr den Hof machte, haute er sich mit einem Hackebeil
     je das letzte Glied vom linken und rechten kleinen Finger. Als Beweis seiner Leidenschaft. Liebesfleisch statt Liebesbrief. Als er mit den zwei blutsprudelnden Stumpen vor sie trat, nannte sie ihn einen »fucking idiot« (fand jedoch die Tat stillschweigend imponierend) und brauste los. Zum nächsten Krankenhaus. Während der Hund, der Menschenfresser, die Delikatessen vom Hackstock räumte.
    Im Laufe der Jahre schmücken noch andere Insignien sein Matadorenleben. Schlangenbisse und Narben, die an giftige Spinnen erinnern, hinterließen Spuren auf Freds malträtiertem Leib. Australien ist immerhin das Land mit dem gefährlichsten Tierreich. Auch ein knuckleduster , ein Schlagring, fuhr über seine Unterzähne. Männer im Outback reden nicht viel, sie handeln. Mit Fäusten. Heute ist Mister Brophy Millionär, der halbe Analphabet hat sein CracowHotel, hat anderswo weitere Immobilien, hat Land und Vieh, hat drei Kinder, hat ausgesorgt. »Are you happy«, frage ich ihn überflüssigerweise. »No, I'm not, I'm more than happy.«
    Fred gehört zum Zirkel der Weisen, das wären jene, die ihre Kinderträume nicht verraten haben, jene, die sich hartnäckig weigern, für immer »mündig« zu werden. Um nicht aufzufallen, treten sie als Jungs auf, die wie Erwachsene aussehen.
    Harte Jungs. Kid Guana kommt vorbei, so nennt er sich als Künstler. Auch er wohnt in Cracow, boxt noch immer für Fred, auch mit 46 Jahren. Auch er hat eine Biografie, die zu dem Haufen passt. Mit zwanzig landet er im Zuchthaus, für 11 Jahre, 8 Monate und 22 Tage. Beim 18. Raubüberfall hatte ihn die Polizei bereits erwartet. Vom get-away-driver informiert, dem zweiten Mann, der draußen auf der Straße mit laufendem Motor wartete. (Der Treuebruch als Kuhhandel, um Strafnachlass für andere Übeltaten zu bekommen.) Der erfolgreichste Beutezug brachte 36 000 Dollar, drei brachten nichts. Was hast du mit all dem Geld gemacht? »Mann, ich hatte Motorräder, Schlitten, Surfbretter und Mädchen, Mädchen, Mädchen.« Ich blicke nach hinten, in der Ecke der Veranda spielt Kid Guanas Frau mit den zwei Kindern. Nun, die ganz wilden Jahre sind vorbei, an ihr erinnert nichts an eine Gangsterbraut.
    Er ist jetzt clean , sagt er, missetatensauber, im Zuchthaus hat er seinen – das verrät Witz – »Master of Psychology and Criminology« gemacht und nach den knapp zwölf Jahren einen Job gesucht. Trotz Studium war er noch immer nicht bereit fürs ordentliche Leben. Er hört von Fred Brophy und stellt sich vor, indem er die Gegner reihenweise umhaut. Die lokalen Radiosender laden ihn ein, damit er über den Äther die »toughest guys in town« herausfordert. Plötzlich

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