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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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Nacht, in der ich Bram Stokers Dracula gelesen habe, kommt mir sogleich in den Sinn. Seltsam lautlos drehe ich mich um und schalte das Licht aus. Keiner soll wissen, dass es mich gibt.
    Mit eisigem Wasser waschen und aufwachen, runter in die Kneipe. Eva, eine Angestellte, bringt das Frühstück. Ich fange zu schreiben an, will den gestrigen Tag nicht vergessen. Als die Sonne wärmt, gehe ich nach draußen, nehme den Kaffee mit und konsumiere diskret zwei von Riks Haschisch-Keksen. Ich warte zehn Minuten, sie wirken nicht (ich mag lieber harte Drogen, sie brauchen keine Inkubationszeit), schlucke den dritten, gehe zurück, schreibe weiter. Zufällig schaue ich auf die im Computer installierte Uhr, 10:33, als die Welle durch den Körper schwappt, die Druckwelle, die Droge, die endlich und ohne Ankündigung in den Kopf platzt. Sofort jenes erhebende Gefühl, das die Franzosen mit dem eigentümlichen Worten état second beschreiben, zweiter Zustand. Wie richtig, der Zustand jenseits der »Normalität«. Ich schreibe umgehend weiter, will wissen, ob ich jetzt produktiver bin, kreativer. Nein, natürlich nicht, Hasch ist ein downer , ein Beruhiger, kein upper wie Kokain. Bin das Gegenteil, bin langsamer, in Windeseile ganz langsam, muss mich anstrengen, die Tasten zu finden, das rechte Wort. Rik schlug vor, sein Geschenk auf neun Tage zu verteilen. Ich habe es in neun Minuten geschafft. Angst holt mich jetzt ein. Ich beschließe, meine Sachen auf dem Tisch zusammenzupacken, bevor mich die Aufgabe überfordert. Obsessiv denke ich an den Mac, hämmere mir ein, dass ich ihn nicht vergessen darf. Er ist mein Lebensunterhalt, mein Leben.
    Als ich aufstehe, gehorchen die Beine nicht. Ich bleibe sitzen und rede mit ihnen, rede auf sie ein. Bis sie Ja sagen und mich samt Rucksack hinaus auf die Veranda tragen. Ich will mich in die Sonne setzen und den Mac festhalten, zwei Tätigkeiten, die ich noch schaffe. Ich finde einen Stuhl mit Polster, fläze mich hinein, bin unheimlich schwer und unbrauchbar. Will nur sitzen und den Rausch spüren. Lege den Kopf auf die Balustrade und sehe mit glasigen Augen auf zwei Pickups, die vorbeifahren und gleichzeitig donnernd wie Panzer durch mein Hirn rauschen. Ein Teil in mir ist seliger Penner, der andere feinhöriger Wahrnehmer. Ein dritter Fahrer steigt aus, nähert sich und fragt, ob er mich mitnehmen soll. Ich brauche ein paar Momente, bis der Sinn der Worte bei mir ankommt. Immerhin wundere ich mich, wie viele wissen, dass ich eine Mitfahrgelegenheit suche. Angestrengt sage ich: »Yes, I need a lift to Bundaberg.« Und der rührige Typ: »Ok, let's go!« Aber go geht nicht, ich merke, dass die Kekse nun jeden Winkel in meinem Körper erreicht haben. So glotze ich auf den Hilfsbereiten, warte, bis ich wieder genug Schwung habe und beichte: »Sorry, I'm stoned, I can't«. Und der Australier antwortet staubtrocken und ohne Anflug von Moral: »See you later«, und fährt davon. Und ich sitze schön blöd und stumm, spüre die wärmende Sonne, schließe die Augen und sehe, wie zwei weitere Panzer von links nach rechts meinen Kopf durchqueren. Dann wieder Stille.
    Joey braust vor, tatsächlich. Ich sage ihm das Gleiche, mit anderen, einfacheren Worten: dass ich jetzt den Arsch nicht hochkriege, dass ich geladen bin, voll geladen. Gleichzeitig fällt mir ein, dass er die letzte Gelegenheit ist, hier wegzukommen, erst in einer Woche findet der nächste Schichtwechsel statt. Und so schaffe ich es auf die Füße, trotz enormer Erdanziehungskräfte, wanke – den großen und kleinen Rucksack im Schlepptau – auf sein Auto zu, einen schwarzen, gemein niedrigen Boliden. Joey steht daneben, ich weiß nicht, was in ihm vorgeht, weiß nur, dass ein Mensch relaxter nicht sein kann. Um 11 Uhr 46 – welch Mühe, die Uhrzeiger zu entziffern – geht es per Kavaliersstart hinaus aus Cracow. Klar, der junge Familienvater muss sich auf der Höhe der gestern verlautbarten Sprüche zeigen. Sei es wie es sei, fest steht, zweieinhalb eindringliche Stunden nehmen ihren Anfang.
    Sobald ich realisiere, dass ich mich neben Joey in seinem Düsenjäger befinde, bilde ich mir ein, vor einer dieser Spielhallen-Maschinen zu sitzen, mit deren Hilfe man ein virtuelles Fahrzeug steuert und blitzschnell auf die Fährnisse reagieren muss, die dreidimensional auftauchen. Joey rast durch die elektronische Welt,

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